Veröffentlichung:

Die Rhein-Neckar Löwen mussten sich mit 27:28 geschlagen geben (RNZ)

Champions League: Die Löwen spielten in Kielce mit der zweiten Reihe

Die Uhr läuft runter. Zehn, neun, acht – die Sekunden rattern der Schluss-Sirene entgegen. Ein letzter Wurf muss her. Schnell, sofort: Andy Schmid weiß das. Und der Spielmacher der Rhein-Neckar Löwen traut sich dann auch. Fängt und wirft. Aber er hat die Rechnung ohne Slawomir Szmal, den Ex-Löwen-Keeper, gemacht. Der pariert die Schmid-Fackel und hält somit den 28:27 (12:10)-Sieg für Vive Kielce fest.

Alles in allem war es ein glücklicher Sieg. Denn zumindest ein Remis hätten die Badener im Champions League-Gruppenspiel verdient gehabt. Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen sah es ähnlich. „Genau das habe ich den Jungs in der Kabine eben auch gesagt. Wir hatten uns mindestens einen Punkt verdient“, analysierte er und legte nach: „Ich war mit einigen Schiedsrichter-Entscheidungen nicht einverstanden.“

Die Löwen begannen wie erwartet – völlig anders als sonst. Jacobsen rotierte kräftig, schickte die zweite Reihe raus auf die Platte. Was nachvollziehbar war, schließlich haben die Gelben ihr Achtelfinalticket in der Königsklasse längst gelöst. Schonen für die Bundesliga lautete deshalb die Devise. Abwehrchef Gedeon Guardiola und Rechtsaußen Patrick Groetzki waren erst gar nicht mit nach Polen gereist. Und Schmid saß fast 60 Minuten lang auf der Bank, Seite an Seite mit Uwe Gensheimer, der nur bei den Siebenmetern ins Rampenlicht rückte. Kurzum: So waren die Löwen klarer Außenseiter gegen die polnische Weltauswahl.

Mithalten konnten sie trotzdem. Anfangs ging es hin und her. Trafen die eine, legten die anderen nach. Bis Mitte der ersten Halbzeit, da packte Kielce eine Schippe drauf und zog auf 9:5 davon, profitierte dabei allerdings auch von fragwürdigen Zwei-Minuten-Strafen gegen die Löwen. Doch die ließen sich nicht beirren, legten auch dank Teilzeit-Arbeiter Schmid nach. In Zahlen: Nach 25 Minuten leuchtete ein 10:10 von der Anzeigentafel.

In die Pause stiefelte die Jacobsen-Sieben mit einem 10:12-Rückstand. Ein Ergebnis, das Hendrik Pekeler und Co. noch alle Möglichkeiten für die zweite Hälfte ließ. Wer nun dachte, der dänische Trainerfuchs würde für den Endspurt seine Elite aufs Feld schicken, der täuschte sich. Er vertraute weiterhin auf Stefan Sigurmannsson oder Marius Steinhauser – und die standen ihren Mann, kämpften und glänzten. Sie zeigten, dass sie mehr als nur Aushilfskräfte sind. Besonders beeindruckend: die Nehmer-Qualitäten der Badener. Selbst Rückstände von drei, vier Toren brachten den deutschen Vizemeister nicht aus der Ruhe. Immer wieder pirschten sie sich wieder heran.

Am Ende fehlte nur der Lohn, die Punkte. Lars Lamadé war trotzdem stolz auf sein Personal. Der Geschäftsführer: „Die Leistung war sehr gut.“ Sagt es und kann sich einen Seitenhieb auf die Unparteiischen nicht verkneifen: „Sie haben uns den Sieg gekostet.“

Schwamm drüber, denn der ganz normale Handball-Wahnsinn geht weiter: Schon am Mittwoch steht in der SAP Arena das Wiederholungsspiel im DHB-Pokal gegen die MT Melsungen an. Anwurf ist um 19 Uhr. Der Rahmen passt übrigens. Laut Lamadé werden über 8 000 Zuschauer dabei sein.

Ob sie auch Abwehrchef Guardiola anfeuern können, bleibt abzuwarten. „Das müssen die Ärzte entscheiden“, sagt Lamadé, „in Kielce fehlte er noch wegen einer leichten Muskelzerrung.“

Von Daniel Hund