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Gudjonsson kam, sah und traf

Der neue Löwen-Spielmacher erzielte ein Tor beim Kurz-Debüt

Mannheim. Von weitem sah es aus wie ein Rock. Weiß und bodenlang. Snorri Gudjonsson, der Isländer mit den flinken Beinen, der neue Mittelmann der RheinNeckar Löwen, breitete sein Handtuch akkurat auf seinen Oberschenkeln aus. Der 27 Jährige schmorte gegen die TuS N Lübbecke bis zur 51. Spielminute auf der Ersatzbank, ließ alles auf sich wirken: Stets in der Hoffnung, dass der erste Einsatzbefehl von Trainer Ola Lindgren schon noch kommen würde. Mitte der zweiten Halbzeit wurde Gudjonsson dann ungeduldig. Also half er ein wenig nach: Mit traurigem Blick fixierte er Lindgren. Immer und immer wieder. So als wollte er sagen: ,,Ola mach hin, ich will endlich rein.“
Neun Minuten vor dem Ende war es dann so weit: Gudjonsson kam, sah und traf: Das 26:22 ging auf seine Kappe, offenbarte seine große Stärke: Er liebt 1:1 Situationen. Ein kurzer Wackler und vorbei war er, der 1,86 Meter Mann. Das Tore schießen ist aber nicht seine primäre Aufgabe, als Vorbereiter wurde er geholt, als Stratege zwischen den Kreisen. Und so sieht er sich auch: ,,Ich bin ein Mannschaftsspieler und will meinen Mitspielern weiterhelfen“, grinst er verlegen.
Ein weiterer Vorteil: Gudjonssons Deutsch Kenntnisse sind sehr gut. Verständigungsprobleme wird es nicht geben. Seine Kommandos auf der ,,Platte“ gibt er beinahe akzentfrei. Sein ,,Deutschunterricht“ dauerte vier Jahre: In Großwallstadt (2003 bis 2005) und in Minden (2005 bis 2007) ging er in die Sprachlehre. Bei den Mainfranken sortierte ihn letztlich übrigens ein Kurpfälzer aus: Michael Roth schickte ihn weg. Er passte nicht zu seiner Handball Philiosophie. Der Ex Nationalspieler, der mittlerweile in Wetzlar als Trainer arbeitet, erinnert sich: ,,In der Abwehr ist Gudjonsson nicht zu gebrauchen, deshalb habe ich ihn durch Heiko Grimm ersetzt.“
Ein Problem, das bei den Gelbhemden bekanntlich keines ist. Roth beurteilt es ähnlich: ,,Mit Oliver Roggisch haben die Löwen einen reinen Abwehrspezialisten unter Vertrag. Beide können sich abwechseln.“ Skeptisch ist der ehemalige ,,Krösti Trainer“ dennoch: ,,Man muss abwarten, ob es bei Gudjonsson für die Champions League reicht.“
Wie auch immer, große Auftritte sind für ihn nichts Neues. Seine Anreise am Freitag hatte schon etwas vom ganz großem Kino: Mit dem Privatjet von Jesper Nielsen schwebte der Ballwerfer in Speyer ein. Danach ging’s per Chauffeur ab in die SAP Arena zum Abschlusstraining. Um 19.10 Uhr trudelte Gudjonsson ein. ,,Zehn Minuten zu spät, da ist gleich mal Geld in die Mannschaftskasse geflossen“, scherzt Manager Thorsten Storm.
Eine Wohnung hat er logischerweise noch nicht. Aber das ist nicht tragisch. Sein Landsmann Gudjon Valur Sigurdsson hilft aus. Der Kapitän beherbergt ihn. Beide kennen sich gut, ,,sind Kumpels“, wie Gudjonsson sagt. Dass er nun mit ihm gemeinsam durch die europäischen Handball Tempel saust, kann der gebürtige Reykjaviker noch immer nicht fassen: ,,Am vergangenen Dienstag hat mich Thorsten Storm erstmals kontaktiert, natürlich habe ich sofort zugesagt: Diese Chance musst du einfach nutzen.“
Was die wenigsten wissen: Der Eiskrieger wäre um ein Haar schon einmal bei den Badenern gelandet. Als Gudjonsson in Großwallstadt 2005 aussortiert wurde, hatte ihn die SG Kronau/Östringen nachweislich an der Angel. Er sollte damals die Nummer zwei hinter Mittelmann Andrej Siniak werden.
In Sachen Alexis Alvanos, der bereits kurz nach seiner Verpflichtung im November 2008 schon wieder ein Auslaufmodell war, gibt es keine Neuigkeiten. ,,Sein Berater schaut sich um, sucht nach einem anderen Verein“, berichtet Storm. Wann der neue rechte Flügelflitzer, die Ergänzung zu Patrick Groetzki, in Mannheim einfliegt, wollte Storm hingegen nicht verraten.

Von Daniel Hund