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Dieses Polster ist mehr als dünn (SOAK)

Durchatmen und Kräfte sammeln: Nach dem 33:32 (15:13)-Erfolg der Rhein-Neckar Löwen gegen Frisch Auf Göppingen ist das Halbfinale um den EHF-Cup nach dem Hinspiel offener als erwartet. Vor allem mit Blick auf die Abwehrleistung haben die Löwen noch Luft nach oben und werden sich am kommenden Freitag beim Rückspiel auch auf der Torwartposition steigern müssen, um das Finale zu erreichen.

Als die Partie abgepfiffen war, herrschte etwas verkehrte Welt. Die Rhein-Neckar Löwen liefen trotz des Sieges etwas bedröppelt über das Parkett, Zarko Sesum musste seine Mitspieler noch einmal eindringlich daran erinnern, dass sie gewonnen hatten. Auf der Gegenseite ließen sich die Göppinger von ihren lautstarken Fans feiern, die noch lange nach Spielschluss mit ihren Gesängen die SAP Arena unterhielten. Und trotz der knappen Niederlage waren die Schwaben tatsächlich so etwas wie der heimliche Gewinner. Das 33:32 der Badener ist alles andere als das erhoffte Polster für das Rückspiel am Freitag.

„Das war tatsächlich etwas enttäuschend, da wir es über 60 Minuten nicht geschafft haben, uns deutlicher abzusetzen“, bestätigte Rückraumspieler Michael Müller den Eindruck für Außenstehende, schickte aber gleich eine Kampfansage hinterher: „Wir wollen auch das vierte Mal in dieser Saison gegen Göppingen gewinnen und ins Finale einziehen.“

Die Löwen erwischten einen optimalen Start, Göppingen benötigte dagegen ganze acht Minuten, bevor Dragos Oprea beim 4:1 zum ersten Mal traf. Bis zu Uwe Gensheimers 8:5 per Gegenstoß (14.) lief weiter alles nach Plan, doch dann verpassten es die Badener sich weiter abzusetzen. Gensheimer und Ivan Cupic vergaben zwei Gegenstöße in Folge und statt sich das 10:5 herauszuwerfen, kam Göppingen zurück. „Das war symptomatisch für dieses Spiel“, meinte Linkshänder Müller.

Und das nicht zuletzt, weil der ehemalige Löwe Bastian Rutschmann im Tor der Schwaben nun einen Ball nach dem anderen parierte und auch die Pässe an den Kreis nicht mehr ankamen, glich Göppingen trotz Unterzahl beim 11:11 sogar aus (26.). Auch die lautstarken Frisch Auf-Anhänger waren nun in Hochstimmung, in der SAP Arena herrschte unter den 6483 Fans Europacup-Atmosphäre. Löwen-Coach Gudmundur Gudmundsson spürte spätestens jetzt, dass eine Reaktion nötig war, um nicht in gefährliches Fahrwasser zu geraten. Die Denkpause zeigte Wirkung, zwei Zeitstrafen für Frisch Auf spielten den Badenern ebenfalls in die Karten, die mit dem 15:13-Halbzeitstand und den ausgelassenen Möglichkeiten aber sicher nicht ganz zufrieden sein konnten.

Auch im zweiten Durchgang gelang es den Löwen letztlich nicht, den entscheidenden Schritt zu machen. Nach einer Dreier-Serie zum 22:18 (40.) schienen die Gelbhemden zwar schon auf dem richtigen Weg, aber Göppingen blieb nicht zuletzt deshalb ständig auf Tuchfühlung, weil sie auf der Torhüter-Position einen klaren Vorteil hatten. „Die Torwart-Leistung war heute nicht gut genug, um ein besseres Ergebnis zu erzielen“, bestätigte Trainer Gudmundsson, Geschäftsführer Thorsten Storm sah neben den Unzulänglichkeiten in der Abwehr auch auf den Schlüsselpositionen im Rückraum Nachholbedarf. „Von Karol Bielecki müssen wir erwarten, dass er auch in wichtigen Spielen mehr Tore macht“, musste der Manager mitansehen, wie Göppingens Momir Rnic (8 Tore) in der zweiten Hälfte kaum noch zu halten war und sich fast ein Privat-Duell mit den besten Löwen-Torschützen Bjarte Myrhol (7) lieferte.

Auch deshalb blieb das Spiel bis in die letzten Sekunden ausgeglichen, selbst nach dem 31:28 des starken Andy Schmid (54.) kämpfte Göppingen um jeden Zentimeter Boden und glich mit einer Dreier-Serie zum 31:31 wieder aus (58.). Die große Chance, beim Stand von 33:32 wenigstens mit einem Zwei-Tore-Vorsprung nach Göppingen zu fahren, vergab Ivan Cupic, der nach abgelaufener Uhr noch mit einen Siebenmeter am überragenden Rutschmann scheiterte. So blieb es bei der etwas gedrückten Stimmung im Löwen-Lager. „Nach einem Liga-Spiel wären wir heute sehr glücklich gewesen“, brachte es Trainer Gudmundsson auf den Punkt.

Von Thorsten Hof