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Storm: „Es gibt nichts mehr schönzureden“ (RNZ)

Mannheim. Er stand einfach nur da, regungslos, ohne jegliche Körperspannung. Den Daumen am Kinn, den Zeigefinger an der Stirn und die rechte Schulter seitlich gegen das Tribünengeländer gestemmt. Thorsten Storm, der Manager der Rhein-Neckar Löwen, war abgetaucht, versunken in seine eigene Welt. Und die war am Samstagabend dunkel und grau, nicht rosarot. Es herrschte Untergangstimmung vor und in den Katakomben, blankes Entsetzen über einen Punktgewinn, der keiner war.

Gerade in solchen Momenten greifen Manager häufig tief in die Trickkiste, versuchen zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Storm kennt diese Spielchen, doch für ihn gab es diesmal nichts zu beschönigen. Nichtnachdieser Partie, nichtnach diesem Einbruch. Storm, der Enttäuschte: „Ich bin restlos bedient. So etwas geht gar nicht, auch weil es völlig unnötig gewesen ist.“

Im Hintergrund huschten derweil die Melsunger vorbei. Einer nach dem anderen. Sie grinsten, lachten, feierten den Punkt wie einen Sieg. „Uns reicht der ja auch“, schmunzelte Melsungens Trainer Michael Roth. Storm, dem der eine nicht reicht, nahm den Ball auf: „Eigentlich hättet ihr heute zwei verdient gehabt.“ Ehrliche Worte – und schwere. Denn wer Storm kennt, der weiß: Leicht fällt ihm so ein Satz nicht. Dazu ist er zu ehrgeizig, zu sehr auf Erfolg getrimmt.

Aber es half alles nichts. Am Samstag musste er einige dieser Sätze sagen, als Antworten auf viele unangenehme Fragen. Von links, von rechts, von überall wurde er gelöchert. Storm war in der Mixed Zone mittendrin statt nur dabei: Unmittelbar nach Spielschluss war er der Einzige, der sich dem Rede- und Antwortspiel stellte. Was dankend angenommen wurde: Er wurde eingekreist, umzingelt von einem Pulk von Journalisten. Und alle warteten nur auf eines: den Rundumschlag. Doch der kam (noch) nicht. Storm vermied es draufzuhauen. Er kritisierte nur am Rande, sprach von einer „Torhüterleistung, die leider viel zu wenig war“ und von einem „Angriff, dem die letzte Konsequenz fehlte, als man den Sack hätte zumachen können.“

Widersprechen kann man ihm da nicht. Ergänzend einwirken hingegen schon. Zum Beispiel im Bezug auf die Rückraum-Leistung der Gelben. Am Samstag war das eine One-Man-Show. Nur Zarko Sesum strahlte Torgefahr aus. Gut, auch Krzysztof Lijewski traf vier Mal, benötigte dafür jedoch gefühlte zehn Versuche. Und was ist auf der anderen Seite los? Wo ist Karol Bielecki? Seit Wochen kommt er nicht mehr über den Status des Ergänzungsspielers hinaus. Ein Mann mit seinen Qualitäten, der den Anspruch hat, die Nummer eins auf Halblinks zu sein, muss mehr zeigen. Tore aus dem Nichts, das ist es, was von ihm erwartet wird.

Gudmundur Gudmundsson ist derzeit wahrlich nicht zu beneiden. Der Isländer muss sich mit etlichen Baustellen auseinandersetzen. Und er steht dabei unter akutem Zeitdruck. Viele dieser Auftritte dürfen sich die Löwen nämlich nicht mehr erlauben. Ansonsten droht die Saison im Chaos und zudem auch vor leeren Rängen zu enden. „Die Zuschauerresonanz entscheidet sich auf dem Spielfeld“, holt Storm tief Luft und legt nach: „Die sportliche Leistung geht jetzt seit vier Jahren rauf und runter. Ich erkenne leider die sportlichen Ziele eines jeden Einzelnen bei uns nicht bis in die letzte Konsequenz.“

Hört sich verzweifelt an, fast schon resignierend. Schuld ist die Tabelle. Storm: „Wir haben jetzt fünf Minuspunkte auf dem Konto. Verletzungen hin oder her. Da gibt es nichts mehr schön zu reden. Das sind bei unseren Ansprüchen drei Miese zu viel. Mindestens!“

Es wird ein ungemütlicher Herbst im Löwengehege …

Von Daniel Hund