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Kollektiver Kollaps in der ersten Halbzeit

Göppingen. Die Köpfe hingen nach unten, die Schultern auch. Sie waren ernüchtert und enttäuscht, frustriert und fassungslos. Den Jahresabschluss hatten sich die Rhein-Neckar Löwen ganz anders vorgestellt. Die Gelbhemden verloren gestern das Spitzenspiel in der Handball-Bundesliga bei Frisch Auf Göppingen mit 31:35 (13:21).

„Ich bin enttäuscht über das, was hier passiert ist“, war Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson restlos bedient. Auch Manager Thorsten Storm erkannte die Göppinger Leistung neidlos an und machte keinen Hehl daraus, dass er sich von seinem Team bis zum jetzigen Saison-Zeitpunkt mehr erhofft hatte: „Ich bin natürlich nicht zufrieden.“ Einen Seitenhieb in Richtung des Deutschen Handball-Bundes wegen der Sperre für Oliver Roggisch konnte er sich aber nicht verkneifen: „Vielen Dank, DHB, dass ein Spieler nicht mitwirken darf, obwohl er nur für eine Partie gesperrt war.“ Auch Gudmundsson kartete nach: „Das war eine unfassbare Entscheidung.“

Ob es mit Roggisch besser gelaufen wäre, kann im Nachhinein niemand beantworten. Zweifelsohne durfte von den Löwen in der ersten Halbzeit aber mehr erwartet werden als eine blutleere Vorstellung. Immer wieder erlaubte sich der Champions-League-Teilnehmer unfassbar ungenaue Abspiele und katastrophale technische Fehler. Göppingen lief einen Gegenstoß nach dem anderen und führte nach neun Minuten bereits mit 9:4.

Gudmundsson nahm eine Auszeit, doch auch danach drehte sich das badische Katastrophen-Karussell unaufhörlich weiter. Frisch Auf fand immer wieder die großen Lücken in der passiven und unbeweglichen Abwehr.

Als Henning Fritz einen Siebenmeter von Maximilian Schubert entschärfte und Uwe Gensheimer im Gegenzug auf 17:13 (24.) verkürzte, waren die Gelbhemden zumindest wieder halbwegs im Spiel. Doch das kleine Zwischenhoch sollte nicht von langer Dauer sein. Selbst in Überzahl gelang es der Gudmundsson-Sieben nicht, den Rückstand weiter zu reduzieren. Im Gegenteil: Bis zum 21:13-Pausenstand erzielte sie keinen Treffer mehr, immer wieder scheiterten die Löwen am Göppinger Schlussmann Enid Tahirovic.

Ganz anders gingen die Badener dagegen die zweite Halbzeit an. Sie agierten mit Herz, verteidigten wesentlich aggressiver und stemmten sich mit aller Macht gegen die Niederlage. Tor um Tor holten die Gelbhemden, bei denen sich Ivan Cupic die Schulter auskugelte, jetzt auf. Beim 25:21 (44.) keimte wieder Hoffnung auf, Göppingen wackelte – aber nur ganz kurz. Das 28:22 (48.) brachte Frisch Auf zurück in die Spur. Und die Löwen wussten: Hätten sie nur von Beginn an so konzentriert und engagiert gespielt, wäre für sie viel mehr möglich gewesen. „Wir haben keine Aufholjagd mehr starten können und waren im Prinzip chancenlos“, gab Gudmundsson zu: „Schon die erste Halbzeit hat uns das Genick gebrochen.“

Von Marc Stevermüer