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Erst den Faden, dann das Spiel verloren (RNZ)

Mannheim. Immerhin: Die Rhein-Neckar Löwen haben gezeigt, wie man gegen den THW Kiel gewinnen kann. Wenn alles perfekt läuft. Wenn es keine Schwächephasen gibt. Doch am Samstag beim Spiel gegen den Rekordmeister lief es nicht perfekt und die Konstanz fehlte auch. So mussten sich die Löwen nach der 27:30 (16:18)-Niederlage an die eigene Nase fassen: Da waren sie selbst schuld. Und nicht die Taktik oder das Schiedsrichtergespann Methe/Methe, das sich eigentlich wie immer in der SAP Arena mit fragwürdigen Entscheidungen unbeliebt machte.

Zunächst schien es nämlich, als würden die Löwen Kiel vor 9.511 Zuschauern ähnlich locker abfertigen wie bereits zuvor den Meister HSV Hamburg. Sie bürsteten den „Zebras“ förmlich die Streifen aus dem Fell. Es lief richtig gut in den ersten 20 Minuten. Mit bis zu vier Toren führte das Team von Trainer Gudmundur Gudmundsson bereits, als mit der Einwechselung von Börge Lund und Karol Bielecki nach dem 14:11 der Bruch folgte. Im Angriff stimmte kaum noch etwas, und die Kieler nutzten Fehlwürfe zu Kontern. Was nicht überraschen konnte, denn genau dafür sind die Schleswig-Holsteiner schließlich bekannt. „Kritik gibt es immer. Wechsle ich nicht, werde ich am Ende genau dafür kritisiert, weil Sesum und Schmied dann völlig platt gewesen wären und ihre Leistung nicht mehr hätten abrufen können“, erklärte Gudmundur Gudmundsson. „Aber um eines klarzustellen: Ich vertraue allen meinen Spielern und werde die Niederlage nicht an Karol und Börge festmachen.“

Die Kieler, die nach dem Rückstand verunsichert gewirkt hatten, bekamen natürlich Aufwind, die THW-Abwehr wurde besser und Keeper Thierry Omeyer, der zunächst – ganz im Gegensatz zum Löwen-Torhüter Goran Stojanovic – keinen Stich gemacht hatte, wurde immer stärker und die Löwen, bei denen (noch) Linkshänder Krzysztof Lijewski pausierte, zollten dem hohen Tempo Tribut.

Da zudem die „Zebras“ bei Methe/ Methe unter Artenschutz standen, wurden die Löwen immer wieder, wenn sie den Anschluss geschafft hatten, zurückgepfiffen. Nein, Heimschiedsrichter waren die beiden Brüder in Mannheim noch nie. Selbst die Showeinlage von Omeyer, der sich nach einem Wortgefecht mit Uwe Gensheimer theatralisch auf den Boden warf, obwohl er vom neunfachen Löwen-Torschützen nicht einmal berührt worden war, wurde nicht bestraft. Dafür Gensheimer wegen eine Lappalie für zwei Minuten auf die Bank geschickt. Die Stimmung in der Arena kochte fast über, nach dem Schlusspfiff wurden Methe/Methe zu ihrem Schutz von der Security aus der Halle geleitet.

„Es war ein enges Spiel. Nach 14 Minuten sah es so aus, als würden wir verlieren, danach haben wir sehr gut gespielt“, sagte Kiels Trainer Alfred Gislason. „Nach 20 Minuten haben wir unsere Linie verloren. Es wurde zu früh geworfen und das ergab Gegenstöße“, meinte „Gudmi“. „Die zweite Halbzeit war teilweise sehr gut, aber es gab auch schwache Phasen. Die Mannschaft hat toll gekämpft. Aber unser Kader ist ganz dünn, es ist deshalb nicht möglich, über 60 Minuten auf höchstem Niveau zu spielen.“ Also umgekehrte Vorzeichen zu der letzten Saison, als die „Zebras“ hinkten und mit einer Verletzungsmisere kämpften und beide Punktspiele gegen die Löwen verloren. In dieser Saison aber, das zeigte sich in der SAP Arena, führt die Meisterschaft nur über den THW.

Von Hasso Waldschmidt