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Heim-EM: Krimi in Köln

Das DHB-Team schlägt Island – Andreas Wolff wird in der Schlussphase zum Matchwinner

Andreas Wolff ist mit 12 Paraden erneut ein fantastsicher Rückhalt

Noch nie hat die deutsche Handball-Nationalmannschaft ein Pflichtspiel in der Lanxess Arena verloren. Ein gutes Omen, welches das DHB-Team auch gegen die namhaften Isländer zu Höchstleistungen treibt. So meistern die DHB-Adler die nächste schwere Prüfung und schlagen Island am Donnerstagabend 26:24 (11:10).

Im ersten Hauptrundenspiel der Heim-EM trifft die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason in Köln auf Island. Während das DHB-Team mit einem guten Gefühl nach Köln reist, aus der knappen Niederlage gegen Rekordweltmeister Frankreich durchaus viel Positives mitnehmen kann, ist die Stimmungslage bei den Isländern deutlich angespannt. Die bisherigen Auftritte der ‘‘Männer von der Vulkaninsel“, eine mit Top-Spielern wie beispielsweise Gisli Thorgeir Kristjansson, Omar Ingi Magnusson und Aron Palmarsson besetzte Nation, sind eher enttäuschend. Besonders das Spiel gegen Ungarn, eine deutliche Acht-Tore-Pleite, hat für viel Ernüchterung gesorgt, sodass Island-Coach Snorri Gudjonsso im Vorfeld der Partie gegen Deutschland die Charakterfrage stellt. Für das DHB-Team um die Löwen Juri Knorr, Jannik Kohlbacher und David Späth geht es darum, die in dem Duell mit den Isländern auf ihren Teamkollegen Ymir Örn Gislason treffen, optimal in die Hauptrunde zu starten und sich entscheidende Punkte für den weiteren Turnierverlauf zu erspielen.

Den besseren Start in die Partie allerdings haben die Isländer, die mit 0:2 in Front gehen und die deutsche Offensive mit ihrer ebenso beweglichen wie körperbetonten Abwehr früh vor Herausforderungen stellen. Nachdem Aron Pálmarsson in der sechsten Spielminute auf 1:3 erhöht, erzielt Juri Knorr im Gegenzug seinen ersten Treffer der Partie, bringt das DHB-Team wieder in Schlagdistanz. Wenig später steht die ausverkaufte Lanxess Arena erstmals Kopf. Andi Wolff kauft den Isländern einen Siebenmeter ab! Wahnsinn, wie lange Deutschlands Nummer 33 auf einem Bein stehen bleibt und den Wurf artistisch pariert (2:3 / 7. Minute). Erneut ist der Mann in Diensten des polnischen Rekordmeister Industria Kielce ein fantastischer Rückhalt, steht nach dreizehn Spielminuten bereits bei vier gehaltenen Würfen. Damit gibt er seinen Vorderleuten den nötigen Schwung, das Ergebnis, aus deutscher Sicht, positiv zu gestalten. Mit einem 4:0-Lauf geht das DHB-Team mit 7:5 in Führung, hält die Isländer etwas mehr als sechs Minuten von einem eigenen Treffer ab. So ist es auch Martin Hanne, für Julian Köster in der Partie, der mit seiner Schnelligkeit und einem enormen Zug zum Tor immer wieder Lücken in der isländischen Defensive reißt, dadurch selbst zum Abschluss kommt oder seine Nebenleute in Szene setzt. Zwischen den Pfosten wächst Andreas Wolff nun über sich hinaus, pariert bereits den dritten freien Wurf von Außen und schraubt seine Fangquote auf zwischenzeitlich 50%.

Kurzer Löwen-Disput in der 24. Spielminute, als Ymir Gislason Juri Knorr in einem Zweikampf zu Boden bringt, beide sich jedoch kurz darauf die Hand geben und weiterspielen. Das 9:7 (24. Minute) für Deutschland ist eine richtige Rückraum-Rakete von Sebastian Heymann. Der zukünftige Löwen-Profi fasst sich ein Herz und knallt das Spielgerät mit über 126km/h in die Maschen. Dass die Isländer fünf Minuten vor der Halbzeitpause den 9:9-Ausgleich erzielen, liegt größtenteils am DHB-Team selbst, welches im Angriff zu viele Chancen liegen lässt und es somit verpasst, sich deutlicher abzusetzen. Die Aktionen zum 11:10 (29. Minute) für Deutschland strotzen nur so vor Willen und Einsatzbereitschaft. Unter Bedrängnis bringt Juri Knorr den Ball zu Sebastian Heymann, der, trotz dessen er von zwei Isländern attackiert wird, den Ball an den Kreis zu Johannes Golla weiterspielt. Der DHB-Kapitän setzt sich im Getümmel durch, bringt Deutschland erneut in Führung und markiert den letzten Treffer der ersten Halbzeit.

Heim-EM: Krimi in Köln: Andreas Wolff wird zum isländischen Albtraum

Juri Knorr wird von Teamkollege Ymir Örn Gislason festgemacht

Es ist Juri Knorr, der den ersten Treffer Deutschlands in der zweiten Hälfte erzielt und mit einer Menge Tempo durch die isländische Defensive fliegt. Auch in diesem Spiel glänzt der Löwen-Spielmacher erneut als Torschütze und Assistgeber. Unglaublich, was Andreas Wolff alles hält. Es sind vor allem die isländischen Rechtsaußen, die reihenweise am Weltklasse-Keeper scheitern und von den ersten sechs Wurfversuchen lediglich einen Ball am deutschen Torhüter vorbeibringen. Toller Treffer von Timo Kastening, der den Ball zum 16:14 an Hallgrimsson vorbeidreht. Es ist ohne Wenn und Aber spielerisch kein handballerischer Leckerbissen, den beide Nationen den Zuschauern bieten. Umso mehr überzeugen beide Teams mit einer Menge Einsatz, Willen und Leidenschaft, schenken sich keinen Zentimeter Hallenboden.

Bitter, dass Juri Knorr per Siebenmeter an Gustavsson scheitert. Umso wichtiger, dass Kai Häfner das DHB-Team im nächsten Angriff erneut in Führung bringt (17:16 / 44. Minute). Während sich die Mannen von Alfred Gislason in der Defensive ein ums andere Mal das Spielgerät erkämpfen und die Isländer zu Fehlern zwingen, fehlt es in der Offensive an diesem Abend stellenweise an Genauigkeit im Abschluss und Passspiel. Das 18:17 für Deutschland ist eine Löwen-Koproduktion: Juri Knorr passt, im Stile eines Football-Quarterbacks, das Spielgerät steil zu Jannik Kohlbacher, der diesen an Hallgrimsson vorbeibringt.
Smarason ist es, der, nach einem technischen Fehler des deutschen Teams, die Isländer mit 18:19 in Front bringt (50. Minute). Der Magdeburger ist definitiv der auffälligste isländische Spieler, erzielt zwischen der 30. und 50. Spielminute fünf Treffer.

Tor Julian Köster, Kempa Lukas Mertens, Parade Andreas Wolff – Deutschland ist wieder mit +1 vorne und die Zuschauer wissen: Die Zeichen stehen auf Handball-Krimi (22:21 / 55. Minute). Klasse, wie Lukas Mertens ein Stürmerfoul der Isländer provoziert – so wichtig, dass Timo Kastening vier Minuten vor Schluss per Siebenmeter zum 23:21 trifft. Die Lanxess Arena wird vollends zum Tollhaus, als Andi Wolff den Siebenmeterversuch von Viggo Kristjansson pariert und das Momentum auf die Seite Deutschlands holt (24:22 / 58. Minute). Leider nur kurzzeitig, denn binnen einer Minute haben die Isländer die Chance, das Spiel, erneut per Siebenmeter, auszugleichen. Dieses Mal versucht sich Omar Ingi Magnusson gegen Andreas Wolff – und geht ebenfalls als Verlierer aus diesem Duell. Es ist phänomenal, wie Deutschlands Nummer 33 zur Stelle ist und seine Mannschaft durch diese Schlussphase trägt. Pure Erleichterung, als Johannes Golla in der Schlussminute das 25:23 macht und die Gewissheit einkehrt: Einen Punkt hat Deutschland auf jeden Fall sicher. Die Isländer geben sich nicht auf, verkürzen vierzig Sekunden vor Schluss auf 25:24. Unter maximalem Zeitspieldruck kommt Deutschland durch Julian Köster Sekunden vor Abpfiff zum Torabschluss. Der Gummersbacher bleibt cool, macht den 26:24-Siegtreffer und sichert dem DHB-Team zwei ganz, ganz wichtige Punkte!

Fotos: Klahn/DHB