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Eine Wiederauferstehung mit System (MM)

Mannheim. Gudmundur Gudmundsson holte erst einmal tief Luft. „Das war Pokal pur“, meinte der Trainer der Rhein-Neckar Löwen, nachdem seine Mannschaft eine echte Nervenschlacht für sich entschieden hatte. Mit 12:17 lag der badische Handball-Bundesligist bei der MT Melsungen nach 36 Minuten zurück, doch am Ende bejubelten die Gelbhemden in der dritten Runde des DHB-Pokals einen 31:29-Erfolg nach Verlängerung. Als seine Mannschaft zu ertrinken drohte, warf Gudmundsson ihr in der Auszeit den Rettungsring zu. Entscheidend waren vier Faktoren.

Der Faktor Karol Bielecki: Wenn es spielerisch nicht läuft, sind die einfachen Tore von Bielecki aus dem Rückraum wichtig. So wie am Dienstag, als der wurfgewaltige Pole beim 12:17 aufs Feld zurückkehrte und seinen zwei Treffern aus der ersten Halbzeit sieben weitere Tore folgen ließ. „Es ist für uns alle leichter, wenn Karol trifft“, sagte Oliver Roggisch. Allerdings muss Bielecki dazu von seinen Kollegen in Szene gesetzt werden, was durch die Hereinnahme von Bjarte Myrhol gelang.

Der Faktor Bjarte Myrhol: Kreisläufer Róbert Gunnarsson kam nicht ins Spiel. Der noch von einer Chemotherapie geschwächte Myrhol betrat nach 36 Minuten die Platte. Die Folge: Der Norweger belebte das Angriffsspiel, wovon alle – insbesondere Bielecki – profitierten. „Bjarte hat Freiräume für unsere Rückraumspieler geschaffen und verfügt über eine unglaubliche Qualität, auch wenn er noch nicht bei 100 Prozent ist“, lobte Kapitän Uwe Gensheimer. Dass Myrhol nach seiner Krebserkrankung inklusive anstrengender Therapie so schnell so fit ist, konnte auch Gudmundsson kaum glauben: „Er hat mehr gespielt, als ich es geplant hatte. Seine Leistung war überragend. Drei Würfe, drei Tore – er hat uns sehr geholfen.“

Der Faktor taktische Flexibilität: Gudmundsson nahm in der Auszeit nicht nur personelle Änderungen vor, sondern stellte auch die Abwehr von einer 6:0- auf eine 5:1-Variante um. Diese Maßnahme stoppte den Melsunger Lauf. „Mit der Änderung unserer Abwehrformation hatte der Gegner große Schwierigkeiten“, analysierte Gensheimer. Immer wieder eroberten die Löwen den Ball und kamen so zurück ins Spiel.

Der Faktor Abgeklärtheit: Die Gelbhemden standen mit dem Rücken zur Wand, wurden aber nicht hektisch, sondern vertrauten auf die eigenen taktischen und personellen Möglichkeiten. „Wir haben uns nach einer schwierigen Phase erholt. Ich muss meiner Mannschaft für ihren tollen Charakter ein Kompliment aussprechen“, sagte Gudmundsson. Abwehrmann Roggisch meinte: „Wir haben uns nicht aus der Ruhe bringen lassen.“

Fazit: Die Löwen wirken gefestigter als vor einigen Wochen und können sich ungestört auf die Aufgabe am Freitag (19.45 Uhr) bei der HSG Wetzlar vorbereiten. Apropos Ruhe. Krzysztof Lijewski bezog zu erneuten Gerüchten, er werde bald für AG Kopenhagen spielen, Stellung: „Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich meinen Vertrag bis 2015 bei den Löwen erfüllen werde und mit dem Klub hohe Ziele erreichen möchte. Spekulationen zu meiner Zukunft sind nicht angebracht, denn ich habe mich mit ganzem Herzen für die Löwen entschieden.“

Von Marc Stevermüer