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Der Fixpunkt

Rafael Baena kehrt zu den Löwen zurück und hilft spontan gegen die Personalnot am Kreis

Macht am Kreis Betrieb: Löwe Rafael Baena.

Wie schnell es im Profisport gehen kann, hat Rafael Baena gerade wieder erfahren. Am Samstag, den 26. September, setzte er sich in Spanien in ein Flugzeug, landete wenig später in Frankfurt und fuhr weiter Richtung Mannheim. Drei Tage danach, am Dienstag, 29. September, streifte er das rote Europapokal-Trikot der Rhein-Neckar Löwen über, um in der SAP Arena aufzulaufen. „Es ist schön, wieder hier zu sein“, sagt der Rückkehrer.  

Die Freude war ihm anzumerken. Im Rückspiel der Euro League-Quali warf sich der Kreisläufer voller Eifer in den Kampf mit den Abwehrrecken von TTH Holstebro. Das Ergebnis: eine Leistung im Dienste der Mannschaft – und ein Tor als Welcome Back-Geschenk. Ein paar Tage später beim Bundesliga-Auftakt gegen den TVB Stuttgart versenkte Rafa vier von vier Würfen, erarbeitete seinem Team je zwei Siebenmeter und Zeitstrafen. Es sah aus wie zu besten Löwen-Zeiten.

„Ich habe ein gutes Gefühl mit meinen Nebenleuten, speziell mit Andy auf der Mitte stimmt der Kontakt“, sagt Rafael Baena, der sich für die Löwen bis Ende des Jahres losgeeist hat von seinem Engagement bei BM Dolmenes in seiner spanischen Heimat. „Für mich persönlich war das keine Frage. Als Oli Roggisch angerufen hat, war in drei, vier Tagen alles geklärt.“ Durch die längerfristigen Ausfälle von Jannik Kohlbacher und Jesper Nielsen hatten die Löwen akuten Bedarf auf der Kreisläufer-Position. Da sagt ein alter Löwe nicht nein.  

Weit mehr als ein Helfer in der Not

Rafael Baena beschäftigt Dominik Weiß.

Von 2015 bis 2018 hatte der Andalusier bereits sehr erfolgreich für die Löwen gespielt. Auch damals hatte er in der Not geholfen. Hendrik Pekeler, gerade als Nachfolger von Löwen-Legende Bjarte Myrhol verpflichtet, verletzte sich schwer. Baena, auch damals in seiner spanischen Heimat aktiv, packte zum ersten Mal seine Sachen, um nach Mannheim und in den Rhein-Neckar-Kreis zu kommen. Nach einem starken ersten Jahr verlängerte er um zwei Spielzeiten, wurde zum Sympathieträger und mit seiner Familie heimisch in der Region. 2018 ging es dann weiter zum Bergischen HC, in diesem Sommer zurück nach Andalusien – bis der Anruf von Oli Roggisch, dem Sportlichen Leiter der Löwen, kam.

Mit Rafael Baena habe man den bestmöglichen Mann für die Stellvertreter-Aufgabe gefunden, sagt nicht nur der Anrufer. Wen man auch fragt, vom Trainer bis zu Spielmacher Andy Schmid: Sie alle sind begeistert von diesem Transfer. Rafa kenne das Spielsystem, den Klub, das Umfeld. Das blinde Verständnis auf dem Feld, gesehen gegen Stuttgart, bestätigt das. Und irgendwie fühlt sich der mittlerweile 37-Jährige an die damalige Zeit erinnert. „Die Mannschaft ähnelt schon der von damals, nur sind die Jungs, die noch da sind, ein bisschen älter geworden“, sagt Rafa mit einem Schmunzeln. „Und wie damals spielen wir Andy-Schmid-Tempo.“

Nicht nur die so essentielle Verbindung zu seinem Anspieler ist geblieben. Auch die neuen Jungs auf den Halbpositionen verfügen laut Rafa über immense Qualitäten, machen ihm großen Spaß. „Dazu ist die Stimmung richtig klasse, alle sind gut drauf. Jeder weiß, worauf es ankommt.“ Die neue Flexibilität in der Abwehr sei ebenfalls bemerkenswert. Das Gesamtpaket gibt dem Familienvater in gutes Gefühl für die kommenden Wochen und Monate, ohne dass er sich und seinen Kameraden zu viel Druck machen möchte. „Da sind viele gute Leute dabei, die aber auch noch jung sind und Zeit brauchen.“

Mann für schöne Anspiele und dreckige Siege

Rafael Baena in seinem Comeback-Spiel gegen Holstebro.

Ihnen diese Zeit zu geben, indem sie sich an einigen Fixpunkten mit mehr Erfahrung festhalten können, dies ist eine Aufgabe von Rafael Baena. Dass es dabei immer wieder Hindernisse zu überwinden gilt, das spürten der Spanier und seine Kollegen am Dienstagabend in Ludwigshafen. Gegen die harte Eulen-Abwehr kassierte Andy Schmid einen Schlag auf den Mund und zwei Wackelzähne. Auch der Rest der Löwen-Truppe bekam eine große Portion der rauen pfälzischen Gangart verabreicht. Am Ende standen ein 26:24-Kampfsieg und die Erkenntnis: Diese Löwen können auch dreckig gewinnen.

Dass Rafael Baena genauso für solche Erfolge wie auch für die ganz feinen Anspiele zu haben ist, macht ihn für die Rhein-Neckar Löwen so wertvoll. Er liefert offensiv das komplette Kreisläufer-Paket, stellt sensationelle Sperren, ist mit Ball in der Hand kaum zu stoppen. Und hat immer ein Auge für den Mitspieler. Rafael Baena macht sich darüber hinaus auch viele Gedanken, ist ein vielseitig interessierter und reflektierter Mensch. Getrennt von der geliebten Familie in einem Appartement in Mannheim untergebracht, das könne er diesen überschaubaren Zeitraum hindurch verkraften. Aber auch nicht viel länger: „Die Kinder sind jetzt in einem Alter, in dem sie Papa sehr vermissen.“

Mit Blick auf das, was ein erfolgreiches Löwen-Team auszeichnen müsse, braucht er Rafael Baena nicht viele Worte: „Die große Stärke damals unter Niko Jacobsen war die Einstellung und dass wir nach Niederlagen schnell wieder aufgestanden sind. Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Und das, glaube ich, bekommen wir auch jetzt wieder hin.“