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Eine echte Einheit

Mannheim. Er war der Kleinste auf der Platte. Jeans und Turnschuhe hatte er an. Rings um ihn herum flogen die Bälle. Aufs Tor, ins Tor, neben das Tor, kreuz und quer durch die SAP Arena. Mitbekommen hat er davon wenig. Gudmundur Gudmundsson, der Trainer der Rhein-Neckar Löwen, war fokussiert, schon vor dem Spiel im Spiel: Während sich sein Personal für den SC Magdeburg warm machte, ging der kleine Isländer von Löwe zu Löwe, schaute jedem seiner Riesen in die Augen. Gudmi schwor sie ein und wedelte dabei immer wieder mit seinen Armen wild durch die Luft. Taktikschulung nennt man das: Laufwege, Pässe, Finten – das komplette Programm.

Storm: Die Stimmung ist sehr gut

Genützt hat es was. Die Angriffe rollten, die Abwehr stand, der Altmeister stürzte: Starke Löwen jagten die Gladiators mit 30:27 (14:11) aus der Halle. Präzisionsarbeit war das. Zwei Halbzeiten lang. Gut, zwischendurch stotterte er mal kurz, der Löwen-Motor, um dann jedoch wieder im Eiltempo über die Ziellinie zu brettern. Und das kam an: Die SAP Arena glich phasenweise einem Tollhaus. Das „Ufo“ bebte. Die Mannschaft fand die Atmosphäre klasse. Patrick Groetzki zum Beispiel. Der Wirbelwind von der rechten Außenbahn: „Bei so einem Geräuschpegel macht es deutlich mehr Spaß.“

Er grinste, als er das sagte. So wie alle am Freitagabend, dem Abend, an dem vor allem eines nicht zu übersehen war: Da steht eine Mannschaft, eine echte Einheit auf dem Feld, keine Ansammlung an Stars, denen alles egal ist. Die nur auf den Kontoauszug schauen. Wer so etwas behauptet – und diese Leute soll es geben, der irrt. Gerade in den Auszeiten erkennt man den wahren Charakter der Mannschaft. Dann, wenn die Gelben die Köpfe zusammen stecken, wenn aus einer

Wand für 60 Sekunden ein Kreis wird. Arm in Arm, mit funkelnden Augen, wird dann nach dem ultimativen Lösungsansatz gesucht. Niemand ist für sich allein, alle verschmelzen zu einem großen Ganzen, zum ultimativen Löwen.

Auch Thorsten Storm ist das nicht entgangen. Der Manager: „Die Stimmung im Team ist sehr gut. Die Spieler freuen sich über jedes Training, jedes Spiel und jeden Sieg und das ist gut so, es ist nämlich nicht normal, dass man immer erfolgreich ist.“ Und weiter: „Niederlagen gegen bessere Teams wird es auch immer wieder einmal geben, aber man darf dann nicht immer gleich alles in Frage stellen.“

Und einer ist der Häuptling. Uwe Gensheimer, der Überirdische, Mister hundert Prozent. Acht Tore waren es gegen Magdeburg. Diesmal spielte er übrigens mit einem Haarband, das verhindern sollte, dass ihm seine Spitzen nicht die Sicht zum Tor versperren. Gensel riss alle mit. Auch Michael Müller, der auf seiner Abschiedstour zurzeit Vollgas gibt, mit viel Kampf und Können begeistert. Fakt ist: Wer so spielt, der darf auch wieder von der Champions League träumen.

Storm, der Mann im Hintergrund, tut das natürlich auch. Er sagt: „Mir persönlich geht es diesbezüglich gar nicht nur um das Finanzielle, sondern einfach darum, dass wir gerne wieder zu den Besten in Europa gehören würden. So ist das auch bei den Jungs. Wir werden sehen, was am Ende für die Löwen drin ist.“

In Schutz nimmt der Nordmann übrigens einen, der aktuell teilweise wie ein Fremdkörper wirkt: Krzysztof Lijewski. Der Pole läuft seiner Form hinterher, ist ein Schatten seiner selbst, wirft zwar, trifft aber nicht mehr. Storm über den Rückraum-Mann: „Krzysztof ist seit längerem angeschlagen, stellt sich aber trotzdem immer in den Dienst der Mannschaft. Vor ihm ziehe ich den Hut.“ Die Einstellung stimmt also. Und der Ehrgeiz? Der auch. Storm verrät: „Krzysztof wollte gerne bleiben und will sich mit einem Titel verabschieden.“ SeinZiel ist das

Ziel aller Gelben: der EHF-Cup. Gemeinsam soll es klappen.

Von Daniel Hund

 11.03.2012