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In Flensburg wird es nicht leichter (RNZ)

 

Mannheim. Es gibt Dinge, die sind nur ganz schwer zu begreifen. Momente, die so schmerzen, dass man sie kaum in Worte fassen kann. Rhein-Neckar Löwe Uwe Gensheimer versuchte es am späten Mittwochabend, nur wenige Minuten nach dem Pokal-K.o. gegen den HSV Hamburg, trotzdem. Bei Sport1. Im TV. Dort wollten sie, dass er das erklärt, was kaum zu erklären war, über eine Niederlage reden, die eigentlich doch schon ein Sieg war. Und genau das spiegelte sich auch in „Gensels“ Gesicht wider. Leichenblass war er, der Kapitän. Wie in Trance marschierte der Publikumsliebling wieder raus aus den Katakomben, zurück auf die Platte, rein ins Scheinwerferlicht. Gesehen hat man ihn so selten: Völlig erschöpft, völlig enttäuscht, den Tränen nahe. Kurz darauf sagte er dann genau das, was alle Löwen nach diesem denkwürdigen Nackenschlag sagten: „Wir waren 59 Minuten lang die bessere Mannschaft.“

Hört sich komisch an, doch genau so war es. Jeder, der diesen packenden Pokalkampf gesehen hat und eben nicht die rosarote HSV-Brille auf hatte, kann das bezeugen. Und genau das macht es so bitter, so unfassbar. Das Final Four in Hamburg ohne den badischen Dauergast, seit Mittwoch, kurz vor 23 Uhr, ist es traurige Realität.

Verarbeitet hat den Schock in vier Akten jeder anders. Der Trainer so: Gudmundur Gudmundsson saß oben auf dem Podium und wartete auf den Beginn der Pressekonferenz. Ganz alleine tat er das. Jeder konnte ihn sehen, irgendwie aber auch nicht: Der kleine Isländer versteckte sich hinter seinen Händen, wollte allein sein, war abgetaucht in eine Welt aus Trauer und noch mehr Schmerz.

Und dann redete er doch noch, sprach von einem Ergebnis, das „unglaublich weh tut“, von „unnötigen und individuellen Fehlern in der Schlussphase der regulären Spielzeit“, die den Löwen letztlich den Sieg gekostet haben. Aber natürlich war Gudmi auch stolz, erleichtert über 59 Minuten voller Kampf, voller Leidenschaft, voller Präzision. Zu erwarten war das nämlich nicht. Der Isländer nickt: „Die Ausfälle von Zarko Sesum und Krzysztof Lijewski haben uns ganz hart getroffen. Wie die Mannschaft das dennoch kompensiert hat, war beeindruckend. Kompliment an alle.“

Doch es half alles nichts, so ein Spiel lässt sich nicht schön reden. Vor allem nicht am selben Abend. Selbst gestern fiel es noch schwer. Rund zwölf Stunden nach dem Hamburg-Schreck traf man sich schon wieder zur Pressekonferenz. Dort wurde Gudmundsson durch Thorsten Storm unterstützt. Und der sah nicht gut aus, fast so, als hätte er kein Auge zugedrückt. So ähnlich war es dann auch. Der Manager gestand: „Hinter mir liegt eine schlaflose Nacht.“

Eine, in der ihm sicher viel durch den Kopf ging: das Pokal-Aus, aber auch die Zukunft, die Gegenwart. Und die ist bedrohlich, heißt Flensburg, seine Heimat. Am Samstag müssen die Löwen beim Ex-Meister ran. Anwurf ist um 15 Uhr.

Leicht wird’s im hohen Norden sicher nicht. Storm, der Besorgte: „Ich schätze Flensburg aktuell ähnlich stark wie den HSV ein.“ Wie schnell man in der Campushalle unter die Räder kommen kann, wissen die Gelben aus eigener Erfahrung. Gut, manche haben es mittlerweile vielleicht verdrängt. Aber nicht Storm: „Die letzten beiden Male sind wir dort gegrillt worden. Wenn die erst mal ins Rollen kommen…“

Ein entscheidender Vorteil zugunsten der Flensburger könnte die körperliche Frische sein. Denn während sich die Rumpf-Sieben der Löwen siebzig Minuten lang quälen musste, warfen sich die Flensburger durch einen 35:22-Erfolg über Bad Schwartau locker und leicht ins Viertelfinale. Zudem plagen die Löwen nach wie vor personelle Sorgen: Lijewski liegt noch immer wegen einer Mandelentzündung flach. „Ich hoffe allerdings, dass es bei ihm vielleicht doch bis zum Samstag reicht“, sagt Gudmundsson. Auch der Einsatz von Börge Lund (Knieprobleme) sei gefährdet.

Neuigkeiten gibt es unterdessen in Sachen Ola Lindgren. Der Vertrag mit dem ehemaligen Löwen-Trainer wurde aufgelöst. Storm: „Er ist uns da sehr entgegengekommen. Ich wünsche seine Zukunft alles Gute.“

Von Daniel Hund