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Erst der große Schock, dann die schöne Gala

Kassel. Es war noch keine Minute gespielt, doch die Miene von Trainer Gudmundur Gudmundsson verfinsterte sich schon vor dem Spiel der Rhein-Neckar Löwen bei der MT Melsungen. „Bjarte Myrhol fehlt uns weiterhin, Børge Lund fällt auch noch aus“, verkündete der Isländer schlechte Nachrichten, die ihm ein unwohles Gefühl in der Magengegend bereiteten. Gudmundsson schwante Böses: „Das wird hammerhart für uns.“ Ein paar Stunden später drückte das Gesicht des Trainers etwas anderes aus: Freude machte sich breit, der 50-Jährige lachte. Denn auch ohne seine beiden Abwehr-Asse gewann der Handball-Bundesligist gestern beim nordhessischen Abstiegskandidaten deutlich mit 37:28 (17:8).

„Das war unser Tag. Meine Mannschaft hat sehr gut gespielt“, sagte Gudmundsson, dessen Team jederzeit Herr der Lage war. Das wird vermutlich am Mittwoch beim Kracher in Kiel ganz anders sein. Zumal dort erneut der Ausfall von Lund droht, der wegen Rückenbeschwerden passen musste. Der Norweger wird heute genauer untersucht, sogar das vorzeitige Saison-Aus ist nicht ausgeschlossen. Und ob Bjarte Myrhol seine muskulären Probleme bis übermorgen überstanden hat, ist ebenfalls fraglich.

Und so kehrten die Löwen auch mit ein paar Sorgen aus Nordhessen zurück, wenngleich der starke Auftritt in der Kasseler Rothenbach-Halle Mut für die nächsten Aufgaben machen sollte. Zarko Sesum übernahm Lunds Rollen in Abwehr und Angriff – und machte seine Sache richtig gut. Zusammen mit Oliver Roggisch ließ er im Mittelblock nichts anbrennen. „Unsere Abwehrleistung in der ersten Halbzeit hat mich besonders gefreut“, lobte Gudmundsson, der einen aus dem starken Kollektiv heraushob: „Sesum hat überragend in der Deckung gespielt, war aber auch im Angriff gut.“

Lediglich bis zum 2:2 (4.) hielt Melsungen mit, danach war es um den Abstiegskandidaten geschehen. Die Löwen erkämpften sich immer wieder den Ball und kamen bis zum 5:15 (26.) über Gegenstöße zu vielen einfachen Toren.

Heute Auslosung

Nach der Pause gönnte Gudmundsson Karol Bielecki (4 Tore) und Gudjon Valur Sigurdsson (7) viel Einsatzzeit. „Ich bin sehr zufrieden mit diesen beiden Jungs“, freute sich der Trainer, dass seine zwei „Sorgenkinder“ ihre Chancen nutzten. Michael Müller (2) durfte nach langer Verletzungspause ebenfalls wieder ran. In der ersten Halbzeit spielte er nur in der Abwehr, nach der Pause agierte er auch im Angriff. Die Löwen hatten Spaß – und bauten ihren Vorsprung zwischenzeitlich auf 13 Treffer (19:32/51.) aus.

Heute richten sich die Blicke der Gelbhemden nach Wien, wo die Viertelfinalpartien in der Champions League ausgelost werden. Neben dem THW Kiel sind Ciudad Real, Medwedi Tschechow und HB Montpellier die möglichen Gegner. „Wir sollten nicht darauf hoffen, ein vermeintlich leichtes Los zu bekommen, sondern lieber alles dafür tun, damit wir besser als der Gegner sind“, entschied sich Ólafur Stefánsson dafür, nicht auf das Losglück zu vertrauen. Alles andere hätte auch nicht zu ihm gepasst.

Von Marc Stevermüer

 04.04.2011