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Gudmundur Gudmundsson – im Flieger geflittert (MM)

Er ist Trainer der Rhein-Neckar Löwen und der isländischen Handball-Nationalmannschaft: Gudmundur Gudmundsson. Vor der EM hatte der 51-Jährige aber einen anderen wichtigen Termin.

Die vergangenen drei Wochen waren für Gudmundur Gudmundsson mit reichlich Stress und Emotionen verbunden. Am 23. Dezember feierte er seinen 51. Geburtstag, am zweiten Weihnachtstag trat der Trainer der Rhein-Neckar Löwen mit seiner Mannschaft in der Handball-Bundesliga beim Bergischen HC an. Nach einer kurzen Nacht ging es weiter mit dem Flugzeug in die isländische Hauptstadt Reykjavík, wo er am 28. Dezember seiner Lebensgefährtin Fiola das Ja-Wort gab.

„Es stand einiges auf dem Programm, das war ganz schön heftig. Aber alles ist gut gelaufen. Meine Frau hat ,Ja‘ geantwortet und ich auch“, meint Gudmundsson mit einem schelmischen Grinsen: „Wir hatten ein Super-Tag auf Island.“

Viel feiern konnten der 51-Jährige und seine Frau indes nicht. Das frisch vermählte Paar bestieg wieder ein Flugzeug – diesmal Richtung New York, wo zwar ein bisschen Urlaub gemacht wurde, der Handball-Fanatiker Gudmundsson aber natürlich auch gleich wieder einen Termin hatte. Richtig vom Sport abschalten – das ist nicht unbedingt sein Ding. An Neujahr betreute er in „Big Apple“ eine Weltauswahl, die dort auf eine zusammengewürfelte Bundesliga-Vertretung traf. „Silvester in New York zu feiern – das war schon ein ganz besonderes Erlebnis. Wir haben uns ein paar richtig schöne Tage gemacht. Und natürlich war es eine große Ehre für mich, diese Weltauswahl zu betreuen“, gesteht Gudmundsson.

In der kleinen Sporthalle des Riverbank State Park standen namhafte Stars wie Magnus Wislander, Jackson Richardson oder Joel Abati auf der Platte. „Viel besser geht es eigentlich nicht von der Besetzung her. Sensationell, was dort an Medaillengewinnern bei Olympia sowie den Welt- und Europameisterschaften unterwegs war“, freut sich Gudmundsson, der aber nach der Partie schon wieder auf gepackten Koffern saß und mit seiner Frau einen Flieger Richtung Reykjavík bestieg. Der Grund: natürlich Handball.

Die Flitterwochen fanden daher eher im Flugzeug statt, denn schon am 2. Januar begann für den akribischen Taktikfuchs das Training mit der isländischen Nationalmannschaft, die er bei der heute beginnenden Europameisterschaft in Serbien betreut. In ihrem ersten Spiel treffen die Nordeuropäer morgen auf Kroatien, weitere Vorrundengegner sind Norwegen und Slowenien. „Das ist eine echte Hammergruppe, diese Aufgabe wird für uns sehr schwer. Wir müssen schon verdammt gut spielen, um die nächste Runde zu erreichen“, meint Vielflieger Gudmundsson, der in der Vorbereitung mit seiner Mannschaft die Insel im Nordmeer noch einmal für ein paar Tage verließ, um an einem Turnier in Dänemark teilzunehmen.

„Dort haben wir ganz ordentlich gespielt. Slowenien geschlagen, ein Unentschieden gegen Polen und knapp die Partie gegen Dänemark verloren, in der ich aber einige wichtige Spieler geschont habe“, berichtet der Trainer. Betroffen davon war allerdings nicht Superstar Ólafur Stefánsson. Die ehemalige Führungsfigur der Rhein-Neckar Löwen muss nämlich nicht nur eine schöpferische Pause einlegen. Stefánsson bangt um die Fortsetzung seiner schillernden Karriere.

„Sein Knie hält der enormen Belastung wie bei einer EM nicht mehr stand. Ólafur hat einen Knorpelschaden“, bedauert der Coach und hofft, dass seine Mannschaft von weiterem Verletzungspech in Serbien verschont bleibt: „Wir sind stark von unserer ersten Sieben abhängig. Den Ausfall von Leistungsträgern können wir nur schwer kompensieren.“ Doch gerade die Strapazen bei einer EM führen schnell zu Blessuren. Drei Spiele in fünf Tagen stehen nun für Gudmundsson und seine Mannen auf dem Programm – aber Stress ist er ja bestens gewohnt.

Von Marc Stevermüer