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„Es kann noch viel passieren“
Heidelberg/Jönköping. Auch am Tag danach war sie noch im Keller, die Stimmung. Gudmundur Gudmundsson wirkte gestern nachdenklich, in sich gekehrt, richtig enttäuscht. Der Erfolgstrainer der isländischen Handball-Nationalmannschaft, der im „Hauptberuf“ bei den Rhein-Neckar Löwen als Chefcoach die Fäden zieht, konnte es nämlich noch immer nicht fassen: Ausgerechnet gegen Deutschland, ausgerechnet im ersten Hauptrunden-Spiel kassierten seine Eiskrieger die erste Pleite bei den globalen Titelkämpfen in Schweden. Vor allem das Wie wurmte ihn. Seine Analyse: „Keine Abwehr, kein Angriff. Was wir diesmal gezeigt haben, war einfach viel zu wenig.“
Folglich begab er sich auf die Suche, fahndete nach dem Warum, dem Grund für das erste Negativ-Erlebnis bei der Weltmeisterschaft. Ein ausgiebiges Videostudium half ihm dabei. Zwischen Trainingshalle und Fernsehraum nahm er sich Zeit für ein RNZ-Interview.
> Gudmundur Gudmundsson, wie fällt Ihr Fazit zum Deutschland-Spiel aus?
Nun ja, gerade gegen die deutsche Mannschaft waren wir zum ersten Mal in diesem Turnier richtig schlecht. Insbesondere vor der Pause stimmte in unserer Abwehr nicht viel. Wir haben viel zu viele Gegenstoß-Tore kassiert. Nach der Halbzeit wurde es hinten drin dann besser. Die Angriffsleistung war hingegen 60 Minuten lang äußerst durchwachsen. Unter dem Strich muss man einfach sagen: Deutschland war besser und hat verdient gewonnen. Und wir sind natürlich sehr, sehr enttäuscht.
> Was bedeutet diese Niederlage nun für die isländischen WM-Ambitionen? Wie realistisch ist das Halbfinale?
Momentan beschäftige ich mich nicht mit Rechenspielen. Ich schaue nur von Spiel zu Spiel. Demnach zählt derzeit nur Spanien. Gegen sie müssen wir nun einfach gewinnen. Was nicht leicht wird, aber machbar ist, wenn wir mit voller Konzentration an die Aufgabe herangehen. In Sachen Halbfinale glaube ich, dass bei diesem Turnier noch sehr viel passieren kann. Und zwar in alle Richtungen.
> In Schweden ist quasi die komplette Mannschaft der Löwen am Start. Verfolgen Sie deren Auftritte?
Klar, so gut das eben möglich ist. Wichtig ist aber in erster Linie, dass sich von ihnen bislang offenbar keiner verletzt hat.
Von Daniel Hund
24.01.2010