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Eine Viertelstunde Vollgas (MM)

Löwen-Talent Marius Steinhauser überzeugt auch als Teilzeitarbeiter

MANNHEIM. Östringer Stadthalle statt SAP Arena. Kein Business Club, keine VIP-Logen, keine komfortable Umkleidekabine. Ein paar Hundert statt ein paar Tausend Zuschauer. Oder anders ausgedrückt: Handball-Bundesliga war gestern, zurück zu den Wurzeln. So erging es Marius Steinhauser vor zwei Wochen, der Rechtsaußen der Rhein-Neckar Löwen half in der zweiten Mannschaft der Badener aus. Der Gegner hieß Neuhausen/Filder und nicht Göppingen oder Flensburg. Drittliga-Abstiegskampf statt Bundesligaspitze.

„Patrick die Nummer eins“

Nach seinem Super-Start bei den Löwen, die am Sonntag um 15 Uhr in der SAP Arena gegen den SC Magdeburg spielen, ging es für den 19-Jährigen einen kleinen Schritt zurück. Doch das stört den Linkshänder nicht. „Ich habe überhaupt kein Problem damit, mir meine Spielpraxis in der zweiten Mannschaft zu holen“, betont der A-Jugend-Bundesliga-Torschützenkönig von 2012.

Am Mittwoch aber war Steinhauser wieder auf der großen Bühne gefragt, im DHB-Pokal gewann er mit den Gelbhemden 32:25 beim Ligarivalen VfL Gummersbach – und der Flügelflitzer teilte sich seine Einsatzzeit mit dem lange verletzten Patrick Groetzki. „Dass ich zu Saisonbeginn spielen muss, weil kein anderer Rechtsaußen da war, ist mir genauso klar gewesen wie die Tatsache, dass Patrick auf der Platte stehen wird, wenn er wieder gesund ist. Er ist die Nummer eins“, lässt das Talent keine Zweifel an der Hierarchie auf dem rechten Flügel aufkommen.

Allerdings ist Groetzki noch nicht vollständig genesen, mehr als 15 Minuten pro Halbzeit sind nicht drin. Dann muss Steinhauser übernehmen, eine Viertelstunde Vollgas geben. „Ich kann damit sehr gut leben. Wenn ich dann der Mannschaft helfen kann wie in Gummersbach, bin ich zufrieden.“ Vier Mal warf der 19-Jährige aufs Tor, vier Mal klingelte es im Kasten. Trainer Gudmundur Gudmundsson war aber nicht nur deshalb zufrieden: „Mir ist das Rückzugsverhalten und die Abwehrarbeit wichtig. Das hat er gut gemacht.“

Keine Frage: Auch die neue Rolle als Teilzeitarbeiter liegt dem Youngster. „Vom Kopf her ist das schon eine Umstellung. Wenn man weiß, dass man durchspielt, ist man lockerer. Jetzt weiß ich, dass ich in einer Viertelstunde pro Halbzeit einfach alles zeigen muss. Diese Chance will ich dann unbedingt nutzen“, sagt der Linkshänder, dem Druck oder Nervosität jedoch nicht anzumerken sind, obwohl die Gefahr, plötzlich zu verkrampfen, nicht gerade klein ist.

Ex-Löwe Michael Müller hatte beispielsweise lange Zeit seine liebe Mühe und Not damit, nach seinen Einwechslungen locker zu bleiben und sein Potenzial abzurufen. Steinhauser versucht, sich nicht so viele Gedanken zu machen: „Ich will nur spielen und Spaß haben. Die erfahrenen Jungs wie Alexander Petersson helfen mir dabei ungemein.“

Längst ist der badische Senkrechtstarter, der erst vor fünf Jahren mit dem Handballspielen begann, ein Thema beim Deutschen Handball-Bund (DHB), wenn auch „nur“ in der Junioren-Nationalmannschaft. Vor wenigen Wochen nahm er erstmals in seiner Karriere an einem Lehrgang teil – und das gleich beim DHB. „In einer badischen Auswahl habe ich nie gespielt“, berichtet „Steini“, der in der nächsten Woche zusammen mit Jonas Maier und Kai Dippe erneut beim deutschen Junioren-Team weilt. „Mir winken meine ersten Länderspiele, ich kann das alles gar nicht glauben“, sagt der 1,87-Meter-Mann. Er grinst, er staunt. Wo soll das alles noch enden? Vielleicht in der A-Nationalmannschaft? „Da will ich gar nichts zu sagen. Das Thema ist ganz, ganz weit weg.“ Steinhauser bleibt bescheiden – und hält einen weiteren Einsatz in der Östringer Stadthalle ganz sicher für wahrscheinlicher.

Von Marc Stevermüer