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Ein Ergebnis, das „alles offen lässt“ (RNZ)

Champions League, Achtelfinal-Hinspiel: Die Rhein-Neckar Löwen verlieren mit 28:32 in Kielce.

Kielce. Unmittelbar danach war es eine komische Situation. Irgendwie wusste keiner, wie er das Ergebnis des Achtelfinal-Hinspiels in der Champions League bewerten sollte. Schon beim Abklatschen schien das große Grübeln einzusetzen. Das Zittern. Die Köpfe hingen, die Schultern zuckten.

Bei Kielce, weil niemand aus der polnischen Startruppe wusste, was der 32:28 (17:33)-Sieg wert war, ob er reichen würde, um auch die „zweite Halbzeit“ in der SAP Arena (31. März, 19 Uhr) zu überstehen. Bei den Rhein-Neckar Löwen, weil Uwe Gensheimer und Co. einerseits wussten, dass ein Vier-Tore-Rückstand auswärts kein schlechtes Resultat ist, andererseits aber auch trauerten, weil im Hexenkessel Hala Legionow noch mehr drin war. Ein Unentschieden, ja vielleicht sogar ein Sieg.

Wie auch immer. Die Entscheidung wird im „Ufo“ fallen. Auch Thorsten Storm, der Manager der Badener, war hin und her gerissen. Er sagte viel, Positives und Negatives. Sprach von einem Ergebnis, das „alles offen lässt“. Aber auch von „vielen vergebenen Chancen, die wir an einem guten Tag nutzen“. Was er meinte? Echte „Hundertprozentige“ eben, die teilweise reihenweise liegen gelassen wurden. Von Rückraum-Rakete Kim Ekdahl du Rietz, von Kreismann Bjarte Myrhol, von Kapitän Uwe Gensheimer.

Viele kleine Rückschläge waren das. Dass sie trotzdem weggesteckt wurden, spricht für die Gelben. Storm nickt: „Unsere Spieler haben damit erneut bewiesen, dass sie ein echtes Team sind, das nie aufgibt.“

Die ersten 20 Minuten waren unterirdisch. Vor allem die Löwen-Abwehr, das eigentliche Prunkstück, glich diesmal eher einem Streichelzoo. Da war keine Aggressivität, keine Geschlossenheit. Kielces Hünen sausten immer wieder durch riesige Löcher. Schlimmes deutete sich an: Zehn Minuten vor der Pause stand es 7:15. Ein Albtraum.

Doch dann wendete sich das Blatt. Die Löwen besannen sich auf ihre Stärken: Hinten sicher, vorne pfeilschnell. Tor um Tor holten sie nun auf. In die Pause ging es mit einem 13:17-Rückstand, der wenig später egalisiert war (19:19/38.). Beigetragen haben dazu alle. Aber insbesondere zwei Gelbe: Rechtsaußen Patrick Groetzki und Torhüter Goran Stojanovic. Der eine raste wie von der Tarantel gestochen die Außenbahn hoch und runter, vereitelte Tempogegenstöße und traf insgesamt selbst sieben Mal. Der andere hexte, verdrängte Weltstar Niklas Landin, dem die Bälle anfangs nur so um die Ohren geflogen waren, auf die Bank.

Andy Schmid machte unterdessen das, was er immer macht. Denken und lenken. Der Spielmacher brachte Ruhe ins Löwen-Spiel und redete danach Klartext: „Sicher wäre eine Differenz von zwei Toren besser gewesen, aber wir schaffen das im Rückspiel gemeinsam.“

Im Hinspiel war es allerdings teilweise auch etwas kompliziert. Denn die Löwen hatten fast 60 Minuten lang mit neun Gegenspielern zu kämpfen: Andrei Gousko und Siarhei Repkin, die beiden Schiedsrichter, waren nämlich alles, nur eben nicht unparteiisch. Mitunter traf das bulgarische Gespann abenteuerliche Entscheidungen. Gerade Löwe Alexander Petersson war in ihren Augen offenbar Freiwild. „Es hatte fast den Eindruck, dass Alex vorsätzlich verletzt werden sollte“, schüttelte Storm fassungslos den Kopf und legte nach: „Vielleicht bekommen wir im Rückspiel ja auch mal einen Siebenmeter, wenn ein klares Foul vorausgeht.“

Apropos Rückspiel, da hoffen die Löwen auf eine ähnliche Atmosphäre wie in Kielce. Doch nach aktuellem Stand wird es ein frommer Wunsch bleiben. Ende letzter Woche waren erst rund 2000 Karten in Umlauf. Schuld ist vor allem der Termin: Handball am Montagabend? Eigentlich ein Unding. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt: „Die Zuschauer haben dort eine Stimmung gemacht, die für drei, vier Tore gut war. Wir brauchen nun auch so ein besonderes Heimspiel, sonst ist in diesem Jahr Schluss mit Champions League.“

KS Vive Kielce: Lijewski 9, Jurecki 4, Chrapkowski 4,Bielecki 4/4, Zorman 4, Cupic 4, Aguinagalde 1, Strlek 1, Musa 1.

Rhein-Neckar Löwen: Groetzki 7, Gensheimer 6/4, Petersson 5, Myrhol 3, Schmid 2, Gorbok 2, Ekdahl du Rietz 2, Gedeón Guardiola 1.

Zuschauer: 4000 (ausverkauft); Strafminuten: 8/10; Disqualifikation: -/Manojlovic (60./3. Zeitstrafe).