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Der HSV und der 14. Dezember (RNZ)
Hamburg/Heidelberg. Eine mit rund 13.000 Zuschauern besetzte Arena in Hamburg, eine stimmgewaltige, in vier Fan-Lagerunterteilte Kulisse und drei bis vier hochkarätige Spiele an einem Wochenende – das ist das „Wembley des Handballs“, das Final Four. Von 2006 bis 2010 stets dabei: der Lokalmatador HSV Hamburg, der zwei Mal in fünf Jahren nach dem Endspiel den DHB-Pokal in Empfang nahm. In diesem Frühjahr fehlten die Ballwerfer von der Elbe. „Das hatte sehr weh getan“, verrät Nationalspieler Pascal Hens. „Diesmal wollen wir in unserer eigenen Halle unbedingt wieder dabei sein.“
Doch Duplizität der Ereignisse: Exakt vor einem Jahr, am 14. Dezember 2010, verloren die Hanseaten bei den Füchsen Berlin mit 27:31 und scheiterten im Achtelfinale des DHB-Pokals. Nun wartet in der gleichen Runde und am gleichen Tag wieder ein schweres Los: der Auftritt bei den Rhein-Neckar Löwen, wo der HSV schon Anfang dieser Serie mit einem 29:33 beide Bundesliga-Punkte in den Sand setzte. „Das wird keine Revanche, das ist ein ganz anderer Wettbewerb“, stellt Pascal Hens klar.
Und auch der Vergleich zum Vorjahr hinkt ein wenig. Die Rahmenbedingungen haben sich gewandelt: In der letzten Vorweihnachtszeit waren die Hamburger das Nonplusultra in der Bundesliga, legten den Grundstein für ihre erste Meisterschaft. Nun ist die Titelverteidigung bei einem Rückstand von acht Minuspunkten auf Tabellenführer THW Kiel bestenfalls ein blasser Traum. Die letzten beiden Spielen endeten mit einer Niederlage. Gerade das 31:32 vor Wochenfrist in Lübbecke schlug aufs Gemüt. „Es ist derzeit nicht einfach, aber wir sind eng zusammengerückt“, meint Rückraum- Ass Blazenko Lackovic. „Und wenn wir gegen die Löwen gewinnen, wird es uns schon wieder viel besser gehen.“
Mut ziehen die Hamburger, die in Mannheim auf Oscar Carlén (Kreuzbandriss) und wahrscheinlich auch auf Michael Kraus (Muskelfaserriss) verzichten müssen, aus dem 25:30 am Sonntag beim THW Kiel. Bis zehn Minuten vor Schluss konnten sie die Angelegenheit gegen die aktuelle Ausnahmemannschaft offen gestalten. „Wir haben einen großen Schritt nach vorne gemacht“, meint Coach Per Carlén. „Es sieht gut aus für Mittwoch.“ Eine dritte Pleite binnen acht Tagen und das „Aus“ im zweiten nationalen Wettbewerb wäre alles andere als gut für das hanseatische Nervenkostüm. Linksaußen Matthias Flohr: „Das Spiel in Mannheim müssen wir gewinnen. Ende der Durchsage!“
Das Zeug dazu haben sie. Ein Blick auf den Kader reicht, um das zuerkennen. An der Elbe tummeln sich etliche Ausnahme- Könner. Löwen-Manager Thorsten Storm hebt vor allem drei Männer hervor: Die Rückraum-Granaten Marcin Lijewski und Blazenko Lackovic sowie den Kreis-Riesen Igor Vori. Storm: „Diese drei Spieler sind nur ganz schwer auszuschalten.“ Undweiter: „Bei uns muss jeder Spieler einen Sahnetag erwischen, wenn wir diesen HSV knacken wollen.“
Aber wer soll ihn überhaupt knacken? Denn rings um das Löwengehege reißen die Hiobsbotschaften nicht ab. Mittlerweile hat es nämlich das nächste Rudelmitglied erwischt: Krzysztof Lijewski, der Ex-Hamburger, liegt mit einem grippalen Infekt flach. Ob sich das heute im Laufe des Tages noch ändert, ist fraglich. Andernfalls muss eben Michael Müller auf Halbrechts richten. Dass er das kann, hat er bereits bewiesen. Auch gegen Kiel. Definitiv fehlen wird Zarko Sesum. Fragezeichen stehen zudem hinter Andy Schmid, Bjarte Myrhol und insbesondere hinter Börge Lund.
Von Jan Kirschner und Daniel Hund