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Erwacht aus einem Traum (RNZ)

Mannheim. Die Köpfe hingen, die Schultern auch. Und der Blick erst: völlig leer war der. Wie ein Häufchen Elend schlichen die Rhein-Neckar Löwen am Mittwochabend von der Platte. Nachvollziehbar, nach dem Absturz, nach dieser Vorführung im eigenen Wohnzimmer. Das 17:28 gegen den Meister war ein Tiefschlag. Ein Abschuss, mit dem im Vorfeld niemand gerechnet hatte. Nicht nach 13 Siegen in Serie, nicht nach diesen rauschenden gelben Handball-Festen.

Doch Kiel ist eben Kiel. Dort sind Ausnahme-Könner unter sich, die Crème de la Crème. Thorsten Storm nickt: „Diese Mannschaft ist die beste der Welt. Und wenn die dann auch noch einen guten Tag erwischt…“

Ehrfurchtsvoll wirkte er, der Manager der Löwen, als er das sagte. Unsanft geweckt, erwacht aus einem Traum – zurück in der Realität. Von einem Alptraum wollte er aber nichts wissen. Der Ex-Kieler: „Ganz klar, wir machen weiter und werden wieder aufstehen.“

Und wenn es anders kommt? Was, wenn das Debakel von Kiel nachwirkt, wenn es einen Knacks nach sich zieht? Es wäre nicht das erste Mal. Der Sport ist manchmal so, kennt kein Erbarmen. Gudmundur Gudmundsson weiß das. Schiebt es aber von sich. Er bleibt positiv, hat großes Vertrauen in sein Personal. „Ich habe keine Angst vor einem Einbruch. Wir sind gut und können zusammen viel erreichen.“ Und dann begann er zu rechnen. Grinsend tat er das: „Gut ist, dass wir im Endeffekt nur zwei Punkte verloren haben. Nicht mehr und nicht weniger.“

Trotzdem: Im Gipfeltreffen, das sich zu einem einseitigen Scheibenschießen entwickelte, wurde eines ganz offensichtlich: Den Löwen fehlt die nötige Frische. Das deutete sich bereits in den Spielen zuvor an. Storm verpackte das Scheitern anders: „Wir hatten diesmal einfach nicht unseren besten Tag. Das passiert mitunter und wenn es gegen Kiel passiert, wird es eben schnell richtig bitter.“

Wie auch immer, dem einen oder anderen Löwen würde eine Pause gut tun. Kim Eckdahl du Rietz zum Beispiel. Der Rückraum-Kunstschütze wirkt derzeit saft- und kraftlos. Und gerade seine Tore, die aus dem Nichts, fehlen dem entthronten Tabellenführer. Storm bezeichnete den Auftritt seines Vorzeige-Schweden gegen Kiel als „verwachst“, verkorkst. Hört man da etwa einen kleinen Vorwurf heraus? Nein, im Gegenteil: „Kim hat einen wesentlichen Anteil an unserem Super-Start. Es gehen eben nicht immer hundert Prozent.“ Sagt Storm, der Verständnisvolle.

Apropos hundert Prozent, auf der linken Außenbahn ist man derzeit weit vom Optimum entfernt. Nachdem sich Uwe Gensheimer schwer verletzt hat, bauen die Gelben dort auf Kevin Bitz, der eigentlich im Rückraum zuhause ist. Gegen den Titelhamster von der Ostsee machte der Nachwuchsmann seine Sache gut, doch eine Dauerlösung, eine für den Rest der Saison, ist er nicht.

Die Suche nach einem Ersatz hat hinter den Kulissen deshalb längst begonnen. Und es gibt täglich neue Namen, die durch den Blätterwald geistern. Genannt wurden unter anderem Charlie Sjöstrand, Sefan Rafn Sigurmansson oder Andreas Kunz. Lösungen, die aber keine sind. Zumindest für die Löwen nicht. Laut Storm spielen sie in den Planungen der Badener keinerlei Rolle.

Möglich ist, dass sogar zwei Spieler kommen. Einer bis Ende des Jahres, bis zur WM-Pause und einer für danach. Der eine könnte Lars Christiansen, 40, der Ex-Flensburger, der mittlerweile eigentlich in Handball-Rente ist, sein. Storm schmunzelnd: „Lars ist ein guter Freund von mir, war aber lange nicht am trainieren, was sich aber mittlerweile geändert hat.“ Oder anders ausgedrückt: Wenn es die Fitness zu lässt, könnte der Däne bereits im nächsten Bundesligaspiel der Löwen auf dem Spielberichtsbogen auftauchen.

Für das neue Jahr wird dann eine andere Lösung angestrebt. Eine langfristige. „Nach Möglichkeit soll ein Spieler kommen, der uns auch über die Saison hinaus helfen kann“, stellt Storm klar. Und weiter: „In der nächsten Saison werden wir definitiv zwei Linksaußen haben.“

Doch das ist Zukunftsmusik, momentan zählt nur Diomidis Argous. Bei den Griechen steigt am Sonntag um 18.30 Uhr das Drittrunden-Rückspiel im EHF-Cup. Das Hinspiel gewannen die Löwen im Schongang mit 37:17. Ein weiterer Spaziergang scheint vorprogrammiert zu sein.

Von Daniel Hund