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„Ich genieße es, ein Teil der Rhein-Neckar Löwen zu sein“

Harald Reinkind im Interview

Seit dem Sommer steht Harald Reinkind bei den Rhein-Neckar Löwen unter Vertrag. Der Norweger spricht im Interview über die erste Zeit in Deutschland, die Rolle der Löwen in der Champions League, und die norwegische Nationalmannschaft.

Harald, seit fast vier Monaten ist die Rhein-Neckar-Region dein neues Zuhause. Wie fühlst du dich?

Harald Reinkind: Sehr gut, auch wenn meine Freundin ein bisschen Reisestress hat (lacht). Sie studiert nämlich noch in Norwegen und pendelt immer hin und her. Aber davon abgesehen ist wirklich alles gut. Ich lebe in Heidelberg, die Stadt ist wunderschön. Es ist nicht zu groß und nicht zu klein. Ich habe hier alles, was ich brauche. Und auch das Wetter ist viel besser als in Norwegen, worüber ich sehr glücklich bin.

Du hast die ersten Bundesligaspiele mit den Löwen hinter dich gebracht. Wie fällt dein Fazit aus?

Reinkind: Ich genieße es, ein Teil der Rhein-Neckar Löwen und der Bundesliga zu sein. Es ist eine sehr harte Liga, eben die beste Liga der Welt. Man muss in jedem Spiel sehr gut vorbereitet sein und immer alles geben. Wenn wir einmal weniger als 100 Prozent abrufen, können wir gegen jeden Gegner verlieren.

Was waren die Gründe für deinen Wechsel zum deutschen Vize-Meister?

Reinkind: Die Löwen sind ein sehr interessanter, ein sehr spannender Klub mit großem Potenzial. Die Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern stimmt, außerdem stehen ein paar Skandinavier und mit Bjarte Myrhol sogar ein weiterer Norweger im Team. Ich glaube, dass ich hier besonders viel von Alexander Petersson lernen kann. Er ist ein sehr intelligenter Spieler und zeigt seit vielen Jahren konstant starke Leistungen auf einem hohen Niveau.

Worin besteht der größte Unterschied zwischen der norwegischen und der deutschen Liga?

Reinkind: Es sind die individuellen Fähigkeiten der einzelnen Spieler. Jeder, der in der Bundesliga spielt, ist besser als in Norwegen. Die Spieler hier sind schneller, stärker und schlauer. Auch die Zuschauerzahlen sind ein großer Unterschied – und ich spiele gerne Handball vor einer tollen Kulisse in einer großen Arena.

Du hast mit deinem ehemaligen Verein Fyllingen Handball auch schon in der Champions League gespielt. Damals warst du gerade 17 Jahre alt und die Gegner waren mit Ciudad Real, AG Kopenhagen und dem HSV Hamburg übermächtig. Was waren das für Erlebnisse?

Reinkind: Es hat Spaß gemacht, gegen diese vielen Weltklasse-Leute zu spielen, aber es war auch ein bisschen frustrierend, weil es schwierig war, Tore zu erzielen. Andererseits war diese Erfahrung auch sehr wertvoll für mich: Ich habe gesehen, wie gut ich werden muss, um wieder in der Champions League zu spielen.

Jetzt ist die Situation mit den Löwen in der Königsklasse eine ganz andere: Was ist möglich für deine Mannschaft in dieser schweren Vorrundengruppe und im gesamten Wettbewerb?

Reinkind: Ich denke, für uns ist in dieser Saison alles drin. Wir haben eine starke Mannschaft, die jedes Team in Europa schlagen kann. Unser Ziel ist es auf jeden Fall, die Gruppenphase so gut wie möglich zu überstehen. Und danach wollen wir natürlich in der K.o.-Runde uns einen Platz beim Final Four in Köln erkämpfen.


Seit Anfang Oktober spielt ihr im Dreitages-Rhythmus, dazu kommen viele lange Reisen. Wie gehst du damit um?

Reinkind: Ich gehe das alles mit Freude und Spaß an, auch wenn es nicht immer schön ist, viel unterwegs zu sein. Wichtig ist, dass wir Erfolg haben und uns nach dem Spiel wieder schnell auf die nächste Aufgabe konzentrieren.

Euer nächster Gegner in der Champions League heißt Medwedi Tschechow. Was erwartet euch gegen den russischen Serienmeister?

Reinkind: Medwedi hat nichts zu verlieren und wird uns sicherlich mit viel Mut einen großen Kampf bieten wollen. Wenn wir aber unser Leistungspotenzial zu 100 Prozent abrufen, sollten wir in der Lage sein, diesen Gegner zu besiegen. Einige Spieler von Tschechow kenne ich noch aus meiner Zeit bei der Junioren-Nationalmannschaft.

Du sagtest es bereits: Mit Bjarte Myrhol steht ein Landsmann von dir im Löwen-Kader. Wie wichtig ist er für dich?

Reinkind: Bjarte ist für mich sehr wichtig. Es ist sehr gut, einen Mann aus dem gleichen Land als Ansprechpartner zu haben. Er hat mir sehr geholfen in den ersten Wochen. Darüber hinaus ist er auch ein außergewöhnlicher Spieler. Es bedeutet mir sehr viel, ihn kennengelernt zu haben und mit ihm in einer Mannschaft zu spielen.

Was hat Bjarte dir über die Löwen erzählt, als du noch in Norwegen warst?

Reinkind: Er sagte mir, dass dieser Klub perfekt für einen jungen und ambitionierten Spieler wie mich sei, um sich weiter zu entwickeln. Er hat mir von der guten Atmosphäre in der Mannschaft berichtet, dem tollen Zusammenhalt und der großartigen Stimmung in der SAP Arena.

Was machen deine Deutschkenntnisse?

Reinkind: Es wird immer besser, ich schnappe praktisch jeden Tag neue Worte auf und lerne dazu. Noch dazu bekomme ich Unterricht, um mich stetig zu verbessern. Ich konnte vorher überhaupt kein Deutsch, jetzt spreche ich schon ein bisschen die Sprache. Es fällt mir allerdings leichter, Deutsch zu verstehen.

Du bist im Sommer mit der norwegischen Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation an Österreich gescheitert. Vor den Partien hattest du von richtungsweisenden Duellen für den Handball in deiner Heimat gesprochen. Wie ist es jetzt um die Sportart in Norwegen bestellt?

Reinkind: Wir waren natürlich enttäuscht, nicht die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Katar geschafft zu haben. Aber wir haben eine junge Mannschaft, die hoffentlich noch viele, viele Jahre zusammenspielt. Jetzt lassen wir die Vergangenheit hinter uns und richten den Fokus auf die EM-Qualifikationsspiele. Ich denke, wir werden zukünftig eine Top-Mannschaft in Europa.