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„Ich werde mehr und mehr zum Trainer“

Tomas Svensson im Interview / Am Mittwoch kommt Hannover

Am vergangenen Wochenende drehte sich (fast) alles um Tomas Svensson. Das war eigentlich nicht verwunderlich, schließlich kehrte der Torhüter mit den Löwen nach Eskilstuna zurück, von wo aus er vor 20 Jahren seine beeindruckende Karriere startete. Fast die gesamte Familie war in der Halle, als die Badener mit 35:34 bei IF Eskilstuna Guif gewannen und sich eine gute Ausgangslage für das Erreichen des Viertelfinales im EHF-Pokal verschafften. Für Svensson waren die 60 Minuten besonders emotional, alle Blicke waren auf ihn gerichtet. Im Interview blickt er noch einmal auf diese Erfahrung zurück und spricht außerdem darüber, was er über den kommenden Gegner denkt, denn am Mittwoch (20:15 Uhr) empfangen die Löwen die TSV Hannover-Burgdorf in der SAP Arena.

Hallo Tomas, hinter Dir liegt das Duell mit Deinem Heimatverein, wie waren Deine persönlichen Eindrücke?

Es war sehr schön, nach über 20 Jahren erstmals als Gegner zurück nach Eskilstuna zu kommen. Wie ich empfangen wurde, vor allem vor dem Spiel in der Halle, damit habe ich so nicht gerechnet, das war ein sehr emotionaler Moment für mich. Zudem habe ich meine Familie und viele Freunde getroffen. Es war ein tolles Wochenende für mich.

Wie beurteilst Du die Ausgangslage für die Löwen für das Erreichen des Viertelfinales nach dem Hinspiel in Eskilstuna?

Es ist noch alles offen. Wir müssen noch einmal ein gutes Spiel machen, um in die nächste Runde einzuziehen. Natürlich ist es auch für das Selbstvertrauen besser, auswärts mit einem Tor zu gewinnen als zu verlieren, aber so ein Ergebnis ist auch immer eine Gefahr. Wir dürfen nicht glauben, nur weil wir zu Hause spielen, kommen wir automatisch weiter. Eskilstuna hat ein sehr gutes Spiel gemacht und das können sie auch bei uns wiederholen.

Welchen Stellenwert hat der EHF-Pokal für Dich persönlich, schließlich hast Du schon unzählige Titel in Deiner Karriere gesammelt?

Wir wollen, wenn möglich, den EHF-Pokal gewinnen, das ist eines unserer Saisonziele. Gleichzeitig wäre es der erste Titelgewinn für den Verein, damit wäre er etwas ganz Besonderes, auch für mich.

In Eskilstuna traten die Löwen erneut nur mit einem Rumpf-Kader an, auch in den nächsten Wochen wird sich daran nur wenig ändern. Wie lange kann man das aus Deiner Sicht kompensieren?

Wir müssen sehen, dass wir schnellstens mehr Spieler in den Kader bekommen. Ich hoffe natürlich, dass die verletzten Spieler auch bald wieder bei uns sind. Die Situation ist sehr gefährlich für uns, durch die wenigen Spieler steigt die Verletzungsgefahr weiter, da wir den Jungs keine Pausen geben können. Außerdem können wir auch nicht normal im Training arbeiten, weil wir einfach nicht genügend Spieler zur Verfügung haben.

Gibt es aus Deiner Sicht eine Erklärung für die vielen Verletzungen oder ist es einfach Pech, dass es die Löwen im Moment so stark beutelt?

Wir haben natürlich Pech mit den Verletzungen, leiden aber auch ganz klar an den Nachwirkungen der Europameisterschaft.

Ist es aus Deiner Sicht sinnvoll, in jedem Winter ein großes Turnier zu spielen? Wie würdest Du das regeln?

Man hat ja nicht nur jeden Winter ein großes Turnier, sondern alle vier Jahre hat man zwei große Turniere, wenn auch noch Olympia dazu kommt. Jetzt gibt es auch noch eine Olympiaqualifikation, das bedeutet eine weitere Zusatzbelastung für viele Spieler. Auch den Zeitpunkt der großen Turniere könnte man überdenken, vielleicht wäre so ein Turnier wie eine EM oder WM am Saisonende auch für die Vereine besser und man spielt den Winter über durch, denn die EM-Pause hat ja auch die Spieler getroffen, die nicht bei der Nationalmannschaft waren. Es braucht einfach seine Zeit, bis jeder nach einer Europa- oder Weltmeisterschaft im Verein wieder seinen Rhythmus findet, egal ob er Nationalspieler ist oder nicht.

Welche Ziele hast Du in der aktuellen Saison in der Bundesliga? Was ist für die Löwen noch möglich?

Die Meisterschaft werden wir nicht mehr gewinnen, und auch im Pokal sind wir nicht mehr dabei, dennoch ist in der Bundesliga für uns noch viel möglich, und auch im EHF-Pokal haben wir noch unsere Chance. Wir wollen jedes Spiel gewinnen, gerade der Kampf um Platz drei in der Bundesliga ist sehr eng, aber wir dürfen auch die Teams hinter uns nicht aus den Augen verlieren. Die Bundesliga ist sehr ausgeglichen, es kann schnell nach oben, aber auch sehr schnell nach unten gehen.

Wie ist Deine Stellung im Team, bist du mehr Trainer oder mehr Spieler?

Ich fühle mich langsam mehr und mehr als Trainer. Ich wachse mit meiner neuen Aufgabe. Mein ganzes Leben lang war ich Torhüter, da ist es schon etwas ungewöhnlich, plötzlich nicht mehr zu spielen. Wenn ich jedoch gebraucht werde, versuche ich der Mannschaft auch auf dem Feld zu helfen. Als Trainer habe ich von außen jedoch einen ganz neuen Blick für das Spiel, mir machen beide Aufgaben sehr viel Spaß.

Wie ist Dein Verhältnis zu den anderen Keepern in der Mannschaft?

Sehr gut, wir Drei funktionieren als „Team im Team“ und geben alles dafür, dass derjenige, der auf dem Feld steht, die beste Unterstützung erhält.

Im kommenden Sommer kommt mit Niklas Landin ein neuer Torhüter zu den Löwen. Was denkst Du über ihn?

Niklas ist ein sehr junger, talentierter Torhüter, der alle Möglichkeiten für eine große Zukunft hat. Ich denke, wir sollten aber erst über ihn reden, wenn er bei uns ist. Aktuell heißen unsere Torhüter Henning Fritz und Goran Stojanović und mit ihnen wollen wir noch eine erfolgreiche Saison spielen.

Wie fällt Dein Fazit nach dem ersten halben Jahr im Badischen aus? War der Wechsel aus Valladolid zu den Löwen richtig?

Der Wechsel war richtig und ich bin sehr dankbar, dass ich diese Chance bekommen habe, bei einem Spitzenverein der Bundesliga zu arbeiten.

Wie hast Du Dich privat eingelebt?

Ich denke, ich habe mich gut eingelebt, natürlich fehlt mir meine Familie, die weiterhin in Spanien wohnt, aber ansonsten geht es mir gut.

In der Bundesliga geht es gegen die TSV Hannover-Burgdorf, gegen die es im Hinspiel eine Niederlage setzte. Wie groß ist der Ärger über diese Pleite?

Die Niederlage in Hannover war sehr schmerzhaft für uns, aber sie hat auch gezeigt, was den Sport und den Handball ausmacht. In der Bundesliga muss jede Partie erst einmal gespielt werden. Wir wollen aus jedem Spiel lernen und ich denke, wir haben auch aus der Niederlage in Hannover unsere Schlüsse gezogen.

Worauf kommt es an, damit im Rückspiel gegen die Niedersachsen die zwei Punkte in Mannheim bleiben?

In unserer aktuellen Situation hängt vieles von unserem Kader ab. Ich hoffe, es verletzt sich niemand mehr und gemeinsam mit unseren Zuschauern im Rücken wollen wir natürlich die zwei Punkte holen. Aus einer guten Abwehr- und Torwartleistung heraus wollen wir zu unserem Tempospiel finden, das ist unsere Spielmentalität.