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Karriere-Ende? Nein, danke! (MM)

Oliver Roggisch gehört zu den Löwen-Leistungsträgern – zur Belohnung gibt es einen neuen Zwei-Jahres-Vertrag

MANNHEIM. Den wichtigsten Titel hat er 2007 gewonnen. Handball-Weltmeister wurde Oliver Roggisch. Das Finale gegen Polen, den Abpfiff, die Feier – all das bleibt dem Abwehrspezialisten ewig in Erinnerung. All das wird der Blondschopf nie vergessen. Trotzdem würde der 2,02-Meter-Hüne gerne mal wieder eine Trophäe in die Höhe stemmen. 2007 folgte noch der EHF-Cup-Triumph mit dem SC Magdeburg, doch seitdem herrscht beim Blondschopf Feierpause. Für Roggisch gibt es daher nur eine Lösung: „Ich muss noch ein bisschen spielen.“

Es war im Oktober, als der begeisterte Hobby-Taucher das sagte. Und jetzt steht fest, dass er dazu auch die Gelegenheit bekommt. Sein Vertrag bei den Rhein-Neckar Löwen, der in diesem Juni geendet hätte, wurde um zwei Jahre bis 2015 verlängert. Eine logische Entscheidung der Klubführung, denn der Abwehrchef wird nicht nur älter, sondern auch immer besser. „Olli spielt seine stärkste Saison, seit ich hier bin. Und er hat sich bei der WM überragend präsentiert“, sagte Trainer Gudmundur Gudmundsson gestern. Der Isländer schaute über die rechte Schulter Richtung Roggisch und lachte: „Ich weiß, das ist ein bisschen viel Lob, Olli.“ Der 34-Jährige grinste und versicherte schlagfertig: „Ich höre überhaupt nicht zu.“

Manager Thorsten Storm unterstrich die Bedeutung des Nationalspielers für den Bundesligisten. „Er ist ein Gesicht der Löwen und für die Mannschaft sehr wichtig. Sein Alter ist uns vollkommen egal, wir wollen einen Typen wie ihn unbedingt haben. Solche Spieler findet man nicht so leicht.“

Roggisch musste auf jeden Fall nicht lange überlegen, ob er bei den Gelbhemden bleiben will: „Ich fühle mich wohl hier in der Region, der Trainer setzt auf mich, die sportliche Perspektive stimmt. Ich hatte nie den Gedanken, den Klub zu verlassen, sondern wollte um jeden Preis hier bleiben.“

Der gelernte Kreisläufer weiß, was er an den Löwen hat. Und der Bundesligist weiß, was Roggisch für den Klub bedeutet. Er ist Abwehrchef, Anführer und Identifikationsfigur, gibt sich niemals zufrieden, will immer mehr erreichen, immer besser spielen. Bei den Löwen. In der Nationalmannschaft. So ist für den Rechtshänder der respektable fünfte Platz bei der WM im Januar nicht mehr als ein guter Anfang: „Wir haben einen Schritt nach vorn gemacht. Glücklich bin ich trotzdem nicht mit dem Viertelfinale. Für uns muss es immer das Ziel sein, um Medaillen zu spielen.“

Große Erfahrung

Die DHB-Auswahl überzeugte mit einer starken Defensive, auch das Löwen-Prunkstück ist die Abwehr. Und hier wie da immer mittendrin im Geschehen: der unermüdliche, tapfer kämpfende Roggisch. Der Mann mit der Erfahrung von 190 Länderspielen und 407 Bundesligapartien weiß, worauf es ankommt: „Ein guter Abwehrspieler hält die komplette Deckung zusammen, gibt die entscheidenden Kommandos, wird auch mal laut und nimmt im Spiel mal die eine oder andere Veränderung an der Deckung vor, wenn der Trainer keine Auszeit mehr hat.“

Das große Lob heimsen hingegen meistens die Künstler am Ball ein. Roggisch weiß das – und hat sich damit längst abgefunden: „Dass Jungs, die zehn Tore werfen, einen Leger oder einen Dreher draufhaben, in der öffentlichen Wahrnehmung besser wegkommen als ich, ist doch klar. Aber gerade von den eigenen Mitspielern bekomme ich viel Anerkennung, weil die genau wissen, wie wichtig und hart dieser Job in der Abwehr ist. Ich kann mich auf jeden Fall nicht beschweren.“

Es ist die Arbeit im Kollektiv, die Roggisch am Herzen liegt. Füreinander da sein, sich gegenseitig helfen. „Zu sehen, wie der Gegner verzweifelt, weil er keine Lücken findet – das bereitet mir richtig Freude“, sagt der 34-Jährige, der mit den Löwen am Sonntag (17 Uhr/GBG Halle) in der Gruppenphase des EHF-Cups gegen KIF Kolding-Kopenhagen einen großen Schritt Richtung Viertelfinale machen möchte. Gerade in diesem Wettbewerb ist für die Badener alles möglich. Auch der Titel. Wie sich der Pokal im EHF-Cup anfühlt, weiß Roggisch. Er würde seine Erinnerungen aber liebend gern auffrischen.

Von Marc Stevermüer