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Gudmundsson – ein emotionaler Analytiker

Mannheim. Gudmundur Gudmundsson macht keine Pausen. Der Trainer der Rhein-Neckar Löwen lebt für den Handball, er liebt diesen Sport über alles. Gestern bat der neue Coach seine Bundesliga-Mannschaft zwei Mal zur Übungseinheit, zwischendurch beschäftigte er sich mit dem nächsten Gegner TSV Hannover-Burgdorf (Mittwoch, 20.15 Uhr/ SAP Arena).

„Ich bin gerade bei der Analyse“, sagte Gudmundsson am Mittag, als er nach den Stärken der Niedersachsen gefragt wurde: „Wir treffen auf einen Gegner mit einer gut organisierten 6-0-Abwehr.“ Ein paar Minuten später – als das Gespräch schon beendet war – rief der Isländer noch einmal bei dieser Zeitung an und berichtete von weiteren Erkenntnissen: „Manchmal spielt Hannover mit einer 3-2-1-Formation.“

Der 49-Jährige ist ein akribischer Arbeiter, der wirklich nichts dem Zufall überlässt. Das wurde auf dem Flug zur Champions-League-Partie in Barcelona deutlich, als er sich auf seinem Notebook immer wieder geduldig und aufmerksam die Spielzüge des Gegners anschaute. Er saß still auf seinem Sitz und saugte die Taktik der Katalanen förmlich auf.

Gudmundsson kann aber auch ganz anders: Wenn die Partie läuft, steht der Trainer unter Strom. Er gestikuliert wild. Er dirigiert lautstark. „Der fegt an der Linie rauf und runter“, staunte der stellvertretende Aufsichtratsvorsitzende Dieter Matheis nicht schlecht. Keine Frage: Der Trainer lässt seine Emotionen heraus und ist der Gegenentwurf zu seinem Vorgänger Ola Lindgren, der den Löwen-Bossen zu introvertiert war. Dass der Schwede ein ruhiger Typ ist, wusste die Klubspitze allerdings schon vor seiner Verpflichtung. Damals hinderte sie das nicht, Lindgren unter Vertrag zu nehmen.

Nun gibt es eben den nächsten Neuaufbau, der beim 31:30-Erfolg in Barcelona verheißungsvoll begann. Gegen Hannover soll ein deutlicher Heimsieg folgen. Zuletzt fuhren die Badener gegen die vermeintlich Kleinen nur glanzlos ihre Punkte ein, was Lindgren ebenfalls angekreidet und zum Verhängnis wurde. Von zu schneller Zufriedenheit war bei der Klub-Führung in Spanien die Rede. Die Vorgabe an Gudmundsson ist somit klar: Seine Chefs wollen nicht nur Siege sehen, sondern auch ein Spektakel auf der Platte.

Von Marc Stevermüer

 28.09.2010