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Der nächste Schritt aus der Mini-Krise (MM)

Er hatte Respekt vor dieser Aufgabe. Gudmundur Gudmundsson schaute von der Tribüne aus seiner Mannschaft beim Aufwärmprogramm zu. Der Trainer der Rhein-Neckar Löwen wirkte fokussiert und etwas angespannt. „Das wird hier nicht so leicht, wie viele das glauben“, sagte der Trainer der Rhein-Neckar Löwen vor der Handball-Bundesliga-Begegnung seines Teams beim VfL Gummersbach. Die Eugen-Haas-Halle war ihm in unangenehmer Erinnerung geblieben, das die Champions-League-Teilnahme kostende 28:36-Debakel aus der vergangenen Saison hat er nicht vergessen. Doch diesmal sollte es kein Déjà-vu-Erlebnis geben, die Badener zeigten beim 35:27 (17:14) eine überzeugende Vorstellung.

Gudmundssons Gesicht entspannte sich dann schon vor dem Abpfiff. Von wenigen und kurzen Phasen einmal abgesehen, hatte seine Mannschaft die Partie bei den Oberbergischen jederzeit im Griff. „Jetzt sind wir wieder auf dem richtigen Weg, das Team steigert sich von Spiel zu Spiel. Wir haben unseren Rhythmus gefunden“, meinte Gudmundsson, der schon nach dem Heimsieg zuletzt über Großwallstadt eine andere Wahrnehmung der Löwen-Ergebnisse eingefordert hatte: „Wir dürfen und sollten uns über jeden Sieg freuen, denn wir müssen auch für jeden Erfolg hart arbeiten. Wir spielen in der Bundesliga – und in der kann man nicht davon ausgehen, dass alles immer Pflichtsiege sind.“

„Es lief alles nach Plan“

Torwart Goran Stojanovic überzeugte bei seiner Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte mit 18 Paraden, der Trainer attestierte ihm eine „überragende Leistung“. Mit schnörkellosem Tempo-Handball dominierten die Nordbadener den Kontrahenten zudem. Wenn der Ball schnell gespielt wurde, wenn die Löwen mit Zug zum Tor agierten, wenn sie konsequent den Abschluss suchten – dann konnte der VfL nur noch staunend zuschauen. „Es lief alles nach Plan. Wir wollten in der Abwehr den Ball gewinnen, unsere Angriffe mit Tempo vortragen und eine schnelle Mitte spielen. Das hat alles sehr gut geklappt, meine Mannschaft hat clever gespielt“, freute sich Gudmundsson. Nutznießer dieser Taktik waren allen voran die treffsicheren Außen Uwe Gensheimer (zehn Tore) und Ivan Cupic (sieben Tore).

Ein Sorgenkind bleibt dagegen Karol Bielecki, der gegen den VfL erneut glücklos agierte und sich einige Ballverluste und technische Fehler erlaubte. Der 2,02-Meter-Mann, der eigentlich nur so vor Kraft strotzt, kommt derzeit total verunsichert daher. Wer sich dieses Muskelpaket anschaut und an seine katapultartigen Würfe mit mehr als 100 Stundenkilometern denkt, kann sich nicht vorstellen, dass von einem Spieler mit diesen Gaben nahezu gar keine Torgefahr mehr ausgeht. Keine Frage: Bielecki fehlt das Vertrauen in die eigene Stärke, er übt keinen Druck auf die Abwehr aus und setzt damit seine Kollegen unter Zugzwang. Sehnsüchtig warten alle im Löwen-Lager auf das „Aha-Erlebnis“ des Polen, auf diesen einen Schlüsselmoment, in dem er endlich wieder den Schalter umlegt. Geht es nach Gudmundsson, wird dieser Augenblick bald kommen: „Karol arbeitet unglaublich hart. Ich glaube an ihn. Er wird sich zurückmelden.“ Der Pokalkracher am Mittwoch (20.45 Uhr) gegen den HSV Hamburg wäre sicherlich eine gute Gelegenheit.

Von Marc Stevermüer