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„Den Sack nicht zugemacht“
Heidelberg. Die Handball-WM in Schweden zeigt derzeit eines ganz deutlich: Deutschland und die absolute Weltspitze, das war einmal. Die Brand-Sieben, der Weltmeister von 2007, geht am Stock, hechelt nur hinterher. Rhein-Neckar Löwe Henning Fritz, der 2007 als Torhüter maßgeblichen Anteil am deutschen WM-Triumph hatte, zieht im RNZ-Interview eine Zwischenbilanz.
> Henning Fritz, wie beurteilen Sie das WM-Abschneiden der deutschen Mannschaft bislang?
Ich glaube, jedem, der diese Auslosung gesehen hat, war klar, dass es in dieser Gruppe richtig schwer werden würde. Deshalb sind die bisherigen Ergebnisse auch nur bedingt überraschend. Wobei gerade die Niederlage gegen Spanien ärgerlich war. Da hatte man eine klare Chance auf den Sieg.
> Apropos Spanien-Spiel, war diese Partie vielleicht so etwas wie ein Knackpunkt, der sich dann auch negativ auf das Duell gegen Frankreich ausgewirkt hat?
Nein. Solche Spiele beginnen immer wieder bei Null. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Fakt ist nur: Hätte man Spanien geschlagen, hätte man sehr gute Chancen auf das Erreichen des Halbfinals gehabt.
> Gegen Frankreich wirkte die DHB-Auswahl verunsichert, teilweise sogar disziplinlos…
Das sagt sich als Außenstehender immer relativ leicht. Aber man muss einfach auch sehen, dass einige unserer Spieler nicht hundertprozentig fit sind und dem Bundestrainer zudem auch die Alternativen fehlen. Momentan reicht es einfach nicht, um Frankreich in Bedrängnis zu bringen. Das müssen wir jetzt akzeptieren. Die Franzosen sind vor allem körperlich stärker. Folglich ist es nicht das Frankreich-Spiel, über das man sich Gedanken machen muss, sondern eher das Spiel gegen die Spanier. Da wurde es leider versäumt, den Sack zuzumachen. Das war sehr schade – man hätte das Ergebnis nämlich eigentlich über die Runden bringen können.
> Spielmacher Mimi Kraus, der zuletzt mehrfach nicht in der Start-Sieben stand, und Kapitän Pascal Hens kritisierten Bundestrainer Heiner Brand vor dem Frankreich-Spiel öffentlich. Es ist noch gar nicht so lange her, da war so etwas undenkbar…
Man muss sehen, dass es bei uns vielleicht nicht diese klare Start-Formation gibt, wie sie andere Nationen haben. Doch Heiner Brand wird wissen, was er macht. Schließlich kennt er die jeweilige Form des Einzelnen ganz genau, beobachtet sie täglich. Trotzdem ist es für einen Spieler natürlich immer gut, wenn er weiß, dass er die Nummer eins auf seiner Position ist. Demnach kann ich die Argumentation von Kraus schon ein Stück weit nachvollziehen. Und dennoch ist es derzeit noch nicht angebracht, ein abschließendes Fazit zu ziehen: Die WM ist noch lang. Und wir haben nach wie vor die Möglichkeit, uns würdig zu verabschieden.
> Woran liegt es, dass der deutsche Handball aktuell nicht besser ist? In der Jugend werden eigentlich Jahr für Jahr die großen Titel gewonnen…
Das ist ein sehr komplexes Thema, das scher auch mit den Bundesliga-Trainern, die in der stärksten Liga der Welt arbeiten, zusammenhängt. Für sie steht eines klar im Vordergrund: Der Erfolg. Und dem wird alles untergeordnet. Sie setzen deshalb eben oft auf gestandene Spieler, denen sie vertrauen können. Ein Experiment mit jungen Spielern kann da schnell nach hinten losgehen. Bei den schwächeren Klubs ist das etwas anders. Sie sind aus finanziellen Gründen oftmals dazu gezwungen, Talente einzubauen. Klar ist jedoch, dass auch die Vereine von der Nationalmannschaft profitieren. Denn das überregionale Interesse am Handball hängt stark mit der DHB_Auswahl zusammen, was sich gerade wieder in Schweden zeigt.
> Wie geht es eigentlich bei Ihnen weiter, werden Sie noch ein Jahr bei den Löwen dran hängen?
Ich bin momentan in Gesprächen mit unserem Manager Thorsten Storm. Natürlich würde ich gerne noch bleiben – und so wird es wohl auch kommen.
Von Daniel Hund
21.01.2011