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Die Handball-Welt schaut am Samstag nach Mannheim (RNZ)

Dann empfangen die Rhein-Neckar Löwen den THW Kiel vor ausverkauftem Haus zum Bundesliga-Gipfeltreffen – Zuvor ist kein klarer Favorit auszumachen

Heilbronn. Die Tasche lässig über der linken Schulter hängend, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Uwe Gensheimer war am Mittwochabend, unmittelbar nach dem 37:27-Pokalerfolg in Horkheim, erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Trotzdem gab’s für den König der Löwen kein Entkommen. Vor der Kabine warten sie schon, seine Fans. Hier ein gemeinsamer Schnappschuss mit der Handykamera, da ein Autogramm aufs Löwentrikot. Der Löwen-Kapitän war gefragt wie immer. Jeder kennt ihn, jeder mag ihn. Und natürlich nahm sich der Mann vom linken Flügel auch diesmal Zeit. Doch ganz bei der Sache schein er nicht zu sein. Irgendwie wirkte er abwesend. Nicht körperlich, aber geistig.

Offenbar befand er sich bereits im Tunnel, an dessen Ende der THW Kiel wartet. Und das Licht ist nah. Schon am Samstag um 16.15 Uhr ist Gipfelzeit: Erster gegen Zweiter, Löwen gegen Kiel, Mannschaft der Stunde gegen Titelhamster. Handball-Herz, was willst du mehr? Nichts! Denn die Bude wird rappelvoll sein. Gensheimer grinsend: „Ja, die SAP Arena ist ausverkauft und vor vollen Rängen macht es logischerweise noch mehr Spaß.“

Und auch bei der Handball-Prominenz ist die Vorfreude riesig. Bei Ex-Löwe und Weltmeister Christian Schwarzer zum Beispiel. Der einstige Kreismann frohlockt: „Am Samstag“, sagt er, „am Samstag schaut die ganze Handball-Welt nach Mannheim.“

Was bleibt, ist die Frage: Wer geht eigentlich als Favorit in das Knallerduell? Die einen sagen so, die anderen so. Gensheimer so: „Ich sehe die Chancen gleichmäßig verteilt. Sie liegen bei 50:50.“ Co-Trainer Oliver Roggisch ist da schon etwas optimistischer: „Ich sehe uns schon im Vorteil“, erklärt der lange Blonde: „Der Heimvorteil ist sicher nicht zu verachten.“ Zudem fehlen Kiel ein paar wichtige Spieler. Vor allem die Ausfälle von Spielmacher Aron Palmarsson und Rückraum-Granate Filip Jicha schmerzen. „Das stimmt“, zuckt Roggisch mit den Schultern, „beide werden wohl nicht dabei sein und das ist sicher nicht so leicht zu kompensieren.“

An der nötigen Motivation wird es auf beiden Seiten nicht mangeln. Wobei die Löwen wohl noch einen Tick heißer sein werden. Schließlich war da in der Vorsaison etwas, das tiefe Narben hinterlassen hat. Eine historische Titelhatz, die der THW Kiel letztlich für sich entschieden hat. Gensheimer, der damals bittere Tränen vergoss, hat den Last-Minute-K.o. nicht vergessen. Der Torgarant zur RNZ: „Wenn du dir so lange ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Meisterschaft lieferst, dann spielt das natürlich auch am Samstag noch mit rein.“

Zurück zum Heimvorteil: der kann den Unterschied machen. Das könnte aber noch viel häufiger so sein. Das Problem: Das „Ufo“ füllt sich nur selten, wenn die Gelben am Ball sind. Roggisch bringt es leicht enttäuscht auf den Punkt: „Die Arena sollte auch bei noch einigen anderen Spielen voller sein. Irgendwann müssen die Fans doch mal merken, was diese Mannschaft leistet.“ Widerspruch zwecklos – unglückliche Spielansetzungen hin oder her. Egal, morgen ist nun erstmal Zahltag, der mit einem Sieg gegen die Riesen von der Ostsee vergoldet werden soll.

Von Daniel Hund