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Katastrophen-Halbzeit befördert Selbsterkenntnis (MM)
Löwen ziehen Lehren aus dem 30:27 gegen Eisenach
MANNHEIM. Gudmundur Gudmundsson musste lange überlegen, bis er sich an eine ähnlich schwache Halbzeit der Rhein-Neckar Löwen wie die ersten 30 Minuten beim 30:27 (10:15) gegen den ThSV Eisenach erinnern konnte. „Vielleicht vor drei Jahren“, sinnierte der Löwen-Coach und reiste damit gedanklich in die Phase der großen Worte und kleinen Taten zurück, die den Badenern lange Zeit negativ anhaftete. „Das war ein Spiel mit dem Feuer“, meinte der Isländer und war froh, dass im zweiten Durchgang der Flächenbrand mit einer leidenschaftlicheren Leistung gerade noch ausgetreten werden konnte. Am Ende festigten die Badener zwar ihre Position im Verfolgerfeld hinter Kiel, zur Tagesordnung wollte deshalb aber niemand übergehen.
„Zu langsam, zu brav, zu locker. Das war enttäuschend“, gab Gudmundsson einen Einblick in seine Emotionen, die sich zuvor in der Halbzeitpause noch lautstark entladen hatten. „Da hat nur einer gesprochen – Sie können sich vorstellen, wer“, hatte Manager Thorsten Storm trotz verschlossener Türen einiges mitbekommen und bei den Spielern hatte ihr Auftritt bis zum 10:15-Pausenstand ebenfalls Eindruck hinterlassen. „Ich dachte: Was ist denn da gerade passiert“, meinte etwa Regisseur Andy Schmid (Bild). „Zum Glück haben dann alle noch eine Schippe draufgelegt“, sagte der Schweizer, der folgende Erkenntnis mitnahm: „Wir können spielen wie ein Spitzenteam, aber auch wie ein Fünftligist.“
Immerhin die Binsenweisheit, in der Bundesliga kein Team unterschätzen zu dürfen, sollte sich also festgesetzt haben, was auch Storm unterstrich. „Aus so einer Partie lernt die Mannschaft mehr, als wenn wir Eisenach hier mit zehn Toren abziehen“, strich der Manager heraus, der dem Team nach einer gewissen „Arroganz“ in der ersten Halbzeit mit Blick auf den zweiten Durchgang – der mit 20:12 klar an die Löwen ging – immerhin den entsprechenden Charakter attestierte. Selbst der angeschlagene Patrick Groetzki (Bauchmuskelzerrung) stellte sich hier in den Dienst der Mannschaft. „Eigentlich war nicht geplant, dass ich spiele“, bestätigte der Rechtsaußen – doch besondere Umstände erforderten besondere Maßnahmen.
Diese gilt es übrigens auch bei der Reise zur Champions-League-Partie in Zagreb (Samstag, 18 Uhr) zu ergreifen. Da der Flughafen der kroatischen Hauptstadt bestreikt wird, müssen die Löwen heute Morgen über Graz und dann per Bus anreisen. „Das macht es nicht einfacher“, blickte Trainer Gudmundsson auf die nächste Aufgabe, mit der das Spiel gegen Eisenach bei positivem Ausgang aber zugleich endgültig zu den Akten gelegt werden könnte.
Von Thorsten Hof