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Gensheimer sieht Eishockey als Vorbild (MM)

Im Kampf um mehr Aufmerksamkeit und mediale Inszenierung empfiehlt der Löwen-Kapitän seiner Sportart einen Blick zu den Kufencracks

MANNHEIM. Lange war er in weiter Ferne, ein Projekt. Der „Tag des Handballs“ spielte bei den Profis der Rhein-Neckar Löwen fast ein Jahr keine Rolle. Doch morgen steigt die Mega-Veranstaltung, die „äußerst wichtig für unsere Sportart und eine große Chance ist“, wie Uwe Gensheimer sagt. Dem Löwen-Kapitän ist der Schulterschluss zwischen Amateur- und Profisport sehr wichtig. Er macht immer wieder deutlich, dass es in der Frankfurter Commerzbank-Arena nicht nur um das Bundesligaspiel zwischen seinem Klub und dem HSV Hamburg (18.15 Uhr) geht.

„Diesen Tag muss die Handball-Familie nutzen, um unseren Sport nach den vielen Negativschlagzeilen der vergangenen Monate endlich wieder in ein positiveres Licht zu rücken“, hat der Handballer des Jahres das große Ganze im Blick und freut sich auf die „besondere Situation, in einem Fußballstadion zu spielen“. Der Linksaußen ist auf die Atmosphäre gespannt und kann sich noch nicht vorstellen, wie die Stimmung rüberkommt: „Weil die Zuschauer ein bisschen weiter weg vom Spielfeld sind.“ Beirren lassen will er sich davon aber nicht: „Ich hoffe auf ein Handball-Fest, bei dem wir das Feld als Sieger verlassen.“

Der Rechtshänder macht sich so seine Gedanken um den Handball. Er ist bekannt dafür, über den Tellerrand hinauszuschauen. Wie wird sein Sport attraktiver, wie können noch mehr Fans und Sponsoren gewonnen werden? Gensheimer, ein Kind der Eishockey-Stadt Mannheim, blickt Richtung DEL. „Die Deutsche Eishockey Liga ist mit ihrem Fernsehpartner ServusTV einen spannenden und interessanten Weg gegangen. Da bekommen die Zuschauer einen richtig coolen Einblick, was genau passiert. Einzelne Spieler haben Mikrofone, es werden live O-Töne in die Übertragung eingespielt. In den Kabinen gibt es Kameras, die zwar ohne Ton sind, aber das gibt trotzdem einen tollen Einblick hinter die Kulissen“, lobt der Kapitän die Eishockey-Strategie: „Man ist ganz nah dran. Jeder Sportinteressierte bekommt da noch mehr Hintergrundwissen. Das sind Wege, die der Handball auch gehen kann, um noch mehr Leute für unsere Sportart zu begeistern.“

Apropos Begeisterung: Die lösten die Löwen in der vergangenen Saison in der Rhein-Neckar-Region aus. Auch Gensheimer ist das nicht entgangen. Die Euphorie sei spürbar gewesen, was auch am erfolgreichen und attraktiven Handball seiner Mannschaft gelegen habe, glaubt der 27-Jährige, der in dieser bis dahin nicht gekannten Begeisterung eine Verpflichtung sieht: „Für uns ist das ein Ansporn: Wir werden alles dafür tun, um weiterhin durch Leistung zu überzeugen.“

„Werden um Topplätze mitspielen“

Zuletzt gelang das gegen den HC Erlangen recht eindrucksvoll. Ohne Minuspunkt stehen die Löwen an der Tabellenspitze, nach dem Drama in der vergangenen Saison nehmen sie noch einmal einen Anlauf Richtung Meisterschaft. Es ist vielleicht die letzte Chance des badischen Ensembles auf den wichtigsten aller Titel, verlassen mit Niklas Landin und Bjarte Myrhol doch nach dieser Runde gleich zwei Leistungsträger den Verein. „Ich will gar nicht über die Meisterschaft reden. Für uns geht es darum, eine gute Saison zu spielen und dann werden wir sehen, was möglich ist und wie weit wir nach oben kommen“, meint Gensheimer, der in Kiel – trotz des erneuten Patzers des Rivalen in Balingen – den Favoriten sieht und einräumt, dass der THW durchaus eine neue Ära einläuten könnte: „Mit Blick auf die Transfers und die Altersstruktur haben die Kieler sicherlich eine Mannschaft zusammen, die in den nächsten Jahren immer der erste Anwärter auf den Titel sein wird.“

Da wäre zum Beispiel Weltklasse-Torwart Landin, der die Badener nach dieser Saison Richtung Kiel verlässt. Und auch Ex-Löwen-Manager Thorsten Storm heuert bald bei den Norddeutschen an. Gensheimer hingegen erlag vor einem Jahr nicht dem Lockruf des THW und verlängerte seinen Vertrag bei den Gelbhemden. Ärgert es ihn, dass die Kollegen seinem eindrucksvollen Signal keine weiteren Zeichen folgen ließen? „Nein, von Enttäuschung kann keine Rede sein“, macht der 27-Jährige unmissverständlich klar: „Jeder muss für sich selbst wissen, was das Beste ist. Ich bin davon überzeugt, dass die Löwen für die nächsten Jahre sehr gut aufgestellt sind und um die Topplätze spielen werden.“

Von Marc Stevermüer