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Debütanten-Ball

Für die Rhein-Neckar Löwen ging es um nichts mehr. Trotzdem zeigte der Handball-Bundesligist gestern in der Champions League noch einmal Charakter und besiegte Bosna Sarajevo mit 30:24 (13:11).

T-Shirt statt Trikot, Jeans statt Jogginghose: Uwe Gensheimer machte es sich gestern in der Karlsruher Europahalle gemütlich. Während die Kollegen auf der Platte schwitzten, schaute er sich das Geschehen von außen an. Trainer Ola Lindgren hatte dem zuletzt überragenden Linksaußen der Rhein-Neckar Löwen eine Pause im bedeutungslosen letzten Vorrundenspiel der Champions League gegen Bosna Sarajevo, das der Handball-Bundesligist vor 3214 Zuschauern mit 30:24 (13:11) gewann, verordnet. Der Mannheimer sollte seine Kräfte schonen, schließlich sind die Gelbhemden seit der Verletzung von Gudjon Valur Sigurdsson mehr als jemals zuvor auf den deutschen Nationalspieler angewiesen. Die etablierten Stammkräfte Patrick Groetzki, Oliver Roggisch, Karol Bielecki, Andrej Klimovets und Ólafur Stefánsson saßen zwar auf der Bank, wurden aber nicht eingesetzt.

Für Gensheimer rückte Niklas Ruß, der dank eines Doppelspielrechts normalerweise für den Zweitligisten TSG Friesenheim aufläuft, in die Mannschaft und feierte seine Saisonpremiere bei den Löwen. „Mit den drei Toren in der ersten Halbzeit bin ich zufrieden. Leider hatte ich nach dem Seitenwechsel zwei Mal Pech“, sagte der Youngster, der bereits in der vergangenen Saison bei der Partie im polnischen Plock Luft in der Königsklasse schnuppern durfte. „Ich bin 19 Jahre alt und habe jetzt schon wieder in der Champions League spielen dürfen. Das können nur wenige junge Spieler von sich behaupten. Das ist einfach eine Riesensache für mich.“ Lange darüber nachdenken kann Ruß aber nicht, denn heute wird er bereits wieder mit der TSG Friesenheim in Aue gefordert. „Das wird ein schweres Spiel“, weiß der Linksaußen, „aber wir müssen gewinnen, denn wir wollen unbedingt aufsteigen.“

Sein Debüt bei den Profis feierte Regionalliga-Torwart Maximilian Bender, der für den angeschlagenen Slawomir Szmal im Aufgebot stand und sieben Minuten vor Abpfiff zwischen die Pfosten rückte. „Ich habe mich riesig darüber gefreut, dass ich endlich einmal mit der Mannschaft spielen und nicht nur trainieren durfte“, strahlte der Torwart über das ganze Gesicht. Der Auftritt der Youngster Ruß und Bender stand allerdings im Schatten der Rückkehr eines Mannes, der nach monatelanger Verletzungspause endlich wieder mitwirken durfte: Grzegorz Tkaczyk. „Ich bin glücklich, endlich wieder spielen zu dürfen“, sagte der Pole.

Der Regisseur durfte von Beginn an ran, tat sich aber wie seine Kollegen zunächst schwer gegen die Bosnier. Tempo, Abstimmung, Genauigkeit und Spielfluss stimmten nicht. Kein Wunder: In dieser Konstellation werden die Löwen wohl nie mehr zusammenspielen. Sarajevo führte früh 3:1 (5.) und nutzte die Orientierungsphase der Badener, die aber mit zunehmender Spieldauer immer besser in Schwung kamen und einen ungefährdeten Sieg einfuhren. „Eine glanzvolle Leistung war das trotzdem nicht“, meinte Lindgren. Doch das war angesichts der Bedeutung der Partie nicht so schlimm wie die Verletzung, die sich der weißrussische Schiedsrichter Siarhei Repkin zuzog: Er erlitt in der zwölften Minute einen Achillessehnenriss und musste behandelt werden. Der Unparteiische konnte die Partie aber bis zum Schlusspfiff leiten. Erfolgreichster Torschütze der Löwen war Kreisläufer Bjarte Myrhol, der nach seiner Nackenverletzung zum ersten Mal in diesem Jahr auf der Platte stand.

„Ich bin zufrieden, denn es ist alles so gekommen, wie ich es mir vorgestellt habe“, meinte ein glücklicher Trainer Lindgren: „Wir wollten gewinnen, einige Jungs schonen und Tkaczyk und Myrhol sollten Spielpraxis sammeln.“

Löwen: Fritz, Bender (ab 53. Minute) – Ruß (3), Myrhol (6), Bruhn (3) – Harbok (5), Tkaczyk (2), Müller (4) – Manojlovic (1), Prieto (4), Gudjonsson (2/2), Stefánsson (n.e.), Klimovets (n.e.), Groetzki (n.e.), Bielecki (n.e.), Roggisch (n.e.).

Von Marc Stevermüer

 07.03.2010