Veröffentlichung:

Glück im Unglück für die Löwen (RNZ)

Mannheim. Nein, glücklich sahen die Löwen nicht aus nach dem Schlusspfiff. Dabei hatten sie doch so viel Glück gehabt, hatten einschonverloren geglaubtes Spiel noch herumgerissen und gegen Melsungen ein 30:30 (17:15)-Unentschieden geschafft. Eine gute Minute vor Spielschluss hatten die Gäste mit ihrem Trainer Michael Roth noch mit 28:30 geführt – sie hätten sich einfach nur Zeit zu lassen brauchen und der Sieg wäre ihnen sicher gewesen.

Aber da war wohl der Ehrgeiz des ehemaligen Löwen Grigoris Sanikis an alter Wirkungsstätte und vor 5.513 Zuschauern einfach zu groß. Der Grieche warf zunächst am Tor vorbei – im Gegenzug verwandelte Patrick Groetzki den Konter 40 Sekunden vor Schluss zum 29:30. Dann unterlief Sanikis ein Fangfehler, Börge Lund lief den Konter und erzielte den überaus glücklichen Ausgleich.

Aber die Ansprüche der Rhein-Neckar Löwen sind natürlich ganz andere, als mühsam Punkte gegen Mannschaften zu sammeln, die man hinter sich lassen möchte. Vor allem zu Hause, in der SAP Arena, die man mit solchen Leistungen natürlich nur schwer füllen kann. Und sie hatten es durchaus drin, die Nordhessen mit einer deutlichen Niederlage wieder nach Hause zu schicken. Mit 21:16 führte die Mannschaft von Trainer Gudmundur Gudmundsson bereits Anfang der zweiten Halbzeit, ehe die Löwen mit vielen Fehlern die Gäste wieder ins Spiel brachten. „Wir haben das Spiel wieder aus den Händen gegeben. Wir haben mit fünf Toren geführt und dann zwei, drei dumme Sachen gemacht, statt auf sieben zu erhöhen“, sagte der enttäuschte Spielmacher Andy Schmid. Die Abwehrleistung stimmte nicht mehr und die Löwen-Keeper hatten auch keinen guten Tag erwischt. Es passierte, was nach der Niederlage in Hannover ein für alle Mal abgestellt sein sollte: Der Schlendrian kehrte ins Spiel der Löwen ein. Es wurde Melsungen leicht gemacht.

„Es war sehr glücklich, dass wir einen Punkt gewonnen haben“, sagte Manager Thorsten Storm, „es ist schade, weil die Mannschaft gezeigt hat, dass es geht. So etwas darf uns nicht passieren.“ Aber es passiert immer wieder. Schon seit Jahren. Seit dem Wiederaufstieg im Jahr 2005 leisten sich die Löwen diese Stolperer gegen vermeintlich schwächere Gegner. Seit Jahren wird die fehlende Konstanz bemängelt. Vergebens.

Woran es lag beim Remis gegen Melsungen, das hatte „Gudmi“ erkannt. „Die Torhüterleistungen waren nicht gut genug, und die Wurfquote in den letzten 15 Minuten auch nicht. Es wurde zu früh und zu schlecht geworfen“, sagte der Trainer. „Wenn wir zu Hause mit fünf Toren führen, dann müssen wir auch gewinnen, aber wir haben denen einfach den Ball gegeben.“

Trotz des überraschenden Ausgleichs also eindeutig ein Punktverlust für die Löwen, wohingegen sich die Gäste nach dem ersten Schock richtig freuen konnten. „Ein Riesenkompliment an meine Mannschaft. Wenn man bei den Löwen mit fünf Toren zurückliegt und dann noch einmal rankommt, zeigt das den großen Kampfgeist“, sagte Michael Roth. „Wir werden in Zukunft nicht zurück, sondern nach oben schauen.“ Und dem Pokalspiel der dritten Runde am 25. Oktober können die Melsunger nun auch etwas gelassener entgegensehen. Denn dann haben sie auch noch Heimrecht gegen die Rhein-Neckar Löwen.

Von Hasso Waldschmidt