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Die Weltmeister begeistern und motivieren

NEU-ANSPACH. Zwei Weltmeister sieht man nicht jeden Tag – und so waren die Mädchen und Jungen der Grundschule am Hasenberg in Neu-Anspach auch entsprechend aufgeregt, die beiden deutschen Handball-Weltmeister von 2007, Oliver Roggisch und Henning Fritz, sowie den schweizer Handballer Andi Schmid zu treffen. In zwei Trainingseinheiten wiesen die drei Handball-Profis der Rhein-Neckar-Löwen den Nachwuchs in den Handballsport ein.

Der ehemalige Nationalspieler und Torwart Fritz stand zwischen den Pfosten und parierte die Würfe der Grundschüler – wie kann es auch anders sein – mühelos. Ab und an traf dennoch einer und jubelte, schließlich ist es schon ein tolles Gefühl, wenn man den Ball im Kasten des versierten Schlussmannes, gar eines Weltmeisters, versenkt. Mit zehn Jahren kam Fritz aus Zufall zum Handball und vom ersten Training an stand er im Tor. „Keiner wollte ins Tor, deshalb habe ich mich bereiterklärt und da bin ich auch geblieben.“ Angst vor den schnellen Handbällen, die mit bis zu 100 Stundenkilometern auf ihn zukommen, kennt der 36- Jährige nicht. Es sei alles eine Frage der Konzentration, meint er lapidar. Ihm gefalle der Nervenkitzel, „wenn es um was geht, dann ist das Adrenalin pur“. Jungen Handballern rät er dazu, sich nicht zu früh zu spezialisieren, sondern auf allen Positionen zu spielen. Torwarten spricht er Mut zu, sich nicht von der Wichtigkeit einer Situation nervös machen zu lassen. „Der Druck liegt ohnehin auf dem Spieler, als Torwart kann man kaum versagen – und es macht Spaß, dem Gegner eine möglichst knifflige Situation zu bieten, aus der man hin und wieder als Sieger hervorgeht.“

Die schönsten Erfolge seiner Karriere sind für Fritz vor allem der Weltmeistertitel 2007 und die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2004. Im Anschluss an die Handball-Karriere hofft der Ausnahmetorwart, der eine kaufmännische Ausbildung hat, darauf, sich weiter im Handballumfeld zu bewegen. „Ob als Trainer oder im Marketing weiß ich noch nicht, aber es gibt da viele interessante Sachen.“

Der Abwehrchef der deutschen Nationalmannschaft, Roggisch, forderte die Mädchen und Jungen der Hasenberg-Grundschule spielerisch in der Hallenmitte zum Ballklau auf – mit ungewöhnlichen Methoden: So versteckte der 2,02-Meter-Hühne den Handball auch mal unter dem Trikot oder hielt ihn einfach so hoch in die Luft, dass die Kinder nicht mehr drankamen. Ohne  Scheu gingen die Mädchen und Jungen mit Roggisch um, der es sichtlich genoss, mit den Kindern herumzualbern.

„The Rock“, wie Roggisch sich selbst nennt, hat bereits mit fünf Jahren angefangen Handball zu spielen. „Erst haben sie mir gesagt, ich sei zu jung und zu klein“, erinnerte sich der 2,02-Meter-Mann lachend. Doch sei er hartnäckig geblieben und einfach immer weiter zum Training gegangen.

Anfangs habe er vor allem Tore werfden wollen, erzählt der 32-Jährige, der lange als Kreisläufer gespielt hat. „Als Abwehrchef kommt man eben nicht auf die Welt. Mit 22 Jahren war es für mich dann klar, dass ich fast nur noch in der Abwehr spiele und das war ja auch genau die richtige Entscheidung“, meint Roggisch, der als einer der besten Abwehrspieler weltweit gilt. Mitleid mit den gegnerischen Angreifern habe er nicht, auch wenn er sich selbst auf dem Spielfeld als „harten Hund“ bezeichnet. „Die wollen mich besiegen und ich will sie besiegen, schließlich will ich gewinnen.“ Als bisherigen Höhepunkt seiner Karriere bewertet Roggisch klar die Weltmeisterschaft 2007 im eigenen Land. Ein Kindheitstraum sei es allerdings, Olympiasieger zu werden, gab Roggisch zu. „In London bei der Olympiade zu spielen und zu gewinnen, das wäre eine Riesensache für mich.“

Ein Handballprofi habe ein hartes Wochenpensum, erzählt der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann Roggisch. Zwei Spiele in der Woche, dazu etwa acht weitere Trainingseinheiten inklusive Videostudien und Physiotherapien, „da kommt man schnell auf seine 40-Stunden-Woche.“ Seiner Meinung nach seien es sogar zu viele Spiele, die Profis ständen unter einer extremen Belastung. Er engagiere sich daher in der Spielergewerkschaft dafür, dass die Spieler zumindest über Weihnachten und Neujahr eine Auszeit bekommen.

Der schweizer Regisseur Schmid übte mit den Kindern in seiner Gruppe Wurftechniken und Reaktionsschnelligkeit. „Wer im Handball Spielmacher werden will, muss eine gute Spielübersicht, ein Gespür für das Spiel haben und die anderen Spieler gut einsetzen können“, erläutert der 27-Jährige. Zwischen zehn und 15 Spielzüge trainiere das Team, so Schmid, damit jeder ganz genau weiß, wo er hinzulaufen habe. „Im Spiel sage ich dann eine Zahl und das wird dann 1:1 so umgesetzt.“ Der Schweizer spielt seit seinem sechsten Lebensjahr Handball und schon mit acht Jahren zeichnete sich ab, dass er Talent als Spielmacher hat. Schmid spielt gerne in der deutschen Handballliga und bedauert, dass sein Sport in seinem Heimatland nicht so beliebt ist wie hier.

Eigentlich hatten auch Uwe Gensheimer, derzeit der wohl beste deutsche Linksaußen, sowie der Pole Karol Bielecki, der nach einem Sportunfall im vergangenen Jahr auf dem linken Auge erblindet ist und trotzdem weiter Handball spielt, am Montag nach Neu-Anspach kommen sollen. Doch die  beiden Sportler hatten sich beim Spiel gegen Melsungen am Sonntag leicht verletzt und ließen sich daher an dem Vormittag von ihren Physiotherapeuten pflegen. Auch das Maskottchen, der Löwe Conny, war leider verhindert.

Elternbeirätin Monika Bischoff, die den Besuch der Profis der Rhein-Neckar-Löwen organisiert hatte, überreichte Fritz, Roggisch und Schmid zum Dank einen großen Schokoladenhasen und die Schüler schenkten ihnen Goba-Schläger, die mit dem Hasenberg-Hasen bemalt waren. Die begeisterten Schüler verließen, beladen mit Autogrammkarten, T-Shirts und Handbällen, die Sporthalle. Dieser Vormittag wird ihnen wohl lange in guter Erinnerung bleiben.

Von Britta Stehr

Usinger Anzeiger, 07.04.2011