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Kollektiv-Kollaps

KARLSRUHE. Was nicht mehr passieren sollte, ist schon wieder passiert. Die Rhein-Neckar-Löwen kassierten in der Champions League drei Sekunden vor Schluss das 31:31 (16:13) gegen den französischen Vize-Meister Chambéry Savoie HB. Es war nach dem gegen Kielce der zweite Punktverlust in der Karlsruher Europahalle.

Er war genauso überflüssig wie der erste. Zwar hatten sich die Löwen bis zur 13. Minute einem jeweils Ein-Tore-Rückstand hinterher geplagt, doch dann hatte der Handball-Bundesligist die Sache klar in der Hand. Da sich Henning Fritz im Löwen-Tor besser auf die Würfe von Betrand Roine eingestellt hatte und nach zunächst keinem schließlich 15 Bälle, darunter zwei Siebenmeter, entschärfte. Weil sich auch die Abwehr etwas stabilisierte und zudem von vielen leichtfertigen Ballverlusten der Franzosen profitierte. Was sich, in der Einheit mit einer guten Ausbeute bei Tempogegenstößen eben zu diesem klaren 21:13-Vorsprung in der 36. Minute summierte.

Doch die letzten 20 Minuten gehörten der Mannschaft von Trainer Philippe Gardent, der in der Pause gefordert hatte, die Bälle nicht mehr so herzuschenken. „Wir haben dann besser gespielt und uns auch besser gefühlt“, nannte Karel Nocar den Grund für die Löwen-Misere. Löwen-Kapitän Gudjon Valur Sigurdsson erkannte einen anderen: „Es waren nicht zwei, drei, es war die ganze Mannschaft, die aufgehört hat zu spielen, das darf nicht passieren, auch nicht am Sonntag in Gummersbach.“ Tatsächlich packte die Abwehr das ganze Spiel über nicht aggressiv genug zu, tatsächlich aber auch wurden in der Schlussphase gute Chancen vergeben, auf der anderen Seite, jetzt mit Slawomir Szmal im Tor, jede genutzt. Bjarte Myrhol, trotz einer frühen Knieverletzung einer der Besten im Löwen-Trikot, traf Latte und Pfosten, Gudjohnsson scheiterte ebenfalls an der Latte und Karol Bielecki wurde ein Foul zugesprochen, Sekundenbruchteile bevor sein Wurf über die Linie flog. Dann aber fand Roine seine Wurfgewalt wieder, traf Csaszar und schließlich eben Yannick Palma zum 31:31.

Zum Ärger von Löwen-Trainer Ola Lindgren und der Mannschaft. „Wir sind sehr gut und mit Elan gestartet, hatten dann aber das Gefühl, wir kontrollieren das Spiel, wurden zu bequem, das ist gefährlich im Sport“, meinte der Schwede. Und fügte an: „Dann kam der kollektive Kollaps.“ Womit er den Kern traf.

Dabei hatte seine Mannschaft einige sehr schöne Tore geworfen. Treffer, die spielerische wie technische Klasse nachwiesen. Sie hatte aber auch gegen Ende den Biss verloren, der sie so weit nach vorn gebracht hatte. Möglicherweise fragte sich Lindgren hinterher, warum er den „kalten“ Slawomir Szmal in der 51. Minute für den warmgeschossenen Henning Fritz ins Tor beorderte. Szmal hielt einen Ball, kassierte aber sechs Treffer. Fatal, wenn dann die Herren vorne nicht mehr treffen.

So spielten sie
Rhein-Neckar-Löwen: Fritz, Szmal (ab 51.) – Stefanson (3), Manojlovic (1), Bielecki (5) – Groetzki (4), Gensheimer (7/2) – Myrhol (6) – Roggisch, Sigurdsson (3), Müller (2), Gudjohnsson, Klimovets, Harbok (n.e.), Prieto (n.e.)
Chambéry Savoie HB: Dumoulin, Robin (ab 44.) – Barachet (3), Csaszar (5), Roine (8) – Paty (1), Nocar (2) – Detrez (3) – Botti (1), N“Diaye, Massot-Pellet (5), Palma (3), Joli, Marroux (n.e.), Capella (n.e.)
Spielfilm: 6:6 (13.), 10:6 (20.), 15:11 (29.), 16:13 (Halbzeit), 21:13 (36.), 26:21 (47.), 30:28 (56.), 31:31 (59.57) – Zeitstrafen: 4/3 – Siebenmeter: 2/2 – 2/0 – Beste Spieler: Gensheimer, Myrhol – Csaszar, Roine, Massot-Pellet – Zuschauer: 3255 – Schiedsrichter: Nicolic/Stojkovic (Serbien).

Von Dieter Einzmann

 06.11.2009