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Große Worte, große Taten (MM)

Entscheidende Tore im Junioren-EM-Finale – Jubel um Löwen-Neuzugang Tim Suton

LINZ. 90 Sekunden sind am Sonntag im dramatischen Finale der Handball-Junioren-EM noch zu spielen. Es steht 24:24 zwischen Deutschland und Schweden. Die Spannung steigt, der Druck auch. Wer fasst sich ein Herz? Wer übernimmt die Verantwortung? Wer trifft die richtige Entscheidung? Tim Suton weiß in dieser Phase, was auf dem Spiel steht. Ein Tor – und er ist der Held. Ein Fehlwurf – und er ist die tragische Figur. Doch an die zweite Variante denkt der 18-Jährige überhaupt nicht. Er macht sein Ding, vertraut auf seine Stärke. Und wird dafür belohnt.

Mit Dynamik und Überzeugung stürmt er auf die schwedische Abwehr zu. Ein Wurf wie ein Strich. Tor, 25:24. Ein typischer Suton-Treffer. „Es ist selten, dass jemand in diesem Alter körperlich so weit ist“, meint DHB-Manager Heiner Brand. Sekunden vor dem Schlusspfiff des Finals legt der Neuzugang der Rhein-Neckar Löwen, der von der HG Saarlouis kam und in der vergangenen Saison als 18-Jähriger Torschützenkönig der 2. Bundesliga wurde, das 26:24 nach. Schlusspfiff! Jubel! Europameister! Und mittendrin Matchwinner Suton.

„Ich habe bewusst die Verantwortung übernommen“, meint der Rückraumspieler am Tag danach. Im Nachhinein lässt sich das zwar gut sagen. Doch wer den Junioren-Nationalspieler kennt, der weiß genau, dass der Rechtshänder die großen Herausforderungen liebt. „Ich habe keine Angst.“ Dieser Satz ist vom 1,91-Meter-Mann immer wieder zu hören. Manch einer wirft ihm deshalb Arroganz vor, zumal er sogar einmal das Ziel formulierte, der jüngste Welt-Handballer aller Zeiten werden zu wollen. Doch er steht zu dieser Aussage – und gerade das macht ihn in dieser Zeit, in der Führungsfiguren im deutschen Handball vermisst werden, nicht nur zu einem Hoffnungsträger, sondern irgendwie auch sympathisch.

„Dieser Titel ist ein Super-Erfolg“, sagt der umjubelte Matchwinner gestern, als er nach einer langen Feier „ein bisschen müde“ im Zug auf dem Rückweg von Linz in die saarländische Heimat sitzt: „Aber ich glaube nicht, dass mir der EM-Sieg einen zusätzlichen Schub geben wird.“ Suton weiß, dass er sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen darf und dass es bei den Löwen ganz anders als bei einer Junioren-EM zugehen wird. Auch diese Reife, gepaart mit dem stets in die Zukunft gerichteten Blick, zeichnet ihn aus.

Für einen 18-Jährigen, der gerade zum EM-Helden wurde, ist das nicht selbstverständlich. Doch der Rückraum-Mann will mehr, den großen Durchbruch auf der großen Bühne schaffen. Stichwort Welt-Handballer. „Tim ist ein riesiges Talent, aber er hat den ersten Teil der Saisonvorbereitung bei uns verpasst“, gibt der neue Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen zu bedenken. Allerdings ist der Däne für seine gute Arbeit mit Nachwuchskräften bekannt. Das weiß Suton, der sich ab Donnerstag im Training selbst einen Eindruck verschaffen wird. Und spätestens dann ist für ihn auch der Titel vergessen.

Von Marc Stevermüer