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Jacobsen glaubt an den Meistertitel (KN)

Nikolaj Jacobsen weiß, wie sich Erfolg anfühlt. Nikolaj Jacobsen weiß, wie Erfolg geht. Der 44-jährige Trainer der Rhein-Neckar Löwen hat als Spieler in seiner Zeit beim THW Kiel zwischen 1998 und 2004 fast alles gewonnen.

Dreimal wurde die „Zaubermaus“ auf Linksaußen mit den Zebras deutscher Meister (1999, 2000, 2002), holte zweimal den DHB-Pokal (1999, 2000), zweimal den EHF-Cup (2002, 2004). Der Däne erzielte in 213 Spielen für Kiel insgesamt 1346 Tore, ist bis heute mit einem Schnitt von 6,5 Toren pro Spiel der effektivste Kieler in der Bundesliga-Historie.

 Und nun schickt sich ausgerechnet der ehemalige Ostseehallen-Publikumsliebling an, dem THW den Meistertitel zu entreißen? Und das vielleicht schon am Mittwoch (18.30 Uhr, Sparkassen-Arena), wenn der Tabellenführer (34:2 Punkte) beim Kieler Verfolger (30:6) gastiert? Jacobsen winkt ab, lacht, sagt: „Man darf so ein Spiel nicht überschätzen. Es gibt nur zwei Punkte zu gewinnen. Oder zu verlieren.“ So wie im Hinspiel (24:20 für die Löwen), als die mit Abstand sattelfesteste Deckung der Liga (398 Gegentore in 18 Spielen) in der ersten Halbzeit nur sieben Zebra-Tore zuließ. Als Alfred Gislason den Gegner mit einem siebten Feldspieler aus der 3:3-Deckung in die defensive 6:0 zwang, um sich dann doch irgendwie auch daran die Zähne auszubeißen.

 „Kleinigkeiten werden auch am Mittwoch entscheiden“, sagt Jacobsen. „Die bessere Abwehr, der bessere Torwart, das Tempospiel.“ Von einer Vorentscheidung will der Löwen-Chef indes nichts wissen. „Wenn wir gewinnen? Dann wäre das ein Riesenschritt in Richtung Meisterschaft. Für eine Vorentscheidung ist die Liga aber viel zu stark.“

 Außerdem muss auch die wichtigste Personalie dieser Tage bei allen Prognosen mit ins Kalkül gezogen werden: Uwe Gensheimer. Der 29-jährige Löwen-Kapitän und Spielmacher der Nationalmannschaft fällt wegen eines Muskelfaserrisses in der rechten Wade und einer Reizung der rechten Achillessehne auch für die Europameisterschaft im Januar in Polen aus. „Er ist ein Verlust. Als Spieler, das ist die eine Seite“, so Jacobsen. „Aber als Mensch ist er auch von unglaublichem Wert, treibt die Mannschaft nach vorne.“ Definitiv werde Linksaußen Gensheimer am Mittwoch nicht dabei sein, auch nicht als Siebenmeterschütze.

 Eine Spezialaufgabe, die nun auch noch der König der Löwen übernimmt: Andy Schmid. Der 32-jährige Schweizer, der seit 2010 in Mannheim unter Vertrag steht (und bis mindestens 2018 bleiben wird), ist in der aktuellen Saison nicht nur zuweilen genialer Spielmacher, sondern nach Gensheimer (121 Tore) mit 84 Treffern auch zweitbester Löwen-Schütze in der Bundesliga. „In meinen Augen ist Andy Schmid der beste Spielmacher in der Bundesliga. Er verbindet beide Qualitäten als torgefährlicher Akteur und als Gestalter“, schwärmt Nikolaj Jacobsen.

 Schmid oder Kiels Domagoj Duvnjak? Vom Duell der beiden Regisseure könnte am Mittwoch viel abhängen. Oder von der Leistung der Abwehrreihen. „Wir müssen gegen Kiel auch einen Alternativplan haben“, weiß Jacobsen. Und den hat er, lässt seine Mannschaft nicht nur in einer 6:0-Abwehr decken, sondern neben der 3:3- auch in einer 5:1-Aufstellung mit dem Ex-Kieler Hendrik Pekeler als Speerspitze. „Und die jungen Spieler wie Harald Reinkind oder Mads Mensah Larsen haben heute mehr Erfahrung als in der Vorsaison, übernehmen mehr Verantwortung.“

 Man dürfe so ein Spiel „nicht überschätzen“, so Jacobsen. Aber wer wird denn nun Meister? Und warum? Die Antwort ist eindeutig: „Wir“, sagt die „Zaubermaus“, die sich anschickt dem Titelverteidiger, der einst seine Heimat war, die Schale zu entreißen. „Wir, weil wir eine eingespielte Mannschaft sind. Wir, weil die Mannschaft den nötigen Hunger hat, es endlich zu schaffen“, ist sich Nikolaj Jacobsen sicher. „Wir, weil wir die beste Abwehr der Liga haben.“

Von Tammo Schwarz