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Gudmundsson: Wir sind hungrig
Heidelberg. Wenn er mit seinen Riesen in der Trainingshalle steht, kann man Gudmundur Gudmundsson leicht übersehen. Jeder ist größer als der 1,75 m Mann, als der Trainer der Rhein-Neckar Löwen. Auf seine Art ist er aber trotzdem der Größte, der Wichtigste. „Gudmi“ ist der Mann hinter den jüngsten Erfolgen, das Superhirn, das einen Schlachtplan nach dem anderen ausheckt. Immer individuell verschieden, angepasst an die Stärken und Schwächen der Kontrahenten. Konfrontiert man ihn abseits der Platte mit dem Spiel zwischen den Kreisen, sollte man vor allem eines haben: Zeit. Dann beginnt er nämlich, der Monolog. Der Trainerfuchs spricht dann leise, kontrolliert, in kurzen Sätzen, taucht ab in seine eigene Welt.
Und die ist aktuell rosarot, mit einem Schleifchen drum herum. Mit Ostern hat das weniger zu tun, vielmehr mit dem Champions-League-Knaller gegen Montpellier, dem Viertelfinal-Hinspiel in der SAP Arena (Sonntag, 17.45 Uhr). Gudmundsson wird dann auf alles vorbereitet sein. Jeden Spielzug, jeden Wechsel, jeden Wurf. Er hasst Zufälle. Und dennoch war da etwas, das ihn, den Handball-Perfektionisten, im Vorfeld des deutsch-französischen Duells kurzzeitig ins Grübeln brachte. Es war die Frage nach dem perfekten Hinspiel-Ergebnis, dem ultimativen Polster fürs Rückspiel: „Puh, gute, sehr gute Frage. Was soll ich sagen: ehrlich gesagt gibt es das eigentlich gar nicht.“ Oder anders ausgedrückt, mit den Worten von Manager Thorsten Storm: „Manchmal reichen selbst zehn Tore nicht. Wir brauchen zwei Topleistungen, hier und dort. Und am Sonntag unsere Fans.“
Unter die werden sich wohl auch zwei Löwen mischen. Henning Fritz und Börge Lund. Beide konnten zuletzt nicht trainieren, sind angeschlagen. Gudmundsson: „Wir wollen zwar den Sonntag abwarten, doch es sieht nicht gut aus.“Die Gäste können offenbar auf all ihre Stars zurückgreifen. Und da gibt es ein paar. Nikola Karabatic zum Beispiel. Der Topstar, die Rückraum-Allzweckwaffe. Aber auch William Accambray und Vid Kavticnik stehen für die gehobene Ballwurf-Kunst. Gudmundsson geht sogar noch einen Schritt weiter. Er sagt: „Diese Mannschaft hat überhaupt keine Schwächen. Alle Positionen sind top besetzt.“
Sein Personal nimmt er deshalb in die Pflicht. Fordert Kampf, Konzentration, Leidenschaft. Doch selbst dann ist der Gegner noch nicht geknackt. Ein Gegner, der unter anderem auch in Hamburg, beim baldigen deutschen Handball-Meister, mit 28:27 gewonnen hat. Das war in der Vorrunde. Belohnt wurde Montpellier dafür in der Endabrechnung. „Sie haben ihre Gruppe gewonnen“, nickt Storm anerkennend.
Das Unternehmen Viertelfinale beginnt für die Ballwerfer aus Südfrankreich heute. Gegen 11 Uhr schweben Karabatic und Co. am Frankfurter Flughafen ein. Am Abend steht dann noch die erste Übungseinheit in der Mannheimer SAP Arena auf dem Programm. Die zweite folgt am Sonntagvormittag.
„Gudmi“ bat in den letzten Tagen noch häufiger zum Tanz. Morgens und abends. Er nutzte den Heimvorteil. Ostern, Fest der Auferstehung, hin oder her. „Was, frei wegen Ostern? Nein, nein“, lacht er, „dazu haben wir in den nächsten Wochen zu viel vor, sind hungrig, wollen etwas erreichen. Außerdem macht Handball doch einfach Spaß.“ Wenn man erfolgreich ist sowieso.
Und Erfolg zieht an: Über 10.000 Zuschauer werden laut Storm morgen erwartet. Hilfreich wird jeder einzelne sein: „Unsere Anhänger könnten zu einem entscheidenden Faktor werden“, mutmaßt Storm und pustet tief durch: „Schließlich können wir uns in Montpellier schon mal auf eine Festung einstellen.“
Wobei auch der eine oder andere Löwen-Fan nach Montpellier reisen wird. Kurzentschlossene haben zudem nach wie vor die Möglichkeit, sich im Charterflieger der Gelbhemden einzumieten. Nähere Infos gibt es auf der vereinseigenen Homepage (www.rhein-neckar-loewen.de).
Von Daniel Hund
23.04.2011