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„Der TBV ist eine Wundertüte“
Uwe Gensheimer vor dem Heimspiel gegen Lemgo im Interview
Uwe Gensheimer ist die Integrationsfigur bei den Rhein-Neckar Löwen. Der Mannheimer begann seine Karriere bei den Badenern und verlängerte seinen Vertrag vorzeitig bis Juni 2014. Aber nicht nur außerhalb des Feldes überzeugt Gensheimer, auf dem Parkett gehört das Eigengewächs längst zu den Leistungsträgern und führt die interne Torschützenliste sowohl in der Bundesliga wie auch in der Champions League an. Im Interview vor dem Spiel gegen den TBV Lemgo (Dienstag, 19 Uhr, SAP ARENA) spricht er über seine Ziele, die Entwicklung der Löwen und die Rückkehr von Guðjón Valur Sigurðsson. Verzichten muss Gensheimer gegen den TBV auf seinen Teamkollegen Žarko Šešum, der sich gegen Friesenheim einen knöchernen Kapselausriss am Daumen der rechten Wurfhand zuzog.
Uwe, im November und Dezember standen für die Löwen schon viele wichtige Partien auf dem Programm. Wie fällt Deine Bilanz aus?
Bei der Punktausbeute ist es nicht ganz so gelaufen, wie wir uns das gewünscht haben. Wir haben ins Flensburg und Hamburg jeweils knapp verloren. Die Niederlage in der Champions League in Kiel war kein Beinbruch. Trotz der Niederlagen haben wir als Mannschaft aber aus meiner Sicht einen Schritt nach vorne gemacht und anschließend das wichtige Heimspiel in der Liga gegen Kiel gewonnen. Das war gut für den gesamten Verein, weil jeder gesehen hat, dass wir mit den Großen nicht nur mithalten, sondern sie auch schlagen können. Das gab uns Rückenwind, auch wenn Kiel mit Verletzungssorgen zu kämpfen hatte.
Etwas länger zurück liegen zwei weitere Punkte, die ihr in Magdeburg verloren habt.
Ja, aber nur weil es schon länger her ist, ist das nicht vergessen. Die beiden Minuspunkte tun uns heute noch weh. Das ist sehr ärgerlich, weil wir die Zähler nicht zurückbekommen.
Die Situation in der Tabelle sieht die Löwen auf Platz vier, mit direktem Kontakt zum zweiten Platz, nur der HSV ist ein Stück davor. Sind die Hamburger jetzt der klare Titelfavorit?
Es sieht gut für den HSV aus, aber es ist noch keine Vorentscheidung gefallen. Die Hamburger haben in der Rückrunde noch schwere Auswärtsspiele vor sich, die sie erst einmal gewinnen müssen. Allerdings haben sie bisher in den Spitzenspielen keine Schwächen gezeigt und gegen Kiel und uns in der Schlussphase die Nerven behalten, deshalb stehen sie verdient auf Platz eins.
In Hamburg hattet ihr eine große Chance auf den Sieg, die Konstellation an der Tabellenspitze könnte also noch enger sein, ärgert Dich das?
Natürlich ist das ärgerlich, aber es bringt ja nichts, wenn ich darüber nachdenke. Die Punkte sind weg und niemand kann sie uns zurückbringen. Für uns war in dieser Partie wie auch in den Duellen gegen Kiel wichtig, dass wir gezeigt haben, dass wir auf Augenhöhe sind. Das war für uns als Team entscheidend und ich hoffe, dass wir uns weiter entwickeln.
Stichwort Weiterentwicklung: Wie beurteilst Du Deine eigenen Leistungen in dieser Saison?
Man darf nie zufrieden sein, mit dem, was man erreicht hat. Deshalb bin ich auch nicht zufrieden, wenngleich ich glaube, dass ich meine Leistungen auf einem guten Niveau stabilisiert habe. Ich möchte auch noch mehr Verantwortung übernehmen und der Mannschaft helfen, nach vorne zu kommen.
Bis Anfang Dezember warst Du als Linksaußen Alleinunterhalter, jetzt ist Guðjón Valur Sigurðsson zurückgekehrt. Bist Du froh darüber?
Auf längere Sicht ist es ein Vorteil, denn die Belastung für den Körper war zuvor schon sehr groß. Hinzu kommt die mentale Seite, denn es ist unglaublich schwer, die Konzentration auf dem höchsten Level zu halten, wenn man alle drei Tage über 60 Minuten spielen muss. Es ist schön, dass „Goggi“ wieder dabei ist, seine Rückkehr war abzusehen. Und für die gesamte Mannschaft ist es wichtig, dass der Kapitän wieder an Bord ist.
Zuletzt hast Du Dir die Spielzeit mit ihm wie vor seiner Verletzung aufgeteilt, bleibt das so?
Wir sind jetzt wieder zu zweit und ich gehe davon aus, dass wir uns die Spielanteile weiterhin teilen. Es ist für die Mannschaft gut, wenn du zwei starke Leute auf einer Position hast, die gleichermaßen spielen und sich in der Zeit auf der Platte voll reinhängen können.
Kurz vor und kurz nach Weihnachten stehen zwei Heimspiele an. Was erwartest Du vom TBV Lemgo?
Der TBV ist in dieser Saison so eine Art Wundertüte, man weiß nie, was am Ende herauskommt. Zuletzt haben die Lemgoer Flensburg geschlagen und dabei gezeigt, wozu sie in der Lage sind. In den Wochen davor gab es jedoch unerwartete Punktverluste. Zudem fällt gegen uns Holger Glandorf aus, man muss abwarten, wie der TBV den Ausfall kompensiert. Es wird mit Sicherheit keine einfache Aufgabe für uns und wir müssen konzentriert sein.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag kommt danach der HBW Balingen-Weilstetten zum Landesderby.
Es ist nie einfach, gegen die Balinger zu spielen. Mit Rolf Brack haben sie einen Trainer, der jede Schwäche des Gegners sehr gut analysiert und versucht, dass auszunutzen. Wir müssen in jedem Fall mit Ruhe spielen, weil die Balinger mit ihrer aggressiven Deckung versuchen, ihren Gegenüber zu Ballverlusten zu verleiten. Unter dem Strich muss uns aber ein Sieg gelingen, wenn wir oben dran bleiben wollen.
Diese Vorgabe gilt sicher für alle Partien in diesem Jahr, also auch für den Kehraus in Göppingen am 29.12.?
Ja, wir haben uns vorgenommen, in diesem Jahr kein Spiel mehr zu verlieren. Wenn wir das schaffen, können wir in der Rückrunde noch einmal angreifen.
Wann und wie feierst Du Weihnachten, wenn am 21. und 26. Dezember Spiele anstehen?
Wir haben immerhin am 24.12. frei, aber bereits am 25. geht es mit dem Training weiter. Das ist auch gar nicht anders möglich bei unserem straffen Programm. Schade ist diese Tatsache aber besonders für die Ausländer in unserem Team, die nicht die Möglichkeit haben, in der Heimat mit ihren Familien und Freunden zu feiern. Vielleicht wird dieser Spielplan irgendwann mal geändert, das geht bei unserem großen Bruder Fußball ja auch, oder in anderen Handball-Ligen wie beispielsweise in Spanien. Ich weiß, dass die Spieltage um Weihnachten herum wirtschaftlich wichtig für die Vereine sind, weil viele Zuschauer in die Hallen strömen, aber für die Spieler ist das nicht optimal.
Für die meisten Löwen gibt es nach dem letzten Ligaspiel in Göppingen ebenfalls keine große Pause, denn im Januar steht die WM in Schweden auf dem Programm. Ganz schön anstrengend, oder?
Ja, das ist wirklich anstrengend, denn wir treffen uns bereits am 2. Januar zum WM-Lehrgang. Mir bleiben also um Silvester herum nur zwei Tage zum Durchschnaufen. Aber es nützt nichts, wenn ich mich darüber aufrege, denn es ist ja nicht zu ändern.
Wie siehst Du Deine Chancen auf einen Platz im endgültigen WM-Kader, im vorläufigen sind immerhin vier Linksaußen aufgeboten?
Ich hoffe natürlich, dass ich wieder mitfahre, so wie auch bei der EM im Januar in Österreich. Ich war im vergangenen Jahr bei jedem Lehrgang dabei und habe versucht, meine beste Leistung zu zeigen. Mehr kann ich nicht tun. Ich habe aber ein gutes Gefühl.