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Erschöpfte Löwen müssen am Sonntag in Wetzlar ran (RNZ)

Mannheim. Den Hals in einen dicken Schal gepackt, die Stimme leicht kratzig. Thorsten Storm war am Mittwochabend nicht in Topform, leicht erkältet, angeschlagen. Gelächelt hat der Manager der Rhein-Neckar Löwen trotzdem. Aber erst mit Verspätung, um kurz vor 22 Uhr, genau in dem Moment, als er feststand, der 37:30-Sieg über die HBW Balingen-Weilstetten. Und vorher? Wurde gezittert? Nein, aber leicht geärgert. Denn es lief nicht alles rund im „Ufo“. Das lag an den tapfer kämpfenden Schwaben, vor allem jedoch an den Gelben selbst: Auch die waren nämlich nicht in Topform, wirkten teilweise schläfrig. Storm weiß das, draufgehauen hat er dennoch nicht. Er hatte vielmehr Verständnis, sagte: „Die Mannschaft bewegt sich momentan mit der Reserve-Batterie. Alle haben Kilometer ohne Ende auf dem Buckel. Deshalb ziehe ich vor den Jungs den Hut.“

Gudmundur Gudmundsson tut das auch, den Finger legt er trotzdem in die Wunde. Der Isländer, ein Perfektionist durch und durch: „Unser Angriff war gut, mit unserer Abwehr war ich dagegen in allen Bereichen nicht zufrieden.“ Kritik, die sich belegen lässt – auch ohne Statistik. Ein Blick aufs nackte Ergebnis reicht: 30 Gegentore sind zu viel. Akzeptabel vielleicht gegen den THW Kiel, aber sicher nicht gegen Balingen, ein Kellerkind. Schuld am „Tag der offenen Löwen-Tür“ hatten alle. Bis auf einen: Niklas Landin. Der dänische Hexer war einmal mehr in Topform, entschärfte Würfe im Minutentakt.

Wie auch immer, letztlich bleibt es Kritik auf hohem Niveau. Denn eines war an diesem Mittwochabend nicht wegzudiskutieren: Ernsthaft in Gefahr waren Uwe Gensheimer und Co. nie. Immer, wenn die Schwabenpfeile mehr oder weniger bedrohlich nahe an die Löwen heranflogen, fuhren die ihre Krallen aus, legten einen kurzen Zwischenspurt hin. Offensiv war’s teilweise ein Feuerwerk. Das erkannte auch Gäste-Trainer Rolf Brack im Nachhinein neidlos an. Der Doktor: „Diesmal hatten wir Andy Schmid im Griff, Bjarte Myrhol auch, selbst Alexander Petersson kam nicht so zur Entfaltung, aber für Kim Ekdahl du Rietz hat es nicht gereicht. Er war Weltklasse.“

So kann man das sagen. Elf Treffer gingen auf sein Konto. Aber keine einfachen Tore. Der Schwede wirbelt bekanntlich auf der Königsposition, glänzt und kämpft im linken Rückraum. Dort, wo Spieler am Ball sind, die insbesondere eine Aufgabe haben: Tore aus dem Nichts erzielen, Treffer in Eigenregie. Ohne genialen Passgeber, ohne Tempo-Gegenstoß.

Und genau das machte du Rietz am Mittwoch mehrfach. Er brach auf eigene Faust durch, schraubte sich vor der Balinger Abwehrmauer hoch, nutzte jede noch so kleine Lücke. Sein Antritt ist unglaublich, seine Sprungkraft atemberaubend. Kurzum: Ist der Mann mit dem Zopf erst mal abgehoben, ist er nicht mehr zu stoppen. Gudmundsson ist ein großer Fan von ihm, er kennt seine Stärken genau. Überbewerten wollte Gudmi seine Leistung trotzdem nicht. „Dieser Sieg war ein Sieg der Mannschaft.“ Und der Außen. Von Uwe Gensheimer (7 Tore) und Patrick Groetzki (7), der Flügelzange. Zusammen brachten sie es auf 14 Tore.

Genau dort will das Duo am Sonntag weiter machen. Dann gastieren die Badener um 15 Uhr bei der HSG Wetzlar. „Das wird wieder kein leichtes Spiel für uns“, grübelt Gudmundsson, „wir werden uns nun etwas erholen und in Wetzlar wieder alles geben.“

Von Daniel Hund