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Ein Erlebnis namens Landin (MM)

Beim 30:23-Sieg der Rhein-Neckar Löwen in Hamburg ragt der dänische Torwart mit Weltklasse-Paraden aus einer starken Mannschaft heraus

HAMBURG. Die letzte Spielminute lief, da umarmten sich die Profis der Rhein-Neckar Löwen schon. An der Seitenlinie wurde getanzt – und nach dem Abpfiff stand der kollektive Sprint Richtung Niklas Landin an. Der Torwart des Handball-Bundesligisten versank in der badischen Jubeltraube. Mit seinen 27 Paraden stach der Däne bei einer ohnehin überragenden Leistung der Gelbhemden noch hervor. Dem Ex-Meister HSV Hamburg hatten die Löwen eine Lehrstunde erteilt, der 30:23-Erfolg war vor allem eines: eine Demonstration der Stärke.

Zehn Spiele, zehn Siege. Was ist möglich für den Spitzenreiter in dieser Saison? „Ich weiß es nicht, weißt Du es“, wich Landin mit einem Grinsen der Frage aller Fragen aus: „Wir haben einen wichtigen Sieg gelandet und etwas Besonderes geleistet. Zum ersten Mal ist den Löwen ein Erfolg beim HSV gelungen.“

Schwalb: Löwen ein Titelkandidat

Da sich alle Badener in der längst gewohnten Bescheidenheit übten, ging Hamburgs Trainer Martin Schwalb in die Offensive. „Diese Mannschaft ist ein absoluter Titelanwärter. Es kommt selten vor, dass wir in eigener Halle chancenlos sind und zehn Minuten vor dem Abpfiff keine Möglichkeit mehr auf den Sieg haben. Wir haben gegen einen unheimlich starken Gegner mit einem überragenden Torwart verloren“, verteilte Schwalb sichtlich beeindruckt Komplimente.

Die nahmen die Löwen, die am Samstag (15 Uhr) beim VfL Gummersbach antreten, natürlich gerne an – wenngleich Landin das an ihn adressierte Sonderlob gleich an die Mannschaft weitergab. „Ja klar, ich habe ein ganz gutes Spiel gemacht. Aber die Abwehr hat mir auch sehr geholfen“, sagte der Däne, der die Entwicklung der Gelbhemden gar nicht richtig fassen kann. „Zehn Spiele, zehn Siege. Flensburg geschlagen, in Hamburg gewonnen – damit konnte nach dem Umbruch im Sommer und der kurzen Saisonvorbereitung niemand rechnen“, meinte Landin, der vor dieser Runde von Bjerringbro-Silkeborg zu den Löwen stieß und in Hamburg seine bislang ohnehin konstant starken Leistungen krönte: „Ich versuche, in so wichtigen Spielen noch besser zu sein.“

Den Vertrag mit den Löwen hatte der 23-Jährige schon im Januar 2011 geschlossen. Damals pumpte Jesper Nielsen noch Millionen in den Klub, doch plötzlich war der Geldgeber weg. Und prompt hieß es in einer dänischen Zeitung, Landin habe keine Lust mehr auf die Badener. „Das habe ich nie gesagt, diese Geschichte ist eine Erfindung. Auch als feststand, dass der Etat gesenkt werden muss und viele Spieler gehen, war für mich klar, dass ich zu den Löwen gehe. Ich habe nie an meiner Entscheidung gezweifelt“, sagt der Torwart, der bis 2015 an die Gelbhemden gebunden ist.

„Er ist ein Schlüsselspieler“

Nach der Partie in der Hansestadt hätte ihm Manager Thorsten Storm am liebsten gleich ein neues Arbeitspapier vorgelegt: „Von mir aus kann Niklas sofort vorzeitig seinen Vertrag verlängern. Er ist ein Schlüsselspieler für die Zukunft der Löwen.“

Außer Frage steht: Die Leistungen der Schlussmänner Goran Stojanovic und Landin sind bislang das große Plus des Tabellenführers. „Wir vertrauen beiden“, sagte Gudmundsson und ergänzte: „Ich entscheide von Spiel zu Spiel, wen ich aufstelle. Es kommt auf Trainingsleistungen und Bauchgefühl an. Für Niklas hat diesmal gesprochen, dass er vergangene Woche zwei Länderspiele bestritt und deswegen im Rhythmus war. Ihn dann hier in Hamburg zu sehen, war ein Erlebnis für jeden Zuschauer.“

Ein Erlebnis ist aus Löwen-Sicht zurzeit auch der Blick auf die Tabelle. „Wir sind immer noch oben, das ist ein schönes Gefühl. Wie gut wir wirklich sind, werden wir Ende November gegen Kiel sehen“, meinte Landin, der sich als Einziger dann doch ein bisschen aus der Deckung wagte: „Wenn wir da so spielen wie in Hamburg und wir von Verletzungen verschont bleiben, ist auch gegen den THW etwas möglich.“ Nicht zuletzt wird es gegen Kiel wieder auf ihn oder Stojanovic ankommen. Gegen einen erneuten kollektiven Sprint in seine Richtung hätte er auf jeden Fall nichts einzuwenden.

Von Marc Stevermüer