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„Ich habe Sachen erlebt…“

Konrad „Conny“ Hoffmann verabschiedet sich in den Ruhestand – die „gute Seele“ der Löwen war und ist so viel mehr als ein Mannschaftsbetreuer

Am 1. Juli endet die Tätigkeit von Konrad Hoffmann bei den Rhein-Neckar Löwen. Über 40 Jahre lang war Conny dem Handballsport, der Region, dem Klub und dessen Vorgänger-Vereinen eine tragende Säule sowie für Spieler, Trainer und Angehörige sehr viel mehr als ein Mannschaftsbetreuer. Zu seinen Ehren erscheint an dieser Stelle das Exklusiv-Porträt, das im wegen der Corona-Pandemie allen Leserinnen und Lesern über die Website zugänglich gemachten Löwen-Magazin, Ausgabe April, erschienen war.

Conny und Uwe bei der Party nach dem EHF-Cup-Sieg.

Im Moment freue er sich aufs Aufhören, sagt Konrad Hoffmann. Der Mann, den bei den Rhein-Neckar Löwen alle „Conny“ rufen, konzentriert sich auf die Vorzüge, die mit dem Ruhestand verbunden sind. Auf viel habe er verzichtet in den ganzen Jahren als Mannschaftsbetreuer, sei ständig weg von Zuhause gewesen, habe Urlaube immer nach dem Spielplan legen müssen. „Das ist dann vorbei“, sagt Conny, wenn er an den kommenden Sommer denkt.

41 Jahre werden es dann sein. 41 Jahre, die sich Conny in den Dienst des Vereins gestellt hat – und zwar in allen Variationen. Los ging es in der Saison 1979/80 bei einem der beiden Gründungsvereine der Löwen, dem TSV Baden Östringen. 2002 folgte die Fusion zwischen Östringen und der TSG Kronau zur SG Kronau/Östringen, 2007 die Umbenennung der Profi-Abteilung in Rhein-Neckar Löwen. Die Entwicklung vom Dorfverein zum nationalen Spitzenklub, Konrad Hoffmann hat sie hautnah miterlebt. Mit allen Höhen und Tiefen, mit allen großen und kleinen Wendungen. Und mit der einen oder anderen unglaublichen Geschichte.

„Ich habe Sachen erlebt…“, sagt Conny und grinst. Er braucht nicht lange in seinen Erinnerungen zu kramen, um eine der spektakulärsten Episoden seiner Löwen-Zeit hervorzuholen. Grigorios Sanikis heißt der Mann, der 2004 für einiges Aufsehen bei den damals noch als „Kröstis“ firmierenden Löwen sorgte. Sanikis, Spitzname Otto, wechselte als griechischer Meister und Nationalspieler im Sommer 2004 zur SG Kronau/Östringen. In der damaligen Trainingshalle machte er an einem schönen Sommertag seinen Antrittsbesuch. Er betrat die Halle, wo seine künftigen Mitspieler bereits trainierten, und sollte diesen gleich vorgestellt werden. Doch bevor es dazu kam, kam alles anders.

Die unglaubliche Geschichte des Grigorios Sanikis

Conny Hoffmann feiert den Pokalsieg mit Team und Fans.

„Otto stand da, unterhielt sich mit jemandem. Plötzlich, völlig aus dem Nichts, stürmte Gudmundur Hrafnkelsson, einer unserer Torhüter, quer durch die Halle und stieß mit Otto zusammen“, erinnert sich Conny. Beide seien so vertieft gewesen, – der eine in sein Gespräch, der andere in die Trainingsübung – dass sie überhaupt nicht aufeinander geachtet hätten. Während Hrafnkelsson glimpflich davonkam, war für Sanikis nicht nur dieser Tag gelaufen. Für den Neuzugang ging es mit – dem später bestätigten – Verdacht auf Nasenbeinbruch in eine Klinik nach Heidelberg.

Damit nicht genug. Einen Tag später, Conny war gerade zuhause beschäftigt, hielt ein Taxi vor dem Hause Hoffmann. Aus dem Taxi stieg ein Mann, der mit nichts bekleidet war außer einem hauchdünnen OP-Hemdchen. „Das war der Otto. Die hatten den doch glatt vergessen zu operieren. Und da hat er sich ein Taxi gerufen und ist zu mir gefahren.“ Wie damals immer wieder üblich, hatte Conny den Neuzugang behelfsmäßig bei sich untergebracht, um die Zeit zwischen „Arbeitsbeginn“ und Wohnungsbezug zu überbrücken. „Sowas wie mit Otto habe ich auch noch nicht erlebt“, sagt der Mannschaftsbetreuer, der neben Pechvogel Sanikis unter anderem die Herren Stefansson, Lawrow, Klimovets, Szlezak und Jurasik unter seinem Dach willkommen hieß.

„Das ging so weit, dass wir teilweise die Kinder umquartieren mussten. Manchmal auch spontan und mitten in der Nacht“, erzählt Conny. Es waren bewegte Zeiten damals, als der Umbruch vom Dorf- zum Spitzenklub richtig Fahrt aufnahm und plötzlich Weltklasse-Spieler in Kronau und Östringen aufschlugen. Bevor die Löwen ihre Trainingshalle in Kronau bekamen mit all ihren Räumlichkeiten, war Connys Haus gleichzeitig Herberge, Lagerplatz und Meeting-Raum. „Damals haben wir die Mannschaftssitzungen bei mir abgehalten, meine Garage war das Lager für alles Mögliche, meine Frau hat für die Mannschaft gekocht – und da waren schon einige Sonderwünsche dabei“, sagt Conny.

Wildschweinbraten und Auswärtsfahrten

Anpacken war schon immer eine große Stärke von Conny.

Selbstgemachte Spätzle, Wildschweinbraten und vor allem ein Kuchen nach dem anderen zauberte Anita Hoffmann in ihrer Küche. Ohne sie und ihre bedingungslose Unterstützung, das macht Conny deutlich, wäre sein Einsatz für die Löwen nicht denkbar gewesen. Mit ihr zusammen hatte schließlich auch alles angefangen, damals beim TSV Baden Östringen. Wobei sich Conny schnell festlegte: „Mannschaftsbetreuer, das hat mir von Anfang an großen Spaß gemacht, der tägliche Umgang mit den Jungs, das Organisieren.“ Während er rund um das Team arbeitete, war Anita als Zeitnehmerin aktiv, übernahm zusätzlich das Catering in der Stadthalle Östringen zu den Heimspielen des TSV Baden. Handball, das war ihre gemeinsame Leidenschaft – und ist es bis heute geblieben.

Was nun danach kommt, ab Sommer? „Wenn ich mir anschaue, wer mich alles schon eingeladen hat an ehemaligen Spielern, um sie zu besuchen, da könnte ich zwei Jahre lang nur auf Reisen gehen“, sagt Conny und lacht. Die Kontakte, Bekanntschaften, Freundschaften – das ist es, was bleibt nach einem Leben für den Handball, mit dem Handball. Und die Erinnerungen. An unvergessliche Momente wie das erste Auswärtsspiel im Europapokal, die Fahrten nach Hamburg zum DHB-Pokal-Final Four, die erste Meisterschaft, der Pokal-Triumph im elften Anlauf.

„Das sind alles Ereignisse, die ich nie vergessen werde“, sagt Conny. Emotional hing er schon immer an seinem Heimatverein, egal, ob er TSV, SG oder RNL – für Rhein-Neckar Löwen – hieß. Sein Einsatz im und für den Verein war dabei genauso unverzichtbar wie seine Handball-Leidenschaft. Es ist unmöglich zu überblicken, wie viele Waschladungen mit Trikots, Hosen, etc. er in all den Jahren erledigt hat, wie viele Kisten mit Wasser er geschleppt, wie viele Kilometer im Bus er abgerissen hat. Das Wichtigste dabei: der gute Draht zu den Spielern.

„Ich konnte mit allen gut – das ist bis heute so geblieben“, sagt Conny, der nicht umsonst als „gute Seele“ des Klubs gilt. So lässt sich auch der Reise-Wahnsinn einigermaßen verkraften. Und so lassen sich auch die schlechten Zeiten überstehen. Fest steht: Mit Konrad Hoffmann verabschieden sich die Rhein-Neckar Löwen von einem Mannschaftsbetreuer mit riesigem Löwen-Herzen – und von einem ganz, ganz feinen Menschen!