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Die Königsklasse im Visier
Mannheim. Es war wie im letzten Jahr. Alle wollten mal, jeder durfte mal. Gestern, zwei Tage vor dem wohl wichtigsten Wochenende der Rhein-Neckar Löwen in dieser Saison, traf sich das Rudel im Mannheimer Sporthaus engelhorn und sports. Die öffentliche Saisoneröffnungs-Pressekonferenz stand an. Es wurde geredet, geflachst und noch mehr gelacht. Kein Zweifel: Die Stimmung ist gut. Etwas angespannt, aber gut. Alle sind heiß, sitzen auf gepackten Koffern. Und haben nur eins im Sinn: Die „MOSiR Hala Legionow” stürmen. Dort, wo es am Samstag und Sonntag beim Champions-League-Qualifikationsturnier um die Wurst geht, um das begehrte, das letzte Ticket für die Königsklasse.
Dumm nur, dass es alle vier wollen: Dunkerque HB, BM Valladolid, Vive Kielce und eben die Löwen. Zu verschenken hat niemand etwas. Aus Freunden werden Feinde. 60 Minuten lang. Vor allem für Karol Bielecki und Krzysztof Lijewski, die nordbadische Polska-Fraktion, ist das so. Sie treffen – falls alles normal läuft – im Finale gegen Kielce ausnahmslos auf Bekannte, Freunde und Kollegen aus der Nationalmannschaft. Doch die Rückraum-Riesen können trennen, unterscheiden zwischen Privatem und Beruflichem. Bielecki formuliert es kurz und schmerzlos. Er sagt: „Wir fahren dort hin, um zwei Spiele zu gewinnen. Das ist es, was wir wollen.“
Und Lijewski? Der tippt auf einen zweitägigen Kraftakt in der Heimat: „Insbesondere in einem möglichen Endspiel gegen Kielce wird es hart. Ein echter Kampf, bei dem auch die Zuschauer Vollgas für Kielce geben werden.“ Sagte es und begann zu grinsen. Es war so ein Grinsen, das man häufig sieht, wenn man es mit Leuten zu tun hat, die von sich überzeugt sind. Und genau so einer ist dieser Lijewski. Groß, schnell, furchteinflössend. Eben einer, den so schnell nichts aus der Spur wirft.
Damit passt er eigentlich perfekt zu Gudmundur Gudmundsson, seinem Trainer. Aber dem merkte man das gestern nicht an. Der Isländer wirkte irgendwie abwesend, grübelte im Stillen vor sich hin. Die Stirn in Falten, der Blick versteinert. Gut möglich, dass er unterbewusst schon zwei Tage weiter war, abgetaucht ins Halbfinal-Duell gegen Dunkerque. Auf der Suche nach der richtigen Taktik, dem Masterplan. Passen würde es. Gerade zu Gudmi, dem Perfektionisten.
Leicht gereizt reagiert er deshalb auch, wenn man ihn bereits aufs Finale in Kielce anspricht. „Ich habe zwei Spiele von Dunkerque gründlich analysiert“, stemmt er die Arme in die Hüfte und fährt schnaubend die Ellenbogen aus, „und mein Fazit fällt eindeutig aus: Dieser Gegner wird uns alles abverlangen.“
Die Mannschaft ist auf dem gleichen Wissensstand. Seit gestern sowieso: Oben im Kronauer Trainingszentrum gab es Anschauungsunterricht. Gudmundsson legte ein Video, quasi ein „Best of Dunkerque, ein und führte Regie. Spulte vor und zurück, hakte auf jedem noch so kleinen Detail herum. Uwe Gensheimer saß in der ersten Reihe. Hinterher war der Friedrichsfelder beeindruckt. Der Kapitän: „Dunkerque hat wirklich ein gutes Team. Andererseits: Bringt jeder einzelne von uns seine Leistung, sollte das Halbfinale machbar sein.“
Starke Worte, eines starken Typen. Und es kommt noch stärker: „Für uns als Spieler muss es einfach der Anspruch sein, in der Champions League zu spielen. Wir wollen gegen die Besten antreten, weil wir eben auch zu den Besten gehören.“ Und was, wenn der Königsklassen-Traum ein Traum bleibt? Gensel, die Tormaschine: „Ehrlich gesagt habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht.“
Selbstbewusstsein pur, das sich am Wochenende in Polen auszahlen soll.
Von Daniel Hund