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„Dieser Sieg ist für die Ewigkeit“

Andy Schmid führt Löwen zu erstem Pokalsieg im elften Anlauf

Der Fluch ist Geschichte, die Rhein-Neckar Löwen sind am Ziel ihrer so lange unerfüllten Pokal-Träume. Durch ein 30:26 (13:11) über die TSV Hannover-Burgdorf gewann die Truppe von Nikolaj Jacobsen erstmals in ihrer Historie den deutschen Vereinspokal – im elften Anlauf. Dank einer Glanzleistung von Kapitän Andy Schmid nach der Pause, der alle seiner  acht Treffer in Durchgang zwei erzielte, ließen die Löwen in einem lange engen Spiel den Niedersachsen am Ende keine Chance und bringen ihren Fans das Sehnsuchtsobjekt DHB-Pokal aus Hamburg mit nach Hause.

„Wir sind stolz, dass wir unsere erfolglose Pokal-Geschichte endlich ausgelöscht haben. Dieser Sieg ist für die Ewigkeit des Vereins. Nach all den Niederlagen sind wir vor allem erleichtert, es endlich geschafft zu haben“, sagte ein sichtlich bewegter Andy Schmid. Ausschlaggebend für den Sieg sei vor allem der Wille gewesen. „Nachdem wir in der ersten Hälfte das Momentum haben kippen lassen, konnten wir nach der Pause zeigen, dass wir das Ding unbedingt gewinnen wollten.“ Schmid selbst hatte nach einer bescheidenen ersten Hälfte von seinem Coach eine klare Ansage bekommen. „Ich habe ihm gesagt, dass seine Mannschaft ihn jetzt braucht und er sie jetzt auf seine Schultern nehmen muss. Die Antwort darauf hat er dann gegeben“, sagte Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen und ergänzte: „Ich bin wahnsinnig stolz auf den ganzen Verein. Dieser Pokal gehört vor allem allen, die elfmal mit hierhergefahren sind.“

Lexi wieder überragend

Der Erfolgstrainer, der am Sonntag seinen dritten Titel mit den Löwen holte, sah auf der Platte einen holprigen Start zweier sichtlich angespannter Mannschaften. Andreas Palicka im Löwen-Tor setzte mit der ersten Parade im ersten TSV-Angriff direkt ein Zeichen, auf der Gegenseite aber auch die Abwehr der Recken, die im Verbund den ersten Versuch von Andy Schmid blockte. Damit war die Richtung vorgegeben. Es entwickelte sich ein Kampfspiel, in dem beide Defensivreihen den Ton angaben. Tor Nummer eins fiel nach über vier Minuten – für Hannover-Burgdorf. Weil Sigurdsson den ersten Siebenmeter auf die Latte setzte, brauchte es die vierte (!) Parade von Palicka, um Alex Petersson den Weg zum ersten Löwen-Tor zu ebnen. Der Isländer ging schon wie am Vortag gegen Magdeburg voran, unwiderstehlich zog er ins Eins-gegen-eins. Nach 30 Minuten hatte „Lexi“ fünf Tore auf der Uhr.

Der Rest der Truppe aber tat sich richtig schwer gegen die hoch konzentrierte 6:0-Abwehr der TSV, umgekehrt taten sich die Recken gegen die Löwen-Defensive aber noch schwerer. Bis zum 4:4 ging es hin und her, dann drückten die Löwen nach teils leichten Ballgewinnen und schlechten Würfen der Hannoveraner ihr Tempospiel durch. Ein 7:0-Lauf (!) brachte den Löwen eine komfortable 10:4-Führung, die sie dann aber recht leichtfertig verspielten. „Das waren die einzigen schlechten zehn Minuten in diesem Turnier von uns“, sagte Jacobsen mit Blick auf die insgesamt nahezu tadellose Leistung der Löwen beim 26. REWE Final Four. Hannover kam vor allem durch den starken Mait Patrail bis zur Pause auf 13:11 ran und nach dem Seitenwechsel sogar bis auf ein Tor (14:13). Als die Partie zu kippen drohte, fasste sich Andy Schmid ein Herz. In den folgenden Minuten warf der später zum MVP des Final Four ernannte Schweizer vier Tore am Stück, da stand es dann wieder 18:15 für den amtierenden Deutschen Meister.

Schmid und Mensah gehen voran

In der Schlussphase war es neben Andy Schmid der beim gesamten Turnier superstarke Mads Mensah, der das Heft im Löwen-Angriff in die Hand nahm und den Vorsprung über die Zeit rettete. Auch die Entscheidung von Jacobsen, in der Endphase mit dem siebten Feldspieler zu agieren und die Probleme seiner Jungs im Positionsangriff damit zu bekämpfen, erwies sich als goldrichtig. In der letzten Minute konnten die Feierlichkeiten im Löwen-Lager dann starten, herzten sich unter anderem Patrick Groetzki, Andy Schmid und Coach Jacobsen. Zum Feiern mit den Fans ging es nach der Pokalübergabe direkt in den Löwen-Block, dort lagen sich Spieler, Trainer, Betreuer und Anhänger in den Armen. Entsprechend der speziellen Pokalhistorie war die Stimmung ausgelassen und euphorisch. Eine zusätzliche Pokalfeier im direkten Anschluss an das Finalturnier wird es nicht geben: „Wir haben am kommenden Donnerstag ein extrem wichtiges Spiel in der Bundesliga vor der Brust. Für eine große Feier bleibt da erst einmal keine Zeit. Aber nach dem Magdeburg-Spiel werden wir mit den Fans in unserer Löwen-Höhle in der SAP Arena gebührend auf den Pokalsieg anstoßen“, sagte Oliver Roggisch unmittelbar nach dem Finalsieg. Am Donnerstag, 10. Mai, nach der Partie gegen den erst am Samstag im Pokal-Halbfinale geschlagenen SCM warten auf die Löwen-Fans einige besondere Aktionen, darunter eine große Autogrammstunde, kühle Getränke und die exklusive Gelegenheit, sich mit dem DHB-Pokal, dem so lange heiß begehrten Stück, zu fotografieren.

„Eigentlich muss ich alle nennen, wenn es darum geht, wer bei uns am besten war“, sagte Nikolaj Jacobsen. In erster Linie nannte er neben Andy Schmid die herausragenden Hendrik Pekeler, Alex Petersson und Mads Mensah. Mikael Appelgren wurde zum Torwart des Turniers gewählt, hatte die Löwen im Halbfinale gegen Magdeburg durch eine Mega-Leistung ins Endspiel geführt. Der Sportliche Leiter Oliver Roggisch zeigte sich ähnlich wie Andy Schmid erleichtert: „In den vergangenen Jahren ist durch unsere Historie hier der Druck immer größer geworden. Der ganze Verein hat sich so danach gesehnt. Dass wir es endlich geschafft haben, ist unfassbar.“ Am Abend ging es für die Mannschaft per Flieger zurück in die Heimat, für Montag gaben Roggisch und Jacobsen der Mannschaft frei. Ein Tag, der sich auch für alle Löwen-Fans wie Urlaub anfühlen dürfte.  

Rhein-Neckar Löwen – TSV Hannover-Burgdorf 30:26 (13:11)

Löwen: Palicka, Appelgren; Tollbring, Sigurdsson (1), Groetzki (6), Radivojevic, Schmid (8), Pekeler (2), Bliznac, Petersson (5), Reinkind (1), Mensah (5), Taleski, Baena, Ekdahl Du Rietz (2)

Hannover: Semisch, Ziemer; Mortensen (1), Pevnov (5), Häfner (6), Böhm (1), Olsen (1), Brozovic (1), Christophersen, Kastening (6), Lehnhoff, Thiele, Johannsen, Patrail (5), Atman, Karason

Trainer: Nikolaj JacobsenCarlos Ortega / Iker Romero

Schiedsrichter: Fabian Baumgart / Sascha Wild

Zeitstrafen: 2 – 2

Strafminuten: Schmid (2), Sigurdsson (2) – Patrail (2), Böhm (2)

Siebenmeter: 0/1 – 1/1

Löwen: Sigurdsson wirft Siebenmeter an die Latte

Spielfilm: 0:1, 1:2, 2:3, 3:4, 10:4, 11:6, 12:8, 13:10 (HZ), 14:13, 19:15, 22:17, 25:20, 27:22, 29:24, 30:26 (EN)

Zuschauer: 13.200 (ausverkauft)

Bilder: Sörli Binder