Veröffentlichung:

„Ich bin kein Freund solcher Spiele“ (Sport1.de)

Alexander Petersson blickt im SPORT1-Interview mit gemischten Gefühlen auf das Duell mit seinen Berliner Ex-Kollegen

München/Mannheim – Die Rhein-Neckar Löwen überraschen die DKB Handball-Bundesliga und eilen von Sieg zu Sieg. Elf Triumphe in Folge stehen zu Buche, doch die Tabellenführung ist nach dem Sieg des THW Kiel bei Balingen-Weilstetten vorerst weg. Zu erwarten war der Erfolg nicht zwingend, und folglich feiern die Löwen ihren aktuellen Höhenflug wie nach dem Auswärtssieg gegen den HSV Hamburg überschwänglich. „Natürlich tut diese Momentaufnahme gut, nachdem wir drei Jahre nur auf die Fresse bekommen haben“, sagte Manager Thorsten Storm.

Tormaschine hinter Gensheimer

Maßgeblich am Erfolg beteiligt ist der Isländer Alexander Petersson, der mit 55 Toren zweitbester Torschütze hinter Nationalspieler Uwe Gensheimer ist und vor der Saison aus Berlin ins Kraichgau wechselte. 

Vor dem Spiel gegen die Füchse (Sa, ab 20 Uhr LIVE im TV auf SPORT1) spricht Alexander Petersson im SPORT1-Interview über das harte Duell mit seinen Ex-Kollegen, den Wettstreit der isländischen HBL-Trainer und die Markenzeichen eines Führungsspielers.

SPORT1: Herr Petterson, Sie haben sich einen Sieg gegen Berlin gewünscht, damit es sich nach dem Spiel leichter plaudern lässt. Wie schwer wird es Ihnen gegen die alten Kollegen fallen?

Alexander Petersson: Ich bin wirklich kein Freund solcher Spiele. Gegen die alten Kollegen, gegen meine Freunde zu spielen, das bedeutet immer eine Extraportion Konzentration. Ich versuche es während des Spiels auszublenden.

SPORT1: Bei so einem Wiedersehen mit den alten Kollegen, kommt da eventuell sogar der Gedanke auf: Ich bereue den Wechsel ein wenig?

Petersson: Es wird auf keinen Fall einfach. Ich hoffe, ich bekomme das Spiel gut hin. Gerade gegen die beiden Kreisläufer, die meine guten Freunde sind, werde ich richtig hart kämpfen müssen.

SPORT1: In der Liga stehen die Löwen vor Ihrem Ex-Klub, in der Champions League sind Sie in der Qualifikation gescheitert, Berlin kann sich international präsentieren. Trauern Sie der Chance hinterher?

Petersson: Das ist für ein Top-Team wie die Löwen natürlich schade. Aber es tut uns auch ganz gut, zwischen den Ligaspielen mal Pause zu haben. Die anderen Mannschaften haben teilweise ziemlich lange Auswärtsreisen und müssen den Spagat zwischen Liga und internationalem Wettbewerb hinbekommen.

PORT1: ist die Champions League dann für die nächste Saison ein realistisches Ziel?

Petersson: Schwer zu sagen. Stand jetzt würde wohl jeder denken, die Löwen schaffen das sicher, aber eine Saison ist wie ein Marathon. Es sind noch sechs Monate zu spielen, da kann viel passieren: Verletzungen, eine schlechte Phase, und die Weltmeisterschaft kommt auch noch. Zum jetzigen Zeitpunkt bleiben wir bei der Zielsetzung, unter die Top Fünf zu kommen.

SPORT1: Stichpunkt Tabelle, am Mittwoch hat Kiel bei Balingen-Weilstetten gewonnen und die Tabellenführung übernommen. Wirkt das als Extramotivation für das ganze Löwen-Team?

Petersson: Klar wollen wir zwei Punkte holen, aber die Tabellenspitze ist ehrlich gesagt gerade nicht so wichtig. Der Fokus liegt auf dem Sieg gegen unsere härtesten Konkurrenten, um vor den Füchsen zu bleiben. Wenn es für die Tabellenführung reicht, ist das natürlich auch nicht schlecht.

SPORT1: Sie haben den isländischen Füchse-Trainer Dagur Sigurdsson als einen glänzenden Analytiker bezeichnet, der die gegnerischen Teams sehr gut liest. Was werden die Löwen den Berlinern entgegensetzen?

Petersson: Wir haben schon auch einen guten Trainer, und das wird ein sehr interessantes Duell. Dagur stellt seine Teams immer klasse ein, doch Gudmundur Gudmundsson steht ihm da in nichts nach.

SPORT1: Gibt es eine ausgeprägte Rivalität zwischen den Isländern an der Seitenlinie?

Petersson: Absolut, das ist ein echtes Prestigeduell. Bei Kiel trainiert mit Alfred Gislason ebenfalls ein Isländer, und jeder will den anderen natürlich unbedingt schlagen.

SPORT1: Von der Metropole Berlin ging es wieder in die Provinz nach Rauenberg. Fehlt Ihnen die Großstadt?

Petersson:: Ich habe vor Berlin auch schon auf dem Land gewohnt, und eigentlich vermisse ich nichts wirklich. Außerdem gefällt es meinen Kindern viel besser als in der Stadt.

SPORT1: Auf dem Feld geben Sie gern den Ton an, sehen sich selbst als Anführer. Ist es schwer diese Rolle in einem neuen Team sofort zu übernehmen? Hilft da auch die natürliche Autorität des Alters?

Petersson: Erfahrung gehört natürlich dazu, aber es kommt schon auch stark auf den Spielertyp an. Ich kenne Routiniers, die keine Anführer sind und junge Spieler, die ganz natürlich das Kommando übernehmen. Wir haben bei den Löwen eine tolle Mannschaft zusammen, die Mischung stimmt. Bestes Beispiel ist Kim Ekdahl Du Rietz, der nur 23 Jahre alt ist aber sehr selbstbewusst und souverän auftritt.

Von Florian Pertsch