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„Die Zukunft können wir noch beeinflussen“

Uwe Gensheimer spricht über den Saison-Endspurt

Am vergangenen Wochenende nutzte Uwe Gensheimer die Gelegenheit, dass die Löwen spielfrei waren, und machte sich Gedanken über die Sommermonate. Gemeinsam mit Freundin Sandra hielt er Ausschau nach den passenden Hotels für den Urlaub, der den Linksaußen der Löwen und seine Partnerin in die USA führen wird. Ziele sind New York und Miami, wo Gensheimer einerseits die Seele baumeln lassen und gleichzeitig die Chance nutzen möchte, neue Eindrücke zu sammeln. „Wir freuen uns, andere Orte zu sehen und möglichst viel an Erfahrungen mitzunehmen“, sagt der 25-Jährige, der Mitte Juni auf den knapp dreiwöchigen Trip gehen wird. Bis dahin hat er allerdings sportlich alle Hände voll zu tun, denn der Saison-Endspurt mit den Löwen steht noch an und direkt im Anschluss geht es mit der deutschen Nationalmannschaft gegen Bosnien und Herzegowina um die WM-Qualifikation. Vor dem Heimspiel gegen die SG Flensburg-Handewitt äußert sich der Kapitän der Löwen zu den nächsten sportlichen Zielen, die vergangenen Monate und die Zukunft der Badener.

Uwe, vor dem Duell mit der SG Flensburg-Handewitt hatten die Löwen etwas mehr Zeit als sonst. Wie hast Du die Zeit genutzt, hast Du abgeschaltet und die Seele baumeln lassen?

Ich habe gelernt, denn ich hatte am Montag eine Prüfung in Buchführung für mein BWL-Studium. Das hat viel Zeit in Anspruch genommen, aber ich glaube, ich war ganz gut vorbereitet.

 

Du studierst BWL, obwohl Du bei den Löwen und mit der Nationalmannschaft fast zehn Monate am Stück gefordert bist. Kommst Du an der Uni überhaupt voran?

Ich mache natürlich langsamere Schritte als die normalen Studenten, aber es ist wichtig für mich, neben dem Handball noch etwas für den Kopf und die Zukunft zu machen. Für mich ist es nicht realistisch, in drei Jahren mit dem Studium fertig zu sein, aber es dient ja auch in erster Linie dazu, für die Zeit nach dem Handball etwas in der Hand zu haben. Die SRH Hochschule bietet mir individuelle Möglichkeiten und dafür bin ich dankbar.

 

Das nächste Spiel steht in der Bundesliga gegen die SG Flensburg-Handewitt auf dem Programm. Ist der vierte Platz noch realistisch?

Wir müssen in drei Spielen noch drei Punkte aufholen, das dürfte sehr schwierig werden. Für uns ist es aber wichtiger, die letzten drei Partien gut zu Ende zu spielen und den Zuschauern tolle Partien zu bieten. Das wird gegen die SG schwer, denn das ist ein starker Gegner. Da brauchen wir eine gute Leistung und Unterstützung von den Rängen.

 

Aktuell stehst Du in der Bundesliga-Torschützenliste auf Platz eins. Ist es für Dich ein lohnendes Ziel, diesen persönlichen Titel am Ende der Saison zu holen?

Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mich das gar nicht interessiert. Es hat schon einen Wert, wenn man der beste Torschütze in dieser starken Liga ist. Aber der Mannschaftserfolg steht immer über dem Erfolg eines einzelnen Spielers. Ich bin froh, einen Mannschaftssport auszuüben und würde immer zu einem besser postierten Mitspieler abspielen. Das sieht man auch auf dem Feld, denke ich.

 

Nach der Bundesliga-Saison geht es mit der Nationalmannschaft um die Qualifikation für die WM im kommenden Januar in Spanien. Ihr spielt gegen Bosnien und Herzegowina. Wie siehst Du die Chancen, kennst Du die Mannschaft gut?

Eine Handvoll Akteure spielt in der Bundesliga, zum Beispiel Torhüter Tahirović in Göppingen oder Spielmacher Harmandić in Wetzlar. Deshalb wissen wir in etwa, was auf uns zukommt. Unser Ziel ist es natürlich, auch im kommenden Januar wieder bei einem großen Turnier dabei zu sein. In den Duellen gegen Bosnien zählen nur das Ergebnis und die Quali für die WM.

 

Nach dem Verpassen der Olympischen Spiele gab es ein paar Länderspiele, in denen die DHB-Sieben starke Ergebnisse erzielt hat. Polen und Dänemark wurden geschlagen. Ist die deutsche Mannschaft auf dem richtigen Weg, zu alter Stärke zu finden?

Man darf die Ergebnisse nicht zu hoch hängen, denn es waren nur Testspiele. Dennoch hat man gesehen, dass wir uns ein Stück weiter entwickelt haben. Es ist mein Eindruck, dass wir taktisch einen Schritt nach vorne gemacht haben. Wir haben die Lehren aus der EM gezogen und wollen das gegen Bosnien und Herzegowina unter Beweis stellen.

 

Wie fällt Dein persönliches Fazit über die zu Ende gehende Saison der Rhein-Neckar Löwen aus?

Es war sicher kein einfaches Jahr für den gesamten Verein und auch nicht für die Mannschaft. Wir mussten den Einschnitt verkraften, der durch den Rückzug von Jesper Nielsen entstanden ist. Dadurch hat sich für unser Team eine blöde Situation ergeben, denn es ist für die einzelnen Spieler nicht einfach damit umzugehen, wenn man weiß, dass Budgetkürzungen durchgesetzt werden müssen.

 

Kann sich eine Mannschaft davon nicht frei machen?

Das ist nicht möglich, weil der ein oder andere Spieler davon ja direkt betroffen ist. Da ist klar, dass man das als Team nicht völlig zur Seite schieben kann. Wir sind damit aber insgesamt gut umgegangen und haben aus meiner Sicht in der Rückrunde auch wirklich gute Leistungen gebracht. Nur das Ausscheiden im EHF-Pokal gegen Göppingen und die Leistungen in den Heimspielen gegen Lemgo und Gummersbach waren nicht so gut, was sehr schade war. Ich hoffe, dass der Verein mit dem neuen Aufsichtsrat, dem neuen Vorsitzenden des Gremiums und den Personen, die dem Klub nahe stehen, in Zukunft in Ruhe und kontinuierlich arbeiten kann. Dann können wir hoffentlich eine Mannschaft aufbauen, die auch von der Altersstruktur her ein paar Jahre zusammen spielen kann.

 

Inwieweit musstest Du in Deiner Rolle als Kapitän, zu dem Du vor dieser Runde wurdest, Dinge anders machen als vorher?

Zu Beginn der Saison habe ich auf viele Dinge stärker geachtet und mich dadurch von meinem eigenen Spiel ablenken lassen. Man kann gar nicht so viel Einfluss auf dem Feld nehmen, für mich ist wichtig, ein emotionaler Leader auf dem Platz zu sein. Diese Rolle versuche ich auszufüllen. Neben dem Feld bin ich oft Ansprechpartner, wenn es um Events mit Sponsoren oder Fans geht, aber da wurde ich in den Jahren zuvor auch angesprochen. Insgesamt war es für mich kein großer Unterschied.

Die Löwen werden einige personelle Wechsel im Kader vornehmen. Was sind Deine Gedanken zur kommenden Spielzeit?

Ich denke, dass wir trotz der Wechsel die Topteams weiter angreifen können. Schwierig wird es sein, die Neuzugänge in das Team zu integrieren. Hinzu kommt, dass einige Spieler zum ersten Mal in der Bundesliga spielen werden, das bringt manchmal Probleme mit sich. Aber wir werden eine starke Mannschaft haben und ich freue mich wirklich auf die nächste Saison.

 

Dein Blick in die Zukunft ist also positiv?

Ja, natürlich. Das Schöne an der Zukunft ist, dass man sie noch beeinflussen kann. Und darauf freue ich mich.