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Handball-WM: Oli Roggisch ist der Mann für viele Fälle (RNZ)

Der Ex-Abwehrchef ist als Teammanager oft der entscheidende Mann – Da liegt der Vergleich mit Namensvetter Oli Bierhoff nahe

Doha. Weltmeisterschaften sind die Turniere von Oliver Roggisch. Seit 2005 war der gebürtige Schwenninger bei allen globalen Titelkämpfen dabei und auch in Doha zählt der 205-malige Nationalspieler wieder zur Stammformation des Deutschen Handball-Bundes (DHB). Wenn der Verband im Zwei-Tage-Rhythmus zu Pressekonferenzen einlädt, ist der 36-Jährige Teil der deutschen Dreierkette: In der Mitte sitzt Bundestrainer Dagur Sigurdsson, rechts der für den Leistungssport zuständige DHB-Vizepräsident Bob Hanning und links der langjährige Abwehrchef, der notfalls auch verteidigt. Er hat seinen Platz gefunden und sitze dennoch „zwischen den Stühlen“, sagt der erste Teammanager beim DHB überhaupt.

Die Position ist Roggisch überaus angenehm. „Für mich ist ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen. Ich bin wahnsinnig froh, dass ich die Chance bekommen habe, meine Erfahrungen beim DHB und den Rhein-Neckar Löwen einzubringen und dass ich weiterhin tun kann, was immer mein Hobby war und mir Spaß gemacht hat“, gibt „The Rogg“ zu. Der Weltmeister von 2007 und ehemalige Kapitän, der im vergangenen Juni aufgrund seiner stetigen Verletzungen seine Spielerkarriere in Nationalmannschaft und auch bei den Löwen beendet hat und sich seither in Verband wie Verein in den Dienst der Mannschaften stellt, arbeitet elf Monate im Jahr für die Löwen und auf dem Papier 30 Tage für die Nationalmannschaft. „Vom Kopf her sind es sicher mehr, weil ich ja auch in die Planungen eingebunden bin“, sagt Roggisch.

Der Mann, der als Profi die Defensive zusammenhielt, sieht sich nun als Bindeglied zwischen Spielern und Trainern. „Wenn die Jungs was brauchen, können sie zu mir kommen und müssen nicht wegen jeder Kleinigkeit zum Coach gehen. Ich glaube, ich kann noch relativ gut nachempfinden, was die Jungs denken, fühlen“, sagt Roggisch. Die Nähe zu den Spielern sei da, sagt der frühere Kreisläufer bei den Bundesligisten Schutterwald, Göppingen, Essen, Magdeburg und den Rhein-Neckar Löwen und fügt wie zum Beweis und durchaus geschmeichelt hinzu, dass er im Gruppenverteiler der Spieler beim Kurzmitteilungsdienst WhatsApp sei. Andererseits ist Roggisch auch daran gelegen, in seiner neuen Funktion einen gewissen Abstand zu den bisherigen Kollegen einzuhalten. „Man muss gewisse Grenzen ziehen.“ Spielerabende seien für ihn tabu, beim Essen nehme er am Tisch der Betreuer Platz. Akzeptanz erhalte er von beiden Seiten. „Die Zusammenarbeit mit Dagur und den Co-Trainern klappt gut.“

Als der DHB mit der Personalie Roggisch vor einem Jahr an die Öffentlichkeit ging, war schnell die griffige Bezeichnung „Oli Bierhoff des Handballs“ gefunden. Der ehemalige Kapitän kann mit dem Vergleich nur bedingt etwas anfangen: „Der Fußball hat ganz andere Dimensionen. Aber die Aufgaben werden sicher ähnlich sein.“ Über mangelnde Arbeit kann er jedenfalls in Doha nicht klagen. „Ich bin gut beschäftigt. Ich spreche mit den Trainern die Ablaufpläne ab, organisiere die Fahrten in die Hallen und bin immer da, wenn ich mich einbringen kann. Ich sehe meine Aufgabe darin, alles zu tun, was rund ums Team anfällt“, erklärt der Mann für viele Fälle. Dazu gehören auch Öffentlichkeitsarbeit und seine aus Erfahrung gespeiste Einschätzung der Handball-Dinge. So wertet er die erfolgreiche Aufholjagd gegen Russland als möglichen Meilenstein. „Zu wissen, dass man einen Rückstand wegstecken kann, ist unheimlich wichtig für so eine junge Truppe“, sagt Roggisch, ehe er sich entspannt zurücklehnt auf seinem Sitz.

Von Reinhard Sogl