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Der Kampf um Hamburg geht in die Verlängerung
Löwen empfangen Melsungen zum Wiederholungsspiel im DHB Pokal
In der Regel werden Handball-Spiele auf dem Parkett entschieden, und am Ende gewinnt die Mannschaft, die mehr Tore geworfen hat. So weit, so gut. Dass es aber auch ganz anders ausgehen und ein vermeintlicher Sieg am Ende wieder aberkannt werden kann, mussten die Rhein-Neckar Löwen in der aktuellen Saison am eigenen Leib erfahren. So hieß es im Pokal-Viertelfinale gegen die MT Melsungen am 16. Dezember nach einer hart umkämpften Partie zwar 22:21 für die Badener, nachdem Uwe Gensheimer seine Löwen vom Siebenmeterpunkt mit der letzten Aktion zur vermeintlich neunten Teilnahme am Final-Four-Turnier in Hamburg geworfen hatte. Doch der anschließende Jubel in Gelb war wegen einer von den Schiedsrichtern falsch angewandten Regel ein typischer Fall von „zu früh gefreut“. Morgen treten beide Teams deshalb zum Wiederholungsspiel an, das nach einem Sportgerichts-Urteil vom 19. Dezember angesetzt werden musste.
Inzwischen hat sich die Aufregung schon lange gelegt, doch das Durcheinander beim ersten Aufeinandertreffen beider Teams kurz vor Weihnachten hatte es in sich. Die entscheidende Szene ereignete sich fünf Sekunden vor dem Ende der Partie: Nach einer Parade von Mikael Appelgren hatte Melsungens Timm Schneider versucht, den Ball aus dem Kreis zu angeln, wurde aber zurückgepfiffen und nahm in der Folge den Ball im Zurücklaufen noch ein paar Schritte mit. Für die beiden Schiedsrichter Christoph Immel und Ronald Klein war die Lage klar: Schneider verhinderte auf diese Weise einen Konter der Löwen und einen eventuellen Siegtreffer. Für diese grobe Unsportlichkeit in den letzten 30 Sekunden einer Partie konnte es laut Regelwerk nur die Rote Karte geben, und zusätzlich entschieden die Referees auf Siebenmeter für die Badener, wie es ein seit dieser Saison für die 1. und 2. Liga vorgesehener Regel-Testlauf der Internationalen Handball-Föderation (IHF) vorsieht. Der Haken war allerdings, dass diese verschärfte Regel – bislang gab es nur Rot in Verbindung mit einem Freiwurf – im Pokal keine Gültigkeit hat. Da im Pokal auch Teams aus dem unterklassigen Bereich teilnehmen, sollen diese sich nicht auf die Regel der Profis umstellen müssen.
Melsungen legte deshalb unmittelbar nach dem Abpfiff Einspruch ein und schon am Tag darauf zeichnete sich ab, dass die folgende Verhandlung vor der 2. Kammer des Sportgerichts des Deutschen Handball-Bundes (DHB) aufgrund der Faktenlage nicht lange dauern würde. Sowohl die Schiedsrichter wie auch Thorsten Zacharias, der die Spielaufsicht hatte, räumten den Fehler in der Verhandlung ein. Es handelte sich also um einen spielentscheidenden Regelverstoss, Richter Prof. Dr. Martin Gutzeit gab dem Einspruch der MT Melsungen folgerichtig statt.
Angesichts der schwierigen Terminsuche und den Aussichten, sich den starken Nordhessen nochmals stellen zu müssen, hielt sich die Begeisterung über das Urteil bei den Löwen natürlich in Grenzen, dennoch zeigte der Tabellenführer der Bundesliga Verständnis. „Natürlich wollen wir unbedingt zum Final Four nach Hamburg – aber auf faire Art und Weise. Die Schiedsrichter und der Delegierte haben in der Hektik einen Fehler gemacht – das kann den Offiziellen eben auch mal passieren“, kommentierte Löwen-Geschäftsführer Lars Lamadé das Urteil, im Team hat sich mittlerweile sogar eine „Jetzt-erstrecht“-Haltung entwickelt.
„Wenn die Schiris und das Kampfgericht die eigenen Regeln nicht kennen, ist das alles andere als gut für den Sport“, sagt beispielsweise Löwen-Spielmacher Andy Schmid. „Aber besser wir gewinnen ein Nachholspiel, als uns Vorwürfe machen zu lassen, zu Unrecht in Hamburg dabei zu sein.“ Ähnlich sieht es Team-Manager Oliver Roggisch: „Die zusätzliche Belastung ist für beide Teams ärgerlich, aber wenn wir den Sprung ins Final Four schaffen, dann lieber durch einen fairen Sieg und weil wir es zu hundert Prozent verdient haben“, betrachtet der ehemalige Nationalspieler die Ausgangslage und erwartet deshalb ein top-motiviertes Löwen-Team
Schließlich hat Trainer Nikolaj Jacobsen neben der Meisterschaft auch den Pokal-Sieg als vorrangiges Saisonziel ausgegeben. Mit der Partie am kommenden Mittwoch ist das juristische Tauziehen dann auch endgültig abgeschlossen, Sport-Anwalt Helge Olaf Käding, der die MT Melsungen im Verfahren rund um das erste Pokal-Viertelfinale vertreten hatte, sieht in der umstrittenen Regel allerdings noch weiteren Zündstoff – selbst dann, wenn sie wie vorgesehen nur in der Liga angewendet wird. So ist Käding der Auffassung, dass der Testlauf vom DHB-Bundesrat und nicht vom Präsidium hätte beschlossen werden müssen, und auch mit Blick auf die Bekanntmachung dieser Entscheidung hat der Jurist seine Zweifel: „Beschlüsse, die Regeländerungen zur Folge haben, müssen in den ,Amtlichen Bekanntmachungen’ im DHB-Internet veröffentlicht werden.“ Hier hat der DHB aber inzwischen reagiert und mit Blick auf das Frankfurter Urteil den erforderlichen Beschluss des Bundesrats während der Winterpause nachgeholt und satzungsgemäß bekannt gemacht. „Nicht nur die Vereine, sondern auch die Schiedsrichter haben jetzt Sicherheit“, erklärte Käding gegenüber den Internet-Portal „handball-world“.
Für die Löwen geht es am Mittwoch nach zwei Niederlagen in Folge nicht nur darum die Qualifikation für das REWE Final4 zu schaffen, sondern auch wieder in die Erfolgsspur zurückzukehren. Gleichzeitig ist das Spiel der Auftakt der „hessischen Woche“ für die Badener, die am kommenden Sonntag in Frankfurt in der VELUX EHF Champions League auf KiF Kolding-Kopenhagen treffen, ehe dann am Donnerstag erneut die MT Melsungen in der SAP Arena aufkreuzt, wenn es dann um zwei Bundesligapunkte geht. „Wir haben schon zweimal gegen Melsungen gespielt diese Saison und hatten immer unsere Probleme. Im ersten Pokalspiel lagen wir zur Pause mit vier Toren vorne und hätten uns das spannende Ende gerne erspart. Am Mittwoch aber wollen wir gemeinsam mit unseren Zuschauern den Sprung nach Hamburg schaffen, und ich bin mir sicher, dass wir das auch schaffen werden“, so Europameister Hendrik Pekeler.
Die Löwen rechnen am Mittwoch mit über 8000 Zuschauern in der SAP Arena. Dauerkarten und Endspurttickets haben durch den Ausfall des Bundesligaheimspiels gegen den HSV Hamburg am 17. Mai für das Pokalspiel ausnahmsweise Gültigkeit. Einzeltickets für das Spiel gegen den HSV Hamburg müssen hingegen umgetauscht werden (weitere Informationen).
Tageskarten für Mittwoch können zum Sonderpreis von 20.- EUR im Unterrang sowie 10.- EUR im Oberrang hier online gebucht werden und gibt es zudem noch an der Abendkasse.