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„Ich musste mir viele Dinge hart erarbeiten“

Kristian Bliznac im Interview

Seit diesem Sommer ist Kristian Bliznac ein Löwe. Im Interview spricht der Defensiv-Spezialist über seine neue Heimat, seine Rolle im Team und seine bewegte Karriere. 

Kristian, dein Nachname klingt nicht gerade typisch schwedisch…

Kristian Bliznac: Das ist richtig. Vor ungefähr 40 Jahren sind meine Eltern nach Schweden ausgewandert. Mein Vater hat dort ein Restaurant eröffnet, später noch ein zweites. Er hat wirklich viel gearbeitet.

Und der kleine Kristian musste helfen?

Bliznac: Ja, aber es war keine Kinderarbeit (lacht). Ich habe in der Küche geholfen und alles gemacht, was so anfiel. Das war eine schöne Zeit.

Hat dein Vater die Restaurants noch?

Bliznac: Nein, nein. Er genießt sein Leben, verbringt seine Zeit in Schweden und Kroatien. Das hat er sich verdient.

Wie spricht man deinen Nachnamen denn richtig aus?

Bliznac: Es kommt darauf an, wo ich gerade bin. In Schweden wird das c wie ein k ausgesprochen. Wenn ich aber in Kroatien bin, hört sich das nach Bliznatsch an.

Du bist seit etwa zwei Monaten zurück in Deutschland. Wie hast du dich eingelebt?

Bliznac: Sehr gut. Es war ein Vorteil, dass ich die Sprache beherrsche. Wenn man sich verständigen kann, ist alles viel einfacher. Nicht nur in sportlicher Hinsicht, sondern auch im alltäglichen Leben. Es ist wichtig, dass man sich wohlfühlt. Und das geht eigentlich nur, wenn man auch die Sprache des Landes beherrscht, in dem man lebt.

Wie man hört, hast du in deiner ersten Woche bei Teamkollege Andreas Palicka Unterschlupf gefunden…

Bliznac: Wir kennen uns seit 15 Jahren und ich habe zunächst bei ihm in St. Leon gewohnt. Jerry Tollbring übrigens auch. Andreas hatte Platz, seine Frau und seine Kinder waren nämlich in Schweden. Diese kleine Drei-Mann-WG war echt cool. Andreas, Jerry und ich hatten Spaß, haben gegrillt.

Wo wohnst du nun?

Bliznac: Meine Freundin Katarina und ich haben in Schwetzingen eine schöne Wohnung gefunden. Wir fühlen uns dort sehr wohl – und Schwetzingen ist ebenfalls richtig schön. Da nehme ich es auch in Kauf, dass ich 25 Minuten bis zum Trainingszentrum brauche. Ich muss nur aufpassen, dass mir der Verkehr keinen Strich durch die Rechnung macht und ich zu spät komme (lacht).

Sonst kommt Kassenwart Hendrik Pekeler…

Bliznac: …und der ist sehr, sehr streng. Aber ich würde seinen Job nicht machen wollen. Jeder will mit ihm verhandeln, aber er lässt keine Diskussionen zu.

Welche Aufgabe hast du?

Bliznac: Ich bin Bierwart – es hätte mich schlimmer treffen können (lacht).

Du hast schon einmal drei Jahre Bundesliga in Wetzlar gespielt. Wie sehr hilft dir das jetzt in sportlicher Hinsicht?

Bliznac: Ich weiß genau, was passieren wird, was auf uns zukommt. Es gibt keinen härteren Wettbewerb als die Bundesliga. Hier muss man jede Woche alles geben, sonst reicht es selbst für einen Spitzenverein wie die Löwen nicht. Denn dafür sind einfach alle Mannschaften in dieser Liga viel zu gut. Vor allem wird jedes Auswärtsspiel eine echte Herausforderung. In der Bundesliga läuft man immer Gefahr, auswärts zu verlieren.

Wie bist du von deinen neuen Kollegen aufgenommen worden?

Bliznac: Sehr gut, das ist zweifelsohne eine außergewöhnliche Mannschaft. Hier spielen so viele unglaubliche Weltklassespieler, aber alle Jungs sind noch größere Persönlichkeiten. Das ist unfassbar. Und mit Nikolaj Jacobsen kommt noch ein sehr kommunikativer Trainer dazu, es passt einfach.

Aber Nikolaj kann während des Spiels auch mal ganz schön laut und böse werden…

Bliznac: Er ist heiß, er will gewinnen. Da ist es doch normal, dass man sich mal aufregt (lacht).

Wie siehst du deine Rolle in der Mannschaft?

Bliznac: Ich möchte dem Team mit meiner Erfahrung im Innenblock helfen. Wir haben mit Gedeón Guardiola und Hendrik Pekeler zwei Weltklassespieler fürs Abwehrzentrum. Beide helfen mir und sagen, was ich machen muss, damit ich mich so schnell wie möglich in dieses Deckungssystem einfinde. Sie sind eingespielt und haben einen überragenden Job in den vergangenen beiden Jahren gemacht. Aber wenn einer von beiden eine Pause braucht, werde ich da sein und mein Bestes geben. Natürlich will ich immer spielen, aber ich weiß auch ganz genau, was meine Rolle ist. Der Erfolg der Mannschaft steht über allem.

Siehst du dich nicht mehr als Angriffsspieler?

Bliznac: Ich kann im Angriff spielen, keine Frage. Aber dafür haben wir doch Momir Rnic und Mads Mensah, das sind zwei Super-Spieler. Und mit Filip Taleski strebt ja auch ein talentierter Junge in die Mannschaft.

Welche Erinnerungen hast du an deine Zeit in Wetzlar?

Bliznac: Die HSG ist ein überragender Club, mit einer tollen Halle, fantastischen Fans und einem außergewöhnlich guten Trainer. Steffen Fäth, Andy Wolff, Jannik Kohlbacher, Kent Robin Tønnesen – all diese Spieler hat Kai Wandschneider geformt und besser gemacht. Jedes Jahr verliert Wetzlar Leistungsträger an einen Spitzenverein oder ein Mann wie Ivano Balic beendet seine Karriere – und trotzdem spielt die HSG Jahr für Jahr eine gute Rolle.

Und wie lief es für dich persönlich in Wetzlar?

Bliznac: Gut, ich habe viel gespielt, zunächst auch im Angriff. Aber dann wurde Steffen Fäth immer besser. Er hat damals eine bombastische Entwicklung genommen und war dann die Nummer eins im Rückraum. Ich hatte kein Problem damit, das zu akzeptieren und hatte meine Rolle – wie jetzt hier auch bei den Löwen – in der Abwehr gefunden.

Die HSG hatte dir damals auch eine Vertragsverlängerung angeboten, du bist aber trotzdem in die Schweiz zu den Kadetten Schaffhausen gegangen.

Bliznac: Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas verändern möchte. Es bringt nichts, irgendetwas zu machen, wenn man nicht zu 100 Prozent dahintersteht. Denn man spielt auch nur gut, wenn man sich gut fühlt.

Wie bist du zum Handball gekommen?

Bliznac: Zunächst habe ich Fußball, Tennis, Floorball gespielt, auch Schwimmen habe ich ausprobiert. Zum Handball bin ich erst als 15- Jähriger gekommen. Ein Freund hat mich mitgenommen – und dann bin ich dabei geblieben. Kärra HF ist mein Heimatverein, der Club hat wirklich eine gute Jugendarbeit und hat schon viele spätere Nationalspieler hervorgebracht. Auch bei den Frauen.

Warum bist du mit 19 Jahren für eine Saison nach Italien zu Emmelle Naca Teramo gewechselt?

Bliznac: Das war ein Spaß, ein Abenteuer – und ein richtig geiles Jahr (lacht). Die Italiener sind so schön entspannt, das gefällt mir. Ich habe mit zwei Mitspielern in einer WG gewohnt, in etwas mehr als einer Stunde waren wir in Rom und haben Party gemacht. Die Liga war nicht so gut – ich aber auch nicht. Damals hatte ich noch gar keinen Gedanken daran verschwendet, irgendwann mal Profi zu werden. Ich habe in Italien auch nicht wie ein Handall-Profi gelebt (lacht).

Wann reifte denn der Gedanke in dir, doch Profi zu werden?

Bliznac: Als ich 22 Jahre alt war und zurück nach Schweden zu Alingsas gegangen bin. Dort war Robert Wedberg mein Trainer und ich habe ihm sehr viel zu verdanken. Er hat zu mir gesagt: „Wenn du wirklich Profi werden willst, kannst du es schaffen. Aber du musst es auch wirklich wollen und hart dafür arbeiten.“

Und dann packte dich der Ehrgeiz?

Bliznac: Ja, ich wollte Profi werden. Und ich musste wirklich viel dafür tun. Ich war nicht mit so einem unglaublichen Talent wie Kim Andersson gesegnet. Als der 17 Jahre alt war, hat man ja schon gesehen, dass Kim mal ein Weltklassespieler wird. Ich musste mir viele Dinge hart erarbeiten und hätte es ohne Robert Wedberg vielleicht nicht gepackt. Er hat mir vertraut, mich sogar bis in die schwedische Nationalmannschaft gebracht.

Von Alingas ging es 2012 weiter für ein Jahr nach Sävehof.

Bliznac: Da habe ich mein vielleicht bestes Jahr gespielt. Wir hatten auch eine Super-Mannschaft mit Kent Robin Tønnesen und Jesper Nielsen, haben zum Beispiel Atletico Madrid geschlagen. Und ich habe in zwei Spielen 17 Tore gegen Kiel gemacht. Damals stand Andreas Palicka beim THW zwischen den Pfosten. Er sagt jetzt immer, er hätte mir meinen ersten Bundesliga-Vertrag beschert, weil er keinen Ball von mir gehalten hätte (lacht).

Dann warst du aber nur ein halbes Jahr in der Schweiz.

Bliznac: Schaffhausen ist ein toller Club, aber es hat einfach nicht gepasst. Wie sagt man so schön: Die Chemie hat nicht gestimmt – das kommt vor.

Und wie war es in Elverum?

Bliznac: Toll. Mit Michael Apelgren bin ich dort auf einen Trainer getroffen, mit dem ich zusammen in Sävehof gespielt habe. Das halbe Jahr mit ihm hat Spaß gemacht, auch wenn mir der Handball in der norwegischen Liga weniger liegt.

Warum?

Bliznac: Die Jungs sind alle so klein und schnell. In Deutschland geht es mehr um die physische Komponente.

Schaffhausen, Elverum: Glaubt man da noch an eine Bundesliga-Rückkehr?

Bliznac: Ja, es gab auch immer wieder Anfragen. Aber es war nichts Passendes dabei. Doch als das Angebot der Löwen kam, war mir schnell klar, dass ich das machen will. Ich bin sehr stolz, für diesen großen Club in der geilsten Liga der Welt spielen zu dürfen.