Veröffentlichung:

„Ich habe mein normales Leben zurückbekommen“

Bjarte Myrhol über seine Rückkehr auf das Handballfeld

Als Bjarte Myrhol zum ersten Mal in dieser Saison in der SAP ARENA das Feld betrat, rückte der Sport in den Hintergrund. Schließlich hatte der Norweger nach einer Hodenkrebs-Erkrankung nur wenig Zeit benötigt, um sich fit für den Handball zu machen. Ovationen in der Heimstätte der Löwen waren ihm damit sicher. Und mehr noch, von der ersten Minute an spielte Myrhol so auf, als wäre er nie weg gewesen. Im Angriff nahm der Kreisläufer sofort wieder die zentrale Rolle ein, die ihn bei den Löwen fast unverzichtbar gemacht hatte. Damit zeigte er, wie sehr er für seinen Sport lebt und dass er ein großes Kämpferherz besitzt. Diese Tatsache soll ihm helfen, in ein paar Monaten wieder ganz an seine alte Form anknüpfen zu können, wenn er wieder in der Lage ist, auch in der Abwehr zu spielen. Bis dahin wird er den Löwen im Angriff helfen und die körperlichen Defizite sukzessive aufholen, wie er im Interview vor dem Heimspiel gegen den TV Großwallstadt verrät.

Bjarte, wie geht es Dir?

Es geht mir gut, denn ich habe mein normales Handball-Leben zurückbekommen.

Gibt es noch Besonderheiten in Deinem Alltag, die mit Deiner Erkrankung zusammenhängen?

Ich habe ab und an Kontroll-Untersuchungen, aber das ist alles. Ich muss keine Medikamente mehr nehmen.

Kannst Du also mit dem Thema abschließen?

Ich habe damit schon vor Monaten abgeschlossen. Ich bin mit der Krankheit fertig und denke nur noch darüber nach, wenn mich Journalisten danach fragen. Insgesamt kann man sagen, dass ich Erfahrungen gesammelt und mitgenommen habe, aber das ist jetzt Vergangenheit und mein Blick richtet sich nach vorne.

Wie geht es Dir körperlich, wie weit ist Deine Fitness wieder zurück?

Ich bin weit weg, topfit zu sein. In Sachen Kraft bin ich schon wieder ganz gut dabei, aber mir fehlt die Ausdauer und es wird noch lange dauern, bis ich in dem Bereich wieder auf meinem höchsten Niveau bin. Ich versuche jeden Tag, das zu beeinflussen, aber es geht nur langsam voran.

Hast Du einen Zeitplan?

Nein, denn es ist schwierig, das vorherzusagen. Ich werde wohl sechs bis neun Monate benötigen, um wieder völlig fit zu sein. Im Moment erhole ich mich viel langsamer von Belastungen als vor der Erkrankung, deshalb dauert es auch länger, sich voranzuarbeiten.

Ist das der Grund, warum Du nur im Angriff eingesetzt wirst?

Ja, denn ich benötige kleine Pausen. Wenn man, wie ich, sowohl im Angriff als auch in der Abwehr in der Zentrale aktiv ist und immer Zweikämpfe hat, geht das sehr auf den Körper. Ich habe das beim Spiel in Berlin gemerkt, dort habe ich zwölf Minuten am Stück gespielt, weil wir durch die schnelle Mitte der Berliner nicht wechseln konnten. Das habe ich deutlich an der Luft gemerkt.

Wie bist Du mit Deinen Leistungen bisher zufrieden?

Ich finde, es ist bisher ziemlich gut gegangen. Ich bin mit meiner Quote zufrieden. Aber da ich mich immer verbessern will, gibt es sicher auch noch Dinge, die ich konzentrierter machen muss.

Und wie beurteilst Du die Entwicklung der Mannschaft?

Wir haben nicht die Ergebnisse gehabt, die wir haben wollten. Das kostet jeden Spieler ein Stück Zufriedenheit, weil wir jedes Spiel gewinnen wollen. Eins ist sicher: Niemand ärgert sich mehr über Niederlagen als wir selbst. Trotzdem glaube ich weiterhin, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Die Frage, die gestellt werden muss: Woran hängt es aus Deiner Sicht, dass zu viele Minuspunkte auf dem Konto sind?

Im Sport ist es so, dass zwei Mannschaften auf das Feld laufen, die die Partie gewinnen wollen. Und in der Handball-Bundesliga sind die Unterschiede zwischen den Teams sehr, sehr klein. Vor allem auswärts ist es schwer, wenn die Kontrahenten von der Atmosphäre profitieren können. Bei uns ist es im Augenblick so, dass wir nicht die Fortune haben. Manchmal läuft es eben, manchmal läuft es nicht. Ich kann mich noch gut an eine Phase erinnern, als wir mit den Löwen jedes Spiel gewonnen haben, und immer wieder haben wir knapp mit einem Tor die Oberhand behalten.

Wie wird versucht, die Probleme zu lösen?

Wir sprechen viel und versuchen, alles noch zu retten. Wir möchten schließlich Erfolg haben, mehr als alles andere. Ich bin sicher, dass wir in der Bundesliga zu den Mannschaften gehören, die am härtesten für den Erfolg arbeiten. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir wieder in eine positive Phase kommen.

Zuletzt trugst du, wie auch dein Landsmann Børge Lund, einen Bart. Was hat es damit auf sich?

Es handelt sich dabei um eine Spendenaktion und darum, auf Prostatakrebs aufmerksam zu machen. Wir unterstützen das bereits seit mehreren Jahren. Leider ist es so, dass viele Männer sich nicht regelmäßig untersuchen lassen und die Krankheit deshalb oft zu spät entdeckt wird. Dagegen wollen wir etwas tun. Wenn ich auf den Bart angesprochen werde, spreche ich über das Thema Vorsorgeuntersuchung und das hilft bei dem Versuch, die Männer zu sensibilisieren.

Wie lange dauert diese Aktion?

In jedem Jahr ist der November dafür vorgesehen. Deshalb habe ich den Bart am 1. Dezember abrasiert. Nächstes Jahr am 1. November lasse ich ihn dann wieder sprießen.

Jetzt kommt der TV Großwallstadt in die SAP ARENA. Was denkst Du über diese Partie?

Wir freuen uns alle riesig auf dieses Spiel, weil wir den Zuschauern und Sponsoren zeigen wollen, wie gut wir wirklich Handball spielen können. Der TV Großwallstadt ist aber aus meiner Sicht gut besetzt, deshalb müssen wir uns gut vorbereiten. Wir wollen und müssen aus unserem Loch herauskommen.