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DHB-Team braucht viel Anlauf für quirlige Höllander

Auftaktduell der Deutschen bei EM lange ausgeglichen / Kohlbacher trifft fünfmal / Gensheimer sieht Rot

Christian Prokop kann sich über zwei Punkte zum EM-Auftakt freuen.

Auftakt geglückt, aber nicht ohne Mühe: Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat ihr erstes Spiel bei der EHF EURO 2020 gewonnen. Gegen den Turnierdebütanten Niederlande taten sich die Deutschen lange schwer, entschieden die Partie mit einem 7:0-Lauf zwischen der 45. und 51. Minute und setzten sich am Ende deutlich mit 34:23 (15:13) durch. Am Samstag folgt der erste EM-Kracher, das Duell mit Titelverteidiger Spanien um Löwen-Abwehr-Spezialist Gedeón Guardiola.

Die Löwen-Spieler hatten ihre gänzlich unterschiedlichen Spiel-Geschichten: Jannik Kohlbacher traf fünfmal und wurde von Bundestrainer Christian Prokop genauso wie Kai Häfner als Matchwinner geadelt. Uwe Gensheimer traf zweimal, sah für den Gesichtstreffer bei Siebenmeter gegen den Torwart die Rote Karte (16.). Andreas Wolff mit 13 Paraden war neben Kohli und Häfner bester deutscher Mann – vor allem, weil er dabei überwiegend freie Würfe der lange stark mithaltenden Niederländer entschärfte.

Starker Lauf nach schwachem Start

Die Deutschen erwischen keinen guten Start. Auf das 0:1 durch Kay Smits folgen der zweite Ballverlust und das 0:2 per Gegenstoß. Julius Kühns 1:2 in Minute vier ist das erste deutsche Tor bei der EHF EURO 2020 – und es hat befreiende Wirkung. Paul Drux bedient Uwe Gensheimer mustergültig auf Linksaußen: 2:2 (4.). Der deutsche Lauf findet ein Ende bei Nordhorn-Keeper Bart Ravensbergen, der den ersten Turnier-Siebenmeter von Löwen-Co-Kapitän Gensheimer pariert (6.).

Verunsichern lassen sich die Deutschen von dem Missgeschick nicht. Im Gegenteil. Mit großem Einsatzwillen in Angriff und Abwehr arbeiten sie sich ins Spiel. Ein Schlagwurf von Kai Häfner bringt beim 4:3 die erste Führung des Spiels, die Teamkamerad Kühn auf 5:3 ausbaut (9.). Der Siebenmeter-Treffer von Gensheimer zum 7:4 bedeutet die erste Drei-Tore-Führung und sieht das Spiel auf dem erwarteten Kurs Favoritensieg (12.).

Nachdem die Deutschen noch drei weitere Treffer folgen lassen, sieht es sogar nach einer Vorentscheidung aus. In Minute 15 steht es 10:4 für den Europameister von 2016. Der folgende Bruch im Spiel ist unerklärlich. Alles beginnt mit einem schweren Fauxpas von Gensheimer, dessen dritter Siebenmeter im Gesicht von Ravensbergen landet. Die Schiedsrichter zeigen dem DHB-Kapitän die Rote Karte (16.).

Bruch nach Roter Karte

Uwe Gensheimer sah Rot für seinen Gesichtstreffer.

Der Schock sitzt. Deutschland leistet sich einige technische Fehler im Angriff und bekommt in der Abwehr Kay Smits im rechten Rückraum nicht unter Kontrolle. Holland ist beim 12:11, dem fünften Tor von Smits, auf einen Treffer dran (24.). Zur Pause steht ein 15:13, das die Deutschen vor allem Torwart Andreas Wolff und seinen sieben Paraden zu verdanken haben. Klar ist: Ohne eine Steigerung in Halbzeit zwei wird das eine ganz enge Kiste bis zum Schluss.

Dass dies nicht so kommt, ist vor allem auch das Verdienst von Andi Wolff. Zwei Klasse-Paraden zeigt er direkt nach dem Seitenwechsel, frustriert damit die Niederländer. Die tun sich jetzt in allen Belangen deutlich schwerer, obwohl sie beim 16:15 durch den siebten Smits-Treffer wieder dran sind (34.). Nach der vergebenen Ausgleichschance ist es Timo Kastening, der die Deutschen mit 17:15 in Front bringt. Fabian Böhm legt das 18:15 nach – durchschnaufen beim DHB-Team (37.).

Nach und nach lassen nun die Niederländer nach. Die Kräfte schwinden, vor allem im Rückraum, der bis dahin in der ersten Formation fast durchspielt. Die Deutschen wissen das zu nutzen, weil sie selbst weniger Fehler machen und im Angriff die Chancenverwertung passt. Häfner mit dem vierten Tor im vierten Versuch stellt auf 20:16 (41.), Tobias Reichmann per Siebenmeter auf 21:18 und 22:19 (46.).

Holland bricht ein

In der Schlussviertelstunde brechen die Holländer komplett ein. Sieben Tore erzielen die Deutschen am Stück, ziehen auf 29:19 davon (51.). Die Partie ist entschieden. Deutschland wechselt durch, versucht noch die eine oder andere personelle und taktische Variante. Nach 60 Minuten steht es 34:23 – ein wenig zu hoch, ein wenig schmeichelhaft. Fest steht: Für ihre ehrgeizigen Ziele bei dieser EM müssen die Deutschen noch ein paar Schippen drauflegen.

Deutschland: Wolff (1), Bitter (ab 55.) – Gensheimer (2/1), Wiencek (3), Reichmann (3), Pekeler (1), Weber (1), Häfner (5), Kühn (4), Böhm (2), Kohlbacher (5), Michalczik, Kastening (3), Schmidt (2), Zieker (2), Drux

Bilder: Sascha Klahn