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„Es bringt nichts, die Nummer zwei sein zu wollen“

Patrick Groetzki vor der Partie gegen Göppingen im Interview

Patrick Groetzki spielte schon für die deutsche Nationalmannschaft und gilt auf seiner Position als Rechtsaußen als größtes Talent im Land des Weltmeisters von 2007. Doch das alles „schützt“ den 20-Jährigen nicht davor, bei den Rhein-Neckar Löwen weiterhin hart arbeiten zu müssen. „Ich muss immer noch die Bälle schleppen“, sagt Groetzki und muss schmunzeln. An dieser Aufgabenverteilung wird sich in naher Zukunft auch nichts ändern, denn auch in der kommenden Spielzeit wird er das jüngste Mitglied im Löwenrudel sein – und das beinhaltet eben die Rolle des Kofferträgers. Mit der Entwicklung bei den Badenern ist er dennoch zufrieden und steht deshalb kurz vor einer Vertragsverlängerung bei dem Klub, bei dem er den Sprung in die Bundesliga schaffte.

Patrick, Du musst bei den Löwen die Koffer schleppen, ärgert Dich das nicht gewaltig?

Vielleicht sollte ich noch einmal mit Thorsten Storm, unserem Manager, reden. Er muss einfach noch einen jüngeren Spieler verpflichten, damit ich diese Aufgabe abgeben kann. Aber Spaß beiseite: Es macht mir nichts aus, mich darum zu kümmern. Der jüngste Spieler macht das eben so lange, bis ein anderer kommt.

In den zurückliegenden Wochen haben die Löwen trotz der Niederlagen gegen Hamburg und Kiel große Spiele gezeigt. Überall wird davon gesprochen, dass die Mannschaft nie stärker und harmonischer auftrat. Was war der Knackpunkt, dass ihr so stark auftrumpfen konntet?

Wir haben nach der EM-Pause schon gute Leistungen gezeigt, finde ich. Beim Final Four in Hamburg konnten wir uns schließlich noch mal steigern. Das Halbfinale gegen Gummersbach war vielleicht der Knackpunkt, weil wir dem VfL gar keine Chance gelassen haben.

Woran lag es, dass ihr ausgerechnet in der Color-Line-Arena so stark gespielt habt?

Auf der einen Seite ist die Konzentration bei so einem Event natürlich viel höher, so dass man vielleicht ein paar Prozentpunkte mehr herausholen kann. Aber ich denke, dass einfach die Zeit gekommen war. Wir haben einfach bis dahin gebraucht, um als Mannschaft auf ein solches Niveau zu kommen. Es war in gewisser Weise ein Zufall, dass es ausgerechnet beim Final Four soweit war. Außerdem waren wir personell besser aufgestellt.

Wie meinst Du das?

Grzegorz Tkaczyk kehrte wieder zurück, was uns mehr Möglichkeiten gegeben hat. Er ist ein anderer Spielertyp als Snorri oder Karol und kann beide deshalb entlasten. Außerdem ist Bjarte nach seiner Verletzung wieder zurückgekehrt, er ist im Augenblick ein ganz wichtiger Spieler für uns.

Umso bitterer, dass es im Endspiel gegen Hamburg nicht gereicht hat, oder?

Das war eine ganz bittere Sache und am liebsten würde ich darüber gar nicht mehr sprechen. Wir hatten einfach nicht das nötige Glück und dazu haben wir ein paar Fehler zu viel gemacht. Insgesamt war unser Auftritt dort aber sehr gut.

Ähnlich wie in der Champions League gegen Kiel, wo es aber trotzdem nicht ganz reichte.

In den Spielen gegen Kiel sind wir zwei Mal an Thierry Omeyer gescheitert, aber wir haben gezeigt, dass der Unterschied zum THW nicht mehr so groß ist wie noch vor einem Jahr, als wir deutlicher verloren haben. Und das gibt mir und uns Hoffnung, dass wir in der kommenden Saison noch näher herankommen können.

Du selbst standest in den Duellen gegen Kiel auch im Mittelpunkt. Wie siehst Du Deine Leistung?

Im Hinspiel habe ich einen schwarzen Tag erwischt. Da habe ich einfach schlecht geworfen und es anschließend analysiert. Im Rückspiel lief es deshalb besser. Leider haben wir es trotzdem nicht geschafft.

Wie beurteilst Du diese Saison aus Deiner persönlichen Sicht?

Ich spiele in der Mannschaft, die auf dem Weg ist, die dritte Kraft zu werden, fast immer über 60 Minuten. Damit muss und kann ich zufrieden sein. Ich bin in der Truppe voll integriert, es macht mir viel Spaß mit den Jungs. Ich stehe sicherlich noch nicht am Ende meiner Entwicklung und möchte mich immer weiter verbessern. Dafür trainiere ich jeden Tag. Und ich bin froh, dass ich mit so guten Spielern gemeinsam arbeiten kann, das bringt mich weiter.

In der kommenden Saison bist Du nicht mehr allein auf der Position des Rechtsaußen. Mit Ivan Čupić kommt ein neuer Mann. Wie siehst Du die Verpflichtung?

Ich freue mich auf ihn und möchte in der neuen Saison ein schlagkräftiges Duo mit ihm bilden. Mit ihm wird unsere Mannschaft noch stärker und das hilft auch mir weiter.

In der Vergangenheit hast Du erklärt, bei der Verpflichtung eines neuen Rechtsaußen überlegen zu müssen, ob Du bei den Löwen bleiben willst. Hat sich an dieser Haltung etwas geändert?

Es geht mir darum, möglichst viel Einsatzzeit zu bekommen, um mich entwickeln zu können. Und natürlich macht man sich Gedanken, wenn ein Mann verpflichtet wird, der 23 Jahre jung ist und seine Karriere auch noch vor sich hat. Allerdings hatte ich gute Gespräche mit Ola Lindgren und Thorsten Storm, die mir versichert haben, dass ich weiterhin eine wichtige Rolle spielen soll.

Ist eine ähnliche Rollenverteilung angedacht, wie sie über weite Strecken der Saison auf Linkaußen praktiziert wurde?

Ja, ich denke, dass die Planungen in diese Richtung gehen. Es soll so laufen wie auf der anderen Seite. Zudem tut es mir sicher gut, einen Konkurrenten auf der Position zu bekommen. Es ist etwas anderes, wenn man im Training jeden Tag um seine Position kämpfen muss.

Orientierst Du Dich an den Löwen-Kollegen auf Linksaußen?

Ja, natürlich. Von „Goggi“ und Uwe kann ich sehr viel lernen. Bei „Goggi“ imponieren mir seine Kampfkraft und die Schnelligkeit, mit der er spielt. Das ist Wahnsinn. Der Gummiarm von Uwe wurde ja schon ausreichend beschrieben. Seine Wurftechnik und seine Varianten sind beeindruckend. Für mich ist es gut, dass ich mir da immer etwas abschauen kann.

Was hältst Du von den anderen Neuzugängen neben Čupić?

Ich bin davon überzeugt, dass wir sehr gute Leute dazu bekommen werden. Ich freue mich darauf, dass die Truppe noch stärker wird. Schließlich haben wir große Ziele. Róbert Gunnarsson und Børge Lund kenne ich aus der Bundesliga, das sind tolle Spieler. Andy Schmid habe ich ja vor ein paar Wochen mit der Nationalmannschaft gesehen, als wir gegen die Schweiz antraten. Da hat er schon einen guten Eindruck hinterlassen.

Stichwort Nationalmannschaft: Wie siehst Du Deine Situation dort?

Ich muss im Verein meine Leistung bringen, dann kommt das von ganz alleine. Ich denke, dass Christian Sprenger vom THW Kiel im Moment noch etwas vor mir ist. Mal abwarten, ob ich im Juni nominiert werde, wenn die WM-Qualifikationsspiele gegen Griechenland auf dem Programm stehen. Stefan Schröder vom HSV Hamburg ist ja auch wieder fit.

Also ist das Ziel, sich als Nummer zwei im Nationalteam zu etablieren?

Ich glaube, es ist der falsche Ansatz, die Nummer zwei werden zu wollen. Mein Ziel ist es, die Nummer eins auf meiner Position zu werden. Man muss sehen, wohin das kurzfristig führt.

Bis wann willst Du Dich durchgesetzt haben?

Natürlich ist es ein Traum von mir, bei Olympischen Spielen auf der Platte zu stehen. Die nächste Gelegenheit dazu gibt es 2012 in London. Bisher bin ich in der Nationalmannschaft noch nicht so fest verankert wie Uwe Gensheimer zum Beispiel, das muss ich noch schaffen.

In der Liga geht es nach dem Schlagerspiel in Flensburg jetzt gegen Göppingen weiter. Die Aufgaben werden nicht leichter …

Das Spiel wird genauso schwer, Göppingen ist das Überraschungsteam der Liga. Unser Vorteil ist, dass wir zuhause spielen und die Fans uns hoffentlich unterstützen werden. Ich habe außerdem ein gutes Gefühl, weil wir in dieser Saison schon zwei Mal bei Frisch Auf gewonnen haben. In der Liga und im Pokal. Außerdem ist Göppingen nicht mehr ganz so gut drauf wie in der ersten Phase der Saison. Zuletzt haben sie ihre Spiele nur noch ganz knapp gewonnen.

Wie lautet Deine Prognose?

Wenn wir eine gute Leistung zeigen, werden wir gegen Göppingen gewinnen. Wir dürfen uns keinen Ausrutscher mehr leisten, der vierte Platz muss jetzt das Ziel sein.

Ist ein Sieg über Göppingen die halbe Miete?

Auch danach warten noch schwere Aufgaben auf uns, aber ich denke schon, dass Göppingen die härteste Nuss sein wird. Wir dürfen uns aber keine Konzentrationsschwächen mehr leisten, das könnte tödlich sein.

Anschließend warten Magdeburg und die Berliner Füchse …

Auch da zählen nur Siege. In Magdeburg hängen die Trauben in dieser Saison nicht so hoch, glaube ich. Aber wir dürfen uns da nicht überraschen lassen. Genau das gleiche gilt auch gegen Berlin. Wir haben jetzt in dieser Saison noch fünf Spiele und da wollen wir fünf Mal als Gewinner vom Feld gehen.

Dein Vertrag läuft im Juni 2011 aus. Stehen die Zeichen trotz des neuen Konkurrenten auf Rechtsaußen auf Verlängerung?

Im Augenblick stehen wir in Gesprächen. Thorsten Storm hat ja bereits gesagt, dass er mit einigen Akteuren der aktuellen Mannschaft verlängern möchte, dazu gehöre auch ich. Ich denke, es passt hier ganz gut und deshalb gehe ich davon aus, dass ich weiterhin ein Löwe bleibe.

Wie wichtig ist es für Dich als gebürtiger Pforzheimer, der in Karlsruhe lebt, bei einem Klub der Region zu spielen?

Es ist für mich immer noch etwas Besonderes, weil meine Eltern fast bei allen Heimspielen dabei sein können. Sie haben mich früher immer unterstützt und mir geholfen und können jetzt an meiner Entwicklung teilhaben. Das freut mich sehr und ist auch ein Grund, warum ich hier bleiben möchte.