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Ein Feiertag für die Rhein-Neckar Löwen

Heidelberg. Es gibt Handballspiele und es gibt Spitzenspiele, Ladenhüter und Kassenschlager. Die Handballer der Rhein-Neckar Löwen kennen sich diesbezüglich bestens aus: Gegen viele Gegner ist es ein Ding der Unmöglichkeit, die SAP Arena zu füllen. Eine frustrierende Angelegenheit. Doch wie heißt es doch so schön: Ausnahmen bestätigen die Regel. Heute ist so eine Ausnahme, quasi ein Feiertag für die Löwen: Um 20.15 Uhr (live im DSF) kreuzt der THW Kiel im Bösfelder „Ufo“ auf und 13.200 Zuschauer werden dabei sein, wenn die Star-Formation von der Ostsee in der Kurpfalz den Anker wirft.

Die Partie ist ausverkauft, was laut Löwen-Manager Thorsten Storm aber nicht nur mit dem Gastsspiel des Branchenführers zusammenhängt: „Wir haben uns weiterentwickelt, das motiviert mich.“ Nun will man natürlich auch Werbung in eigener Sache machen. Ein Sieg soll her. Trainer Ola Lindgren weiß auch schon wie: „Wir werden 60 Minuten lang kämpfen, alles geben“, sagt er, „für jeden meiner Männer ist dieses Spiel eine riesige Herausforderung.“ Der Schwede wirkt zuversichtlich, stellt aber eines unmissverständlich klar: „Favorit ist der THW, das ist er immer.“

Das kann man unterstreichen, normalerweise zumindest. Doch was ist dieser Tage schon normal. Erst am Sonntag wankte Kiel, fiel bei der deutlichen Pokalpleite in Gummersbach förmlich in sich zusammen. Im hohen Norden sind sie still geworden, plagen sich mit Selbstzweifeln herum. Und heute kommt nun auch noch der Druck hinzu. Denn eines ist klar, werden die „Zebras“ bei den Löwen erlegt, wäre es ein herber Rückschlag im Titelrennen. Storm geht sogar noch einen Schritt weiter, sagt: „Mit einer Niederlage könnte in Sachen Meisterschaft schon eine Art Vorentscheidung gefallen sein.“ Will heißen: Der HSV Hamburg dürfte den Champus fast schon kalt stellen.

Was ohnehin kaum überraschen würde. Denn Kiel präsentiert sich schon die ganze Saison über äußerst wackelig. Die Souveränität ist abhanden gekommen. Der Tiefpunkt war sicherlich das vorweihnachtliche 37:39 bei der HBW Balingen-Weilstetten. Viele Experten machen sich Gedanken. Storm auch: „Kiel hat sportlich gesehen immer die beste Mannschaft in der Bundesliga. Aber irgendetwas ist dort anders als früher.“ Ein Grund für die fehlende Dominanz ist sicher der personelle Aderlass. Mit Stefan Lövgren, Nikola Karabatic und Vid Kavticnik suchten drei Leistungsträger das Weite. Ersetzt wurden sie unter anderem durch den französischen Welt- und Europameister Daniel Narcisse. Ein Klasse-Mann, der heute aber nicht dabei sein wird. Die französische Rückraum-Rakete kehrte verletzt von der EM zurück: Das rechte Knie schmerzt. Bei einer Arthroskopie wurden ihm freie Gelenkkörper entfernt. Wie lange der 30-Jährige pausieren muss, ist derzeit noch unklar.

Aber auch die Löwen, die Herausforderer, können heute nicht aus dem Vollen schöpfen. Zwei wichtige Stützen schauen nach wie vor nur zu. Für Kreisläufer Bjar_ te Myrhol (Nackenprobleme) und Gudjon Valur Sigurdsson (Knieschmerzen) heißt es Daumen drücken statt Tore werfen. „Jetzt zahlt sich unser breiter Kader eben aus“, betont Storm, „die EM hat einfach sehr viel Substanz gekostet.“

Von Daniel Hund

 10.02.2010