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Die Gier nach dem großen Wurf

Die Rhein-Neckar Löwen und der DHB-Pokal – im Kampf um die prestigeträchtige Trophäe ist der badische Bundesligist mittlerweile Stammgast beim Final-Four-Turnier. Zum fünften Mal in Folge gehören die Löwen an diesem Wochenende zum Vierer-Teilnehmerfeld, das in der Hamburger ColorLine-Arena um den deutschen Handballpokal wetteifert. Doch auch wenn diese Bilanz auf den ersten Blick beeindruckend anmutet, so blieb den Ballwerfern aus Kronau und Östringen in der Hansestadt der große Wurf bislang verwehrt. Beim fünften Anlauf soll dies freilich anders werden – die Schützlinge von Trainer Ola Lindgren peilen den ersten Titel der Clubgeschichte an.

Im Halbfinale bekommen es die Löwen heute (13.15 Uhr/live im DSF) mit dem Ligakonkurrenten VfL Gummersbach zu tun, danach ermitteln der HSV Hamburg und TuS N-Lübbecke den Endspielgegner. „Es wäre für den Verein ein Riesending, wenn wir im fünften Anlauf endlich etwas Greifbares mitnehmen könnten“, sagt Manager Thorsten Storm, der genau weiß, dass die Aussichten in diesem Jahr um ein Vielfaches günstiger sind als bei den vorherigen Versuchen. Schließlich ist der Titelverteidiger nur Zuschauer. Im Viertelfinale war der THW Kiel in Gummersbach gescheitert und fehlt erstmals seit sieben Jahren in Hamburg. „Aber das ist egal, denn beim Final Four gibt es ohnehin keine schwachen Gegner“, betont Andrej Klimovets, der nach Uwe Gensheimer mittlerweile dienstältester Löwen-Profi ist und bei allen Pokal-Auftritten dabei war. „Jede Mannschaft, die sich für Hamburg qualifiziert, ist auch eine richtig gute Mannschaft“, meint der gebürtige Weißrusse, der sich zu gerne als Cupgewinner aus dem Badischen verabschieden würde.

Dem Weltmeister von 2007 war bereits vor dieser Saison mitgeteilt worden, dass sein im Sommer auslaufender Vertrag nicht verlängert würde. Der bald 36-jährige Kreisläufer, dessen sportliche Zukunft noch offen ist, nahm dies klaglos hin und stellte sich in den Dienst der Mannschaft. Nun möchte „Klimo“ auf seiner ganz persönlichen Abschiedstournee mithelfen, dass die Löwen die Heimreise nicht erneut mit leeren Händen antreten müssen: „Jeder von uns wird bis zur allerletzten Sekunde kämpfen und alles dafür geben, dass wir diesen Titel holen.“ Mit der SG Flensburg-Handewitt hat Klimovets den DHB-Pokal drei Mal in Folge (2003, 2004 und 2005) gewonnen und ist damit einer der erfolgreichsten Löwen.

Erfolge stehen auch in der Vita von Trainer Lindgren jede Menge. Mit dem schwedischen Nationalteam wurde er als Spieler mehrmals Welt- und Europameister. Einen Titel in Deutschland hat der 46-Jährige allerdings noch nicht gewonnen. Doch das soll sich möglichst an diesem Wochenende ändern. „Wir wollen da weitermachen, wo wir gegen Gummersbach in der Liga aufgehört haben“, sagt Lindgren, dessen Auswahl vor zehn Tagen das Punktespiel gegen den VfL mit 31:28 gewann: „Aber einfach wird das nicht – und einen Favoriten gibt es in dieser Partie ohnehin nicht.“

Vor einer scheinbar um einiges einfacheren Aufgabe stehen die Hamburger. Der Bundesliga-Spitzenreiter geht als haushoher Favorit in das Duell gegen den TuS N-Lübbecke. „Wir haben den unberechenbarsten Gegner zugelost bekommen“, betont jedoch Trainer Martin Schwalb und warnt seine Mannschaft vor den Ostwestfalen, die sich in ihrer Außenseiterrolle pudelwohl fühlen. „Wir wollen den Favoriten ärgern. Wir sind kein Kanonenfutter“, betont TuS-Spielmacher Arne Niemeyer, der mit seinen Kollegen die Hamburger am 14. Bundesliga-Spieltag beim 24:25 an den Rand einer Niederlage gebracht hatte.

Von Christof Bindschädel